Guten Abend,

AFP

vor ein paar Tagen ist die Osnabrücker Verkehrsunfallstatistik für das Jahr 2016 von der hiesigen Polizei der Öffentlichkeit präsentiert worden. Die Gesamtzahl der Unfälle hat leicht abgenommen, die der Verkehrstoten glücklicherweise auch. Nach wie vor gibt es aber leider eine Vielzahl an Unfällen, an denen Radfahrer beteiligt sind. Und da Radfahrer im Gegensatz zu Autofahrern nur eine geringe Knautschzone haben, ziehen sie dabei in der Regel den Kürzeren. Nun ist es müßig, irgendwelche Statistiken zu bemühen, um aufzuzeigen, in wieviel Prozent der Fälle die Radfahrer ursächlich für das Unfallgeschehen waren. Jeder Unfall ist sowieso einer zuviel, und da, wo Menschen unterwegs sind, wird es immer mal wieder zu Kollisionen kommen. Ich habe mich allerdings beim Studium der aktuellen Osnabrücker Unfallstatistik gefragt, ob das Problem der hohen Zahl an Radfahrern als Beteiligte am Unfallgeschehen nicht hausgemacht ist. Wenn irgendwelche Fahrrad-Piktogramme auf der Lotter Straße den Radfahrern suggerieren, daß sie gegenüber dem Autoverkehr als bevorzugte Verkehrsteilnehmer behandelt werden, dann ist es meines Erachtens nicht weiter verwunderlich, wenn mit dieser unverhältnismäßigen Überhöhung einer nicht nur zahlenmäßig dem Osnabrücker Autoverkehr stets unterlegenen Gruppe auch eine gefährliche Selbstüberschätzung der Radfahrer einhergeht. Wer des öfteren in den Abendstunden auf den Osnabrücker Straßen unterwegs ist, der spürt schnell, wohin diese zwar durch nichts zu rechtfertigende, aber von bestimmten politischen Gruppen, führenden Verwaltungsbeamten und alles andere als objektiven Lokalredakteuren einer bedeutenden Lokalzeitung forcierte Heiligsprechung der radfahrenden Bevölkerung führen kann: fast jeder zweite von ihnen ist ohne ausreichende Beleuchtung unterwegs, übersieht gerne mal rote Ampeln oder gar Schilder, die zur Beachtung der Vorfahrtsregeln mahnen. Vom Fahren auf der falschen Straßenseite oder auf den eigentlich Fußgängern vorbehaltenen Bürgersteigen ganz zu schweigen.

Wenn sich die südeuropäischen Staaten in der EU völlig zu Recht darüber echauffieren, daß ihnen vom scheidenden Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem (seines Zeichens Holländer und daher sicherlich immer für einen guten Spaß zu haben) vorgeworfen wird, daß sie wegen der üppigen finanziellen Transferleistungen durch die reicheren „Nordstaaten“ in der EU dazu neigen, ihr Geld relativ sinnlos zu verprassen (O-Ton Dijsselbloem: „Als Sozialdemokrat halte ich Solidarität für äußerst wichtig. Aber wer sie einfordert, hat auch Pflichten. Ich kann nicht mein ganzes Geld für Schnaps und Frauen ausgeben und anschließend um Unterstützung bitten.“), so läßt sich diese Botschaft fast eins zu eins auf die Osnabrücker Radfahrer übertragen. Sie können nicht täglich Zustände wie im Wilden Westen auf den Osnabrücker Straßen wieder zum Leben erwecken und sich anschließend darüber wundern, wenn sie dabei zu Schaden kommen. Zusammenleben erfordert Rücksichtnahme und Solidarität, auch und gerade im Straßenverkehr. Nun will ich nicht die Radfahrer als allein Schuldige an ihrer Misere verdammen, aber sie scheinen zumindest in Osnabrück doch dazu zu neigen, auch mal fünfe grade sein zu lassen und zwecks Erlangung eines eigenen Vorteils in Form minimaler Zeitgewinne oder auch nur, um die Autofahrer zu ärgern, das immerwährend beklagte um sich greifen der Ellenbogengesellschaft permanent auf der Straße zu praktizieren, Das ist vor allem für die Radfahrer äußerst gefährlich. Und ich glaube kaum, daß es einen Autofahrer freut, wenn er in einen Unfall mit einem Radfahrer verwickelt wird, wo er zwar höchstwahrscheinlich keinen körperlichen Schaden erleiden wird, aber trotzdem bleibende seelische Schäden erleiden kann. Das muß nicht sein! Also, liebe Radfahrer: laßt Euch von Politik, Verwaltung und speziellen Lokalredakteuren nicht etwas einreden, das überhaupt nicht der Realität entspricht. Der erste Paragraph der deutschen Straßenverkehrsordnung (StVo) besagt nämlich klipp und klar:

  1. Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. 
  2. Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Das gilt für alle Verkehrsteilnehmer, egal ob Fußgänger, Radfahrer oder Autofahrer. Daran können auch nicht die unverantwortlichen Wunschträume einiger hiesiger Lokalmatadoren etwas ändern. Es ist eigentlich traurig, daß man erwachsene Menschen darauf hinweisen muß. Aber wenn die Osnabrücker Unfallstatistik 2017 schließlich weniger Unfälle und vor allem Personenschäden verzeichnet als die von 2016, dann tue ich das natürlich gerne!

Ich wünsche allen HASEPOST-Lesern ein Wochenende, an dem es nichts zu mösern gibt. Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Ihr

Justus Möser

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