An dem gemeinsamen Fastenbrechen in der Jüdischen Gemeinde nahmen auch Landrätin Anna Kebschull (vordere Reihe, dritte von links) und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (vordere Reihe, vierter von links) teil. / Foto: Landkreis Osnabrück (Hermann Pentermann)
Außergewöhnlich, wenn nicht einzigartig“: In dieser Einschätzung waren sich alle einig. Das Fastenbrechen – Iftar –des Arbeitskreises Interreligiöser Dialog im Landkreis Osnabrück fand in der Jüdischen Gemeinde in Osnabrück statt. An dem Treffen nahmen auch Ministerpräsident Stephan Weil und Landrätin Anna Kebschull teil.
Die Einzigartigkeit des Abends wurde durch Esnaf Begić, vom Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück unterstrichen. „Mir ist – auch aus der Literatur – kein einziger Fall bekannt, in dem Muslime und Christen bei einer jüdischen Gemeinde zum Iftar eingeladen waren.
„Musliminnen und Muslime, Jüdinnen und Juden, Christinnen und Christen treffen sich hier aus Anlass des islamischen Fastenmonats Ramadan zum gemeinsamen Essen und zum Austausch. Dies ist ein besonderes Zeichen des Zusammenhalts und des gesellschaftlichen Friedens“, stellte Landrätin Anna Kebschull als Schirmherrin heraus. „Leider zeigen uns die Schrecken des Krieges in der Ukraine sehr deutlich, wie notwendig jeder Schritt zum Frieden und zum friedlichen Miteinander ist.“
Weil: Mehr als ein Zeichen einer bunten Gesellschaft
Ministerpräsident Stephan Weil hob hervor, dass die Orientierungswirkung der Glaubensgemeinschaften nicht unterschätzt werden dürfe, sie wirke weit über die jeweiligen Gemeinschaften auch auf die Nichtglaubenden. Die Veranstaltung sei ein Beispiel für den gelingenden interreligiösen Dialog, hinter dem weit mehr stehe als ein Zeichen einer bunten Gesellschaft. Der Ramadan der Muslime sei eine Zeit der inneren Einkehr und des Verzichts, aber auch der Betonung der Barmherzigkeit. „Das kennen auch die anderen Religionen, diese Werte haben sie gemeinsam.“
In der „wahrlich nicht konfliktfreien Zeit“ mit dem Krieg in der Ukraine, Auseinandersetzungen in Jerusalem, der heiligen Stadt der Juden, Christen und Muslime, mit zunehmenden Antisemitismus und Rechtsradikalismus in Deutschland sei die Veranstaltung ein leuchtendes Beispiel für ein gelingendes Miteinander der Religionen, das er ab jetzt in ganz Niedersachsen zur Nachahmung empfehlen wolle, sagte Weil.
Michael Grünberg, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, wies darauf hin, dass die Veranstaltung nach zwei pandemiebedingten Absagen nun zu einem Zeitpunkt stattfinden könne, in dem die wichtigsten Feste der Religionen – Ramadan, Ostern und Pessach – im April gefeiert werden. „Dass dieser Tag in unserer Gemeinde stattfinden kann, ist ein Zeichen für die hier in der Region gewachsene Freundschaft zwischen den Religionen“, hob er hervor.
Jüdische Gemeinde fordert mehr gemeinsame Anstrengungen
Yilmaz Kilic, Sprecher des Arbeitskreises Interreligiöser Dialog, führte durch die Veranstaltung, an der etwa 100 Vertreter der Religionsgemeinschaften, aus Behörden, Wohlfahrtsverbänden und Wissenschaft teilnahmen. Er forderte noch mehr gemeinsame Anstrengungen der Religionsgemeinschaften für Demokratie und Zusammenhalt: „Eine wirklich bunte Gesellschaft haben wir erst, wenn für die Jüdische Gemeinde keine besonderen Schutzmaßnahmen notwendig sind.“