Vor Beginn der Haushaltsgespräche warnt der Ökonom Johannes Geyer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vor der Annahme, es gäbe große Sparpotenziale im Sozialbereich. Die meisten Ausgaben seien verfassungsrechtlich geschützte Ansprüche und könnten nicht gekürzt werden, so Geyer.
Geringe Einsparpotenziale durch verfassungsrechtlich geschützte Ansprüche
Johannes Geyer, der stellvertretende Leiter der Abteilung Staat beim DIW, betont in einem Interview mit dem “Spiegel” die Herausforderungen bei der Finanzierung sozialer Leistungen. Er argumentiert, dass die Ausgaben in einer alternden Gesellschaft nicht nur für Renten steigen würden: “Bei der Gesundheit treibt der technische Fortschritt die Kosten zusätzlich, in der Pflege die nötigen Verbesserungen.” Wenn die Zahl der Beitragszahlenden gleich bleibe, würde demnach ihre Belastung steigen.
Kein “Kipppunkt” für Sozialversicherungen in Sicht
Geyer widerspricht auch der Annahme, dass die Sozialversicherungen auf einen “Kipppunkt” zusteuerten. Dieses Szenario wurde in einem jüngst erschienenen Gutachten für Unternehmensverbände vorgeschlagen. Es warnte davor, dass viele Jüngere vor steigenden Beiträgen zur Sozialversicherung fliehen könnten, entweder durch Schwarzarbeit, Selbstständigkeit oder Auswanderung, was das gesamte System zum Kollabieren bringen könnte. Geyer hält diese Annahme für falsch: “Diese Analogie zur Klimawissenschaft, in der ein System in einen Zustand wechselt, aus dem es kein Zurück gibt, ist Unsinn.”
Sozialstaat als Argument für Deutschland
Geyer betont, dass der Sozialstaat selbst ein Argument für Deutschland sei: “Er kostet nicht nur, sondern leistet auch – und er stützt eine friedliche und sichere Gesellschaft.” Allerdings sieht Geyer auch Sparmöglichkeiten im System. Laut ihm werden die Mittel oft nicht optimal eingesetzt: “Deutschland gibt zum Beispiel pro Kopf mehr für Gesundheit aus als vergleichbare Staaten – aber die Lebenserwartung ist nicht höher. Wir haben offensichtlich Effizienzreserven.”
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