Auf dem Weg zur Bahn, am Kaffeeautomaten oder beim Café um die Ecke: Der Kaffee wird heutzutage mitgenommen und unterwegs getrunken. Der stressige Arbeitsalltag lässt einem kaum Zeit morgens eben die neusten Nachrichten auf der Seite der HASEPOST oder anderer Medien durchzuschauen. Wo soll man also die Zeit für eine entspannte Tasse Kaffee hernehmen?
So denken sicherlich mittlerweile die meisten Osnabrücker. Da darf es nicht verwundern, dass laut der Deutschen Umwelthilfe pro Tag rund 7,6 Millionen To-go-Becher benutzt und weggeschmissen werden. Und das allein in Deutschland. Das ganze verursacht einen Abfallberg von 31.000 Tonnen im Jahr. Dazu kommen noch die 9.000 Tonnen Abfall durch Plastikdeckel. Für eine durchschnittliche Lebensdauer von 15 Minuten verursachen die Wegwerf-Becher also eine ganz schöne Müllbelastung.
PapplOS in Osnabrück
Aus diesem Grund startete 2016 das Projekt PapplOS, eine Zusammenarbeit der Universität Osnabrück mit dem Unishop. Dieses schrieb sich auf die Fahne die Einmal-Becher aus der Stadt verbannen zu wollen. Dazu wurden Gastronomiebetriebe in ganz Osnabrück angeschrieben und zum Mitmachen animiert. Das Prinzip: Gastronomiebetriebe schenken Getränke in den eigens mitgebrachten Becher der Kunden und geben eventuell sogar Rabatt. Dafür bekommen sie von Initiatorin Ann-Christine Wöhler einen Sticker ins Schaufenster oder auch auf die Kaffeemaschine geklebt, die sie als „papplos“ ausweisen. Außerdem bewirbt sie die Betriebe in Facebook-Postings. Vom Prinzip her also eine gute Sache. Inwiefern das Projekt von den Osnabrückern angenommen wurde, haben wir uns genauer angeguckt.
Für Studierende ist Mehrweg schon Altag
Studierende scheinen das PapplOS-Prinzip schon verinnerlicht zu haben. Das Studentenwerk Osnabrück bietet bei seinen Getränken seit September 2016 ein Rabattsystem an. Ein Heißgetränk im Pappbecher ist damit teurer, als eines im mitgebrachten Becher oder in den Tassen der Mensa. Laut Philipp Heckmann, dem stellvertretenen Abteilungsleiter Hochschulgastronomie des Studentenwerks, herrscht an allen Cafeteria-Standorten ein reges Interesse an der Aktion, die größtenteils von Studierenden zwischen 18 und 26 Jahren genutzt werde. Und tatsächlich sieht man im Umfeld der Universitätsgebäude viele Studierende mit Thermobechern oder den Tassen der Mensa. Die Tassen werden auch gerne mal in die Seminarräume entführt. In den Cafeterien der Universität Osnabrück werden also schonmal Einweg-Becher eingespart.
Schwache Nachfrage außerhalb der Hochschulen
Gastronomiebetriebe wie das Lieblingskaffee und Herr von Butterkeks geben an, dass die Aktion PapplOS zwar genutzt werde, es aber gerne noch mehr Kunden werden könnten. Bei Tara-unverpackt seien die Kunden eh auf einen nachhaltigen Lebensstil ausgerichtet und würden so entweder ihren eigenen Becher mitbringen, oder vor Ort einen kaufen.
So gut läuft das Projekt aber nicht überall. „Es können nur sehr weniger bis keine Verkäufe mit mitgebrachten Bechern verzeichnet werden“, klagt ein Osnabrücker Gastronom, der lieber ungenannt bleiben möchte. „Seit Beginn der Aktion sind es vier Kaffee in der Gesamtsumme gewesen, die mit PapplOS Rabatt und eigenen Bechern verkauft wurden.“ Trotz deutlicher Platzierung mehrerer PapplOS-Aufkleber und einem werbenden Facebook-Posting kämen so gut wie keine Nachfragen zu dem Projekt.
