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Neues Verfahren mit Wärmebildkameras: Rehe mit Drohnen zählen

Für die Kitzrettung werden mitunter Drohnen mit Wärmebildkameras eingesetzt. / Foto: Gerd Herrmann/piclease

Drohnen mit Wärmebildkameras erhalten für Rehpopulationen künftig eine völlig neue Bedeutung. Mit Kameras ausgestattete Drohnen können verhindern, dass beim ersten Mähen Tiere zu Tode kommen. Künftig könnte solche Technik auch für die Bestandszählung im Winter eingesetzt werden. Die für das Wildtiermanagement innovative Methode hat die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit Sitz in Osnabrück fachlich und finanziell mit 125.000 Euro unterstützt.

Bislang waren Drohnen mit Wärmebildkameras für Tiere vor allem als Lebensretter im Einsatz. Denn der Frühling bedeutet für Rehe oft Lebensgefahr. Im Mai und Juni erwarten sie Nachwuchs, zum Schutz werden die Kitze von ihren Müttern häufig im hohen Gras der Wiesen versteckt. Die Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz in Trippstadt hat ein für die Tiere störungsarmes Verfahren mit Drohnen und Wärmebildkameras entwickelt.

Schwieriges Erfassen durch versteckte Lebensweise

Zählen lassen sich Rehe wie andere versteckt lebende Wildtiere kaum – vor allem im Wald, wo sie sich vorwiegend aufhalten. Schätzungen zur Populationsgröße basieren dabei meistens nur auf Wildunfallstatistiken oder Jagdstrecken, also der Zahl der in der Jagdzeit erlegten Tiere. „Erfahrungswerte von Forst- und Jagdexperten liefern ebenfalls Hinweise auf die Populationsgröße“, sagt Wildtierökologe Dr. Jörg Tillmann, Mitglied des Projektbeirats und stellvertretender Leiter des DBU Naturerbe, einer gemeinnützigen Stiftungstochter. Zuviel Wild könne durchaus einen Wirtschaftsforst „ziemlich stressen“. Denn „Rehe sind Feinschmecker“, so der Agrarwissenschaftler: „Sie fressen gerne die zarten Knospen junger Bäume.“

Verbiss wirkt sich auf Waldentwicklung aus

Zum Schutz vor Verbiss werden neu bepflanzte Waldflächen oft umzäunt. Försterinnen und Förster schätzen dann aufgrund des Unterschieds zwischen den eingezäunten – und dadurch geschützten – sowie den angeknabberten Bäumchen außerhalb der Umzäunung den Verbissdruck und leiten davon die ungefähre Anzahl der Rehe ab. Eine hohe Rehpopulation kann sich auch hier auf die Verbissrate der natürlich nachwachsenden Pflanzen auswirken.

Rehe sollen mit einem störungsarmen Verfahren mit Drohnen und Wärmebildkameras gezählt werden. / Foto: FAWF/Landesforsten RLP
Rehe sollen mit einem störungsarmen Verfahren mit Drohnen und Wärmebildkameras gezählt werden. / Foto: FAWF/Landesforsten RLP

Mit drohnengestützter Technik wurde jetzt „eine Methodik entwickelt, mit der sich Rehe nachts im Wald zur Hauptaktivitätszeit in größeren auch unwegsamen Gebieten erfassen lassen, ohne sie großartig zu stören“, sagt Projektleiterin Dr. Carolin Tröger von der rheinland-pfälzischen Forschungsanstalt. Um letzteres zu untersuchen, ließ die Biologin die mit Wärmebildkameras ausgestatteten Drohnen unterschiedlich hoch über den Rehen fliegen und beobachtete das Verhalten. Ergebnis: Ab einer minimalen Flughöhe von 80 Metern flüchtete keines der untersuchten Rehe und nur ein Prozent der Tiere reagierte nervös. „Zudem lässt sich das nächtliche Raumnutzungsverhalten über die Wärmebildkameras beobachten“, so Tröger. Für reine Nadelwälder bestehe für die Anwendung dieser Methodik noch weiterer Forschungsbedarf. Die Wissenschaftlerin erhofft sich mit Blick auf ein zukunftsweisendes Wildtiermanagement ein „hohes Potenzial und einen Nutzen gerade im Umgang mit klimagestressten Waldbeständen“. Denn dort dürfte der Aufwuchs junger Bäume durch einen dichten Rehbestand zusätzlich gefährdet sein.

Sachliche Diskussion zwischen Jägern, Wildökologen und Förstern

Tillmann sieht einen weiteren Vorteil: „Der Drohneneinsatz kann die Diskussionen zwischen Jägern, Wildökologen und Förstern versachlichen, die nicht selten unterschiedliche Ansichten haben, was den Einfluss der Größe von Rehpopulationen auf die Waldentwicklung angeht.“ Außerdem seien genauere Kenntnisse über die Population für wildökologische Untersuchungen wichtig. Dabei gehe es zum Beispiel um die Frage, wie sich das Wild in Gebieten mit Luchs- oder Wolfspräsenz in der Fläche bewege oder wie sich das Verhalten durch den gerade während der Corona-Pandemie gestiegenen Freizeitdruck ändere und damit die Lebensraumqualität beeinflusse.


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