Niederländische Polizeikräfte drangen in eine Amsterdamer Wohnung ein. / Foto: Politie Amsterdam
Am Dienstag (28. Juni) gelang deutsch-niederländischen Ermittlungskräften unter Koordination der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück und der Staatsanwaltschaft Osnabrück ein bundesweiter Coup: Rund 100 Einsatzkräfte aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Hessen und den Niederlanden durchsuchten nach monatelangen Ermittlungen insgesamt 16 Objekte und nahmen 13 mutmaßliche Automatensprenger im Alter von 19 bis 35 Jahren fest.
Wie im Rahmen einer Pressekonferenz in Osnabrück bekannt gegeben wurde, befinden sich derzeit zehn der Festgenommenen in Untersuchungshaft, sieben davon in den Niederlanden, zwei in Belgien und einer in Deutschland. Gegen die Beschuldigten wird wegen des Tatbestandes des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion sowie Diebstahl im besonders schweren Fall ermittelt, gab Dr. Alexander Retemeyer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Osnabrück, bekannt.
Öffentlichkeitsfahndung gestartet
Ein weiterer Tatverdächtiger, der bislang nicht festgenommen werden konnte, befindet sich weiterhin auf der Flucht. Polizei und Staatsanwaltschaft gaben daher im Rahmen der Pressekonferenz bekannt, dass sie die Fahndungsmaßnahmen nach dem Flüchtigen durch eine Öffentlichkeitsfahndung verstärken. Ziel sei, es den Druck zu erhöhen und die Bevölkerung um Unterstützung zu bitten, um den Flüchtigen schnell zu fassen, so Retemeyer.
Die Ermittler fahnden europaweit, unter anderem mit einem Foto, nach dem Mann namens Mohamed Reda Dadghir. Zuletzt hielt sich der gebürtige Marokkaner mutmaßlich in den Niederlanden auf. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er sich aktuell in Deutschland aufhält oder aber nach Deutschland einreisen wird.
Beschreibung des gesuchten Mohamed Reda Dadghir:
– 35 Jahre alt
– 177 cm groß
– normale Statur
– schwarze Haare und schwarzer Bart
Hinweise nimmt Polizei Osnabrück unter der Telefonnummer 0541/3276120 aber auch jede andere Polizeidienststelle entgegen.
Porsche Panamera beschlagnahmt
Die monatelangen verdeckten Ermittlungen mündeten die Arbeiten am Dienstag in mehreren Zugriffen, bei dem auch zahlreiche hochwertige Fahrzeuge, darunter ein Porsche Panamera im Wert von 80.000 Euro in Bochum, sowie 35 Handys in Recklinghausen sichergestellt werden konnten.
Nun stehe die Beweismittelauswertung bevor, ehe in den kommenden Monaten verschiedene Anklagepunkte geprüft werden, fasst Retemeyer das weitere Vorgehen zusammen. Eine zentrale Aufgabe: Die zahlreichen Täter zu den richtigen Taten zuzuordnen. Insgesamt gehen die Ermittler von einem erweiterten Täterkreis von über 100 Personen aus. Unterstützt wird die internationale Zusammenarbeit von Europol.
Mittlerweile fast alle Bundesländer betroffen
Michael Zorn, Vize-Polizeipräsident der Polizeidirektion Osnabrück unterstreicht die Bedeutung der Ermittlungen: „Mittlerweile sind fast alle Bundesländer von Geldautomatensprengungen betroffen. Insgesamt waren es im vergangenen Jahr 393 Taten. Jeder Einzelfall ist durch eine besondere Brutalität gekennzeichnet. Wer mit Sprengstoff hantiert und mit bis zu 250 km/h über die Straße flüchtet, riskiert Menschenleben. Unser Ermittlungserfolg wird sich sicher auch in den Tätergruppen herumsprechen.“
Um den Tätern künftig besser auf die Schliche zu kommen, werde man die taktische Arbeit anpassen, so der Vize-Polizeipräsident weiter. Mehrere Tätergruppen innerhalb wie außerhalb der EU habe man mittlerweile im Fokus. Allerdings: Die Täterstrukturen sind weiterhin unklar, das Risiko erwischt zu werden für die Täter damit recht gering. Der Anreiz, auf diesem Wege das schnelle Geld zu machen, müsse auch mithilfe der Banken gebrochen werden. „Die Täter schlagen dort zu, wo viel Geld in den Automaten ist“, so Zorn. Hier sei ebenso ein präventiver Ansatz gegeben wie in höheren Sicherheitsstandards bei Banken.
Wo ist das erbeutete Geld?
Nebulös bleibt zudem derzeit noch der Verbleib des erbeuteten Geldes. „Die Täter nehmen daher in Kauf, eine gewissen Zeit im Gefängnis zu sitzen, um hinterher in Saus und Braus zu leben“, so Zorn. Der entstandene Sach- und Beuteschaden wird im Rahmen der Ermittlungen auf rund vier Millionen Euro geschätzt.