Starbucks erlaubt seit Eröffnung in Deutschland das Befüllen eigner Becher
Nach dem wir in der Innenstadt einige Passanten befragt haben wurde schnell klar, dass sich das Projekt noch keiner großen Bekanntheit erfreuen kann. Kaum einer hat speziell von PapplOS gehört und nur wenige von der Möglichkeit allgemein, sich sein Getränk in den eigenen Becher füllen zu lassen. Eine Passantin gab an, dass ihr zwar bewusst sei, bei Starbucks ihren eigenen Becher mitnehmen und befüllen lassen zu können. In dem Moment hätte sie darüber aber gar nicht nachgedacht. Auf Nachfrage der Redaktion gab Starbucks an, seinen Kunden bereits seit der Eröffnung der ersten Filiale in Deutschland die Möglichkeit zu bieten, Getränke in eigenen Thermobechern oder anderen mitgebrachten Gefäßen zu erhalten. Das Angebot nennt sich „Bring your own Tumbler“ und bringt den Kunden 30 Cent Rabatt ein.
Passanten sind ratlos
Wenn man Passanten fragt, warum sie einen Wegwerf-Becher nutzen, erntet man erst einmal ratlose Blicke. „Wie soll man denn sonst sein Getränk mitnehmen können“, scheinen diese Blicke zu sagen. Und tatsächlich spiegeln die Antworten auf die Frage die non-verbale Reaktion wieder. „Weil sie so verkauft werden“, heißt es. Oder: „Weil ich unterwegs bin.“ Vielen ist die Alternative also wirklich nicht bekannt. Erklärt man das Prinzip dann, winken viele dennoch ab. „Das ist ja alles spontan.“ Attraktiv scheint der eigene Becher also nur zu sein, wenn man auch vorher schon genau weiß, dass man sich später darin einen Kaffee holen möchte. Nur vorsichtshalber immer einen Mehrweg-Becher in der Tasche zu haben, scheint dagegen eher weniger zu überzeugen.
„Das lohnt sich bei mir nicht“, sagt eine Passantin. „So viel Kaffee trinke ich gar nicht.“
Im Uni-Umkreis ein Erfolg
Zahlen oder Statistiken über den Erfolg des Projekts gibt es leider keine. „Ich erhalte keine Rückmeldung zu dem Projekt und hole mir auch keine ein, da ich dies nicht hauptberuflich mache“, erklärt Projektgründerin Wöhler. Ein Erfolg sei aber, dass sie die Unternehmen nicht mehr ansprechen müsse, da diese sich mittlerweile eher an sie wenden würden. Die Ratlosigkeit der befragten Passanten erklärt Ratsmitglied Kerstin Albrecht (BOB) damit, dass PapplOS ein Projekt der Universität Osnabrück sei und deswegen auch eher in uninahen Kreisen bekannt sei. Das würde auch erklären, warum das Projekt an den Cafeteria-Standorten der Mensa so gut läuft, bei anderen Gastronomiebetrieben aber eher von wenigen Kunden gezielt genutzt wird.
Eine weiter Möglichkeit: Ein Pfandsystem
Seit einiger Zeit ist in Osnabrück auch ein Pfandsystem im Gespräch. Wie im Supermarkt würde dabei ein Pfand auf wiederverwendbare Becher erhoben werden, die man dann an verschiedenen Abgabeorten wieder zurückgeben kann. Der Antrag an sich schlummerte schon seit 2015/16 vor sich hin, wurde aber nicht weiter bearbeitet. Erst nachdem er umformuliert wurde, kam die Sache ins Rollen. Sollte sich zunächst noch die Stadt um die Umsetzung eines Pfandsystems für Osnabrück kümmern, so fungieren sie nach der Umformulierung nur als vermittelnder Partner. Das ist entscheidend, da sich die Verwaltung nicht in die Wirtschaft einmischen darf. Die Verwaltung darf ihren Bürgern also kein Pfandsystem „aufzwingen“. Albrecht ist die Umsetzung eines Pfandsystems ein persönliches Anliegen: „Mein Ziel ist es, dass man sich bei McDonalds einen Kaffee to-go holt, durch die ganze Stadt geht und ihn dann beispielsweise bei Brinkhege wieder abgeben kann.“
Ein Pfandsystem müsste flächendeckend sein
Immer einen eigenen Becher mitzuhaben hält sie, wie auch die von uns befragten Passanten, eher für unpraktisch. Ein Pfandsystem sei dagegen laut Albrecht auch bei Automaten umsetzbar, wie es aktuell auch in Bonn der Fall sei. „Grundsätzlich eine gute Idee“, nennt auch PapplOS-Initiatorin Ann-Christine Wöhler das Konzept. Sie merkt dabei aber auch an, dass ein solches System flächendeckend sein müsste.
Osnabrück müsste also von vornherein richtig einsteigen und genügend Rückgabemöglichkeiten einrichten, damit das ganze für die Bürger attraktiv wird. Die Attraktivität des Konzepts hängt dabei an der Praktikabilität. Denn kaum jemand fährt gerne einmal quer durch die Stadt, nur um seine Pfand-Kaffeebecher wieder abzugeben.
Das Engagement der Bürger ist gefordert
Dafür sei aber auch das Engagement der Bürger wichtig. „Wir brauchen Leute die mitmachen“, sagt Albrecht. „Je mehr Menschen mitmachen, desto attraktiver wird das System für die Inverkehrbringer der Becher.“ Das Ganze ist also eine Art Kreislauf: Je mehr Menschen einen Pfandbecher nutzen, desto mehr Gastronomen werden das System anbieten. Dadurch wird es für die Kunden dann wieder attraktiver. Für Albrecht ist diese Wechselwirkung wichtig. Sie möchte lieber positive Anreize für die Bürger schaffen, als jemandem ein System aufzudrücken.
„Ich sage, ja, das schaffen wir!“
Bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) wurde das Konzept bereits von Klaus Rudolph von der Westerkappelner Firma K. Rudolph Automatenservice GmbH und Hans Baxmeier von der Firma Logicycle vorgestellt. Aktuell ist das Konzept also in Vorbereitung und es werden fleißig mögliche Inverkehrbringer angesprochen.
Albrecht glaubt an das Konzept: „Ich glaube, ich bin ein Idealist. Ich sage, ja, das schaffen wir.“
Kommentar der Autorin:
Vom Prinzip her trifft PapplOS punktgenau den aktuellen Trend um mehr Nachhaltigkeit und ist ein wichtiger Ansatzpunkt, die Problematik in die Öffentlichkeit zu bringen und Menschen zum Umdenken zu bewegen. Gerade die Rabatte haben das Potential mehr Verbraucher zu einem eigenen Becher zum Mitbringen zu überreden. Leider muss dafür das Projekt den Menschen auch über den Uni-Umkreis hinweg erst einmal bekannt und bewusst werden und gerade da zeigt sich das Problem des Projekts.
Ein Pfandsystem stellt ebenfalls eine gute Alternative dar. Sollten viele Gastronomen mitmachen, wird es den Osnabrückern spätestens dann bekannt, wenn sie den Pfand auf ihren To-go-Becher zahlen müssen. Genau hier werden sich dann aber auch die Geister scheiden: Bei unserer Befragung von Passanten in der Großen Straße zeigte sich ein junger Mann geradezu erbost über das Konzept. Bei ihm kam die Idee des Pfandsystems also nicht gut an, und so wird es anderen Osnabrückern wahrscheinlich auch gehen.
Die Zukunft wird also zeigen, in welche Richtung sich Osnabrück bewegt- ob mit PapplOS oder Pfandsystem.