25 Jahre nach der Rechtschreibreform bewertet Heinz-Peter Meidinger, langjähriger Vorsitzender des Lehrerverbandes, den damaligen Aufschrei als übertrieben und sieht das sinkende Rechtschreibniveau nicht primär als Folge der Reform.
Rückblick auf die Rechtschreibreform.
„Heute erscheint es wie ein Luxusproblem“, so Meidinger über den „Kulturkampf“, der die Einführung der Rechtschreibreform 1996 begleitete. Der Gymnasialdirektor und ehemalige Vorsitzende des Deutschen Philologen-Verbandes war damals als Experte für das Bundesverfassungsgericht tätig, da Gegner der Reform versuchten, sie juristisch zu kippen. „Der große Aufschlag, der am Anfang der Reformpläne gestanden habe, sei in einem langen Diskussionsprozess abgeschliffen worden“, erinnert sich Meidinger.
Debatte um Groß- und Kleinschreibung
Meidinger, heute Ehrenpräsident des Lehrerverbandes, verwies in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ darauf, dass Deutsch heute die letzte Sprache mit grundsätzlicher Groß- und Kleinschreibung sei. „Ich selber hätte keine Probleme mit dem Umstellen auf Kleinschreibung gehabt. Aber das war im Lehrerverband nicht die Mehrheitsmeinung“, so Meidinger.
Ursachen für sinkendes Rechtschreibniveau
Dass trotz der mit der Reform vollzogenen Vereinfachungen die Rechtschreib-Kompetenz bei Schülern massiv gesunken sei, hat laut Meidinger mit der Reform „am wenigsten zu tun“. Zentral sei, dass weniger gelesen werde, was „eindeutig Auswirkungen auf die Rechtschreib-Kompetenz“ habe.
Rechtschreibfehler als gesellschaftliches Problem
Im immer fehlerhafteren Schreiben der Deutschen sieht der Experte Gefahren weit über die Schule hinaus: „Wenn ich heute Texte von manchen Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen lese, dann führen die vielen Grammatik- und Rechtschreibfehler oft zu erheblichen Verständnisschwierigkeiten. Damit haben wir dann ein grundsätzliches Problem in der Gesellschaft.“