Der Runde Tisch Verkehr Westerberg hat sich bei seiner vierten Sitzung für ein Konzept zur Verkehrsberuhigung ausgesprochen. So soll der Verkehr verringert werden über verschiedene Maßnahmen wie Aufpflasterungen (sog. „Berliner Kissen“), die Sperrung der Straße „Am Natruper Holz“ für private PKW und die Umwidmung der Artilleriestraße als Einbahnstraße. Außerdem soll der fließende Verkehr über eine neue Erschließungsstraße im Nord-Westen des Viertels abgeleitet werden. Das Viertel soll durch erhöhte Taktung, Erweiterung der Linienführung (Hochschullinie) und eine neue Quartierslinie besser durch Busse erschlossen werden. Für Fahrradfahrer und Fußgänger soll die Verkehrsteilnahme durch einen Nord-Süd-Radweg parallel zur Gluckstraße ebenso komfortabler werden, wie durch eine neue Fahrradstraße (Wilhelmstraße), Mittelinseln, mehr Abstellanlagen und ein stadtweites Fahrradmarketing. Zudem soll das Carsharing ausgeweitet und ein betriebliches Mobilitätsmanagement verstärkt werden. Das Konzept wird – mit einigen Anmerkungen der Teilnehmer – nun dem Osnabrücker Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt zur Diskussion vorgelegt. Zum Besuch der öffentlichen Sitzung am Donnerstag, 26. November, laden Stadtbaurat Frank Otte und Heike Stumberg, Fachdienstleiterin Verkehrsplanung, ausdrücklich ein.
„Am Natruper Holz“ am stärksten entlasten
Von den Maßnahmen, die sich auf die vier Handlungsfelder Straßen, ÖPNV, Rad- und Fußverkehr sowie innovative Mobilität beziehen, erhoffen sich die Beteiligten die Entlastung des Viertels. Am stärksten entlastet werde die Straße „Am Natruper Holz“, durch die künftig im Schnitt 8.500 Fahrzeuge weniger fahren würden, wie Dr. Michael Frehn von der „Planersocietät“ aus Dortmund errechnet hat. Deutliche Entlastungen gebe es nach seinen Angaben zudem für Gluck-, Händel- und Mozartstraße (3.900-4.800 Kfz/Tag) sowie für Albrecht- und Caprivistraße (2.300-2.600 Kfz/Tag), sofern die Erschließungsstraße gebaut wird. Auf den Radialstraßen werde es zu einer geringen Mehrbelastung kommen: Natruper-Tor-Wall (700-1.200 Kfz/Tag), Lotter Straße (1.200-1.500 Kfz/Tag), Pagenstecherstraße (400-900 Kfz/Tag), Natruper Straße (0-1.000 Kfz/Tag). Diese geringe Mehrbelastung trete allerdings nur ein, wenn in den kommenden zehn bis 15 Jahren in der gesamten Stadt Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung eingesetzt werden und die Osnabrücker vermehrt alternative Verkehrsmittel wählen. Ohne diese Maßnahmen wären die Belastungen an den Radialstraßen höher.
Bei der Straße „Zum Flugplatz“ sei laut Frehn mit einer Mehrbelastung von 700-800 Fahrzeugen am Tag zu rechnen. Bei einer Realisierung der Erschließungsstraße im Wohn- und Wissenschaftspark mit einer Durchbindung bis zur Sedanstraße würden – bis auf die Natruper Straße – jeweils niedrigere Mehrbelastungen durch Fahrzeuge auf den genannten Straßen entstehen. Dies war auch die Alternative, die die Mehrheit der Teilnehmer der vierten Sitzung des Runden Tisches bei der Abstimmung befürwortete. Die neue Erschließungsstraße selbst hätte eine Belastung von 6.800 Fahrzeugen pro Tag ohne Durchbindung bis zur Sedanstraße, und 9.600 Kfz mit Durchbindung. Diese Prognose berücksichtige die Verlagerung des Autoverkehrs auf Fuß-, Rad- und ÖPNV sowie die Verkehrslage in der gesamten Stadt, sagte Frehn.
Nur der Hälfte der Initiativen am Runden Tisch anwesend
Zu der vierten Sitzung des Runden Tisches Westerberg war rund die Hälfte der Initiativen erschienen, die als Teilnehmer eingeladen gewesen waren. Während der Abstimmung hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, ihre Stimme mit Anmerkungen zu versehen. Dabei forderte eine Teilnehmerin ein Parkverbot in der Gluckstraße, um dort Platz für Fahrradfahrer zu schaffen. Michael Frehn erklärte jedoch, dass die Straße für Fahrradwege sowohl auf der Fahrbahn als auch auf den Bürgersteigen deutlich zu schmal sei. Darüber hinaus haben die Anlieger der Gluckstraße während des gesamten Planungsprozesses mehrfach darauf hingewiesen, dass das berechtigte Parken an ihrer Wohnstraße momentan das einzige Mittel ist, um wirksam gegen Raser vorzugehen.
Dringend gewünscht wurde von einigen eine durchgehende Erschließungsstraße zwischen Natruper Straße und Sedanstraße, während eine Teilnehmerin forderte, einen Teil davon nicht zu bauen, um ein Wäldