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„Osnabrücker Friedensstreit“: Hochschule will Mut zum Streiten stärken

Zum 375-jährigen Jubiläum des Westfälischen Friedens startet die Hochschule Osnabrück eine neue Veranstaltungsreihe. Im „Osnabrücker Friedensstreit“ soll anhand der Deep Democracy-Methode diskutiert und gestritten, zugehört und versöhnt werden. Der Auftakt findet am 26. April zu den Themen Natur und Umwelt statt.

„Lewis Deep Democracy“ (LDD) ist eine Methode, die gesellschaftliche Konflikte lösen und Spannungen aufdecken soll. Sie wurde von Myrna und Greg Lewis in der Zeit nach Apartheid entwickelt, um Meinungen von Minderheiten hörbar zu machen und wird heute vor allem in Unternehmen angewendet. Doch auch im gesellschaftlichen wie politischen Diskurs kann sie dafür sorgen, dass Konflikte nicht umgangen, sondern thematisiert werden. Die LDD-Methode lebt von Polarisierung und will Wege finden, trotz verschiedener Positionen eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten.

Produktiv mit Konflikten umgehen

„Es geht darum, dass in der Debatte alle Beteiligten ernst genommen und gehört werden. Das Konfliktpotenzial, das in jeder Meinungsverschiedenheit liegt, ist nutzbar“, erklärt Christiane Leiste, Expertin für Mindful Leadership an der Hochschule Osnabrück. „Die grundsätzliche Frage ist, wie man mit Spannungen umgehen und sie produktiv nutzen kann.“ Dafür gibt es diagnostische und praktische Tools: In der Diagnosephase werden die Positionen der Konfliktparteien geklärt und analysiert, wo mögliche Hemmschwellen im Gespräch liegen könnten. In der Praxisphase geht es in das direkte Streitgespräch. Dieses Gespräch folgt allerdings klaren Regeln.

Sicherheitsregeln für das Streitgespräch

Laut Christiane Leiste ist es besonders wichtig, dass ein Streit zugelassen wird. „Ich habe den Eindruck, dass wir in der Gesellschaft immer weniger Polaritäten aushalten und schnell dazu neigen, eine Position zu ‚canceln‘, wenn sie uns nicht gefällt. Bei dem Streitgespräch nach der DDL-Methode geht es darum, wieder in ein konstruktives Gespräch zu kommen und nicht in der eigenen ‚Blase‘ zu bleiben. Dabei ist aber auch klar, dass es nicht immer soft und lieb bleibt.“ Alle Meinungen und Positionen sollen in der Debatte geäußert werden. Damit das Gespräch nicht ausartet, werden in einem ersten Schritt Sicherheitsregeln aufgestellt – das könne teilweise bis zu 45 Minuten dauern, weiß Leiste.

Reden, wie der „Schnabel gewachsen“ ist

Danach geht es in einen „ritualisierten Streit“. Die Konfliktparteien stehen auf, bewegen sich im Raum und bleiben metaphorisch bei ihrer Position stehen. Nacheinander und ohne sich gegenseitig zu unterbrechen, werden Meinungen zu einem bestimmten Thema vorgetragen. Während des Streits können sich die Beteiligten auch im Raum bewegen, wenn sich ihre Meinung geändert hat. „Wir wollen in der Moderation dazu ermutigen, so zu reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist – ohne viel darüber nachzudenken. So können unterschwellige Konflikte besser aufgedeckt werden. Man kann es auch so ausdrücken, dass die Beteiligten ‚Pfeile schießen‘.“ Nach dem Streitgespräch setzen sich alle Parteien wieder zusammen und ergründen, welcher „Pfeil“ sie am meisten getroffen hat – sowohl auf persönlicher als auch auf inhaltlicher Ebene. Dann würde sich die Dynamik im Raum, die zuvor auf Konfrontation ausgelegt war, verschieben: „Wenn wir darüber reden, was uns persönlich getroffen und verletzt hat, entsteht Empathie. Anschließend geht es in den letzten Schritt, in dem wir klären, wie wir mit unseren verschiedenen Meinungen umgehen und Lösungen finden können.“

Viele Menschen mit vielen Positionen

Diesem Konzept folgt die neue Veranstaltungsreihe „Osnabrücker Friedensstreit – Auf der Suche nach dem Nein!“ der Hochschule Osnabrück. Der Auftakt am 26. April beschäftigt sich mit den Themen Natur und Umwelt. „Wir hoffen, dass viele Menschen und vor allem verschiedene Positionen erscheinen“, sagt Leiste. Willkommen sind alle, die Diskutieren und Lösungen finden wollen. Das Streitgespräch wird im Kunstraum Hase29 ausgetragen, in dem etwa 50 bis 60 Menschen Platz finden. Die Themen der nächsten Monate umfassen unter anderem Glaube und Religion, Europäischer Frieden sowie Engagement und Widerstand. Mehr Informationen zur Veranstaltungsreihe gibt es hier.


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Tatjana Rykov
Tatjana Rykov
Tatjana Rykov startete im Sommer 2019 mit einem Praktikum bei der HASEPOST. Seitdem arbeitete sie als freie Mitarbeiterin für unsere Redaktion. Nach ihrem Bachelor in Geschichte und Soziologie an der Universität Osnabrück ist sie seit 2023 wieder fest im Redaktionsteam. Derzeit schließt sie ihren Fachmaster in Neuste Geschichte an der Uni Osnabrück ab. Privat trifft man sie oft joggend im Park oder an ihrer Staffelei.

  

   

 

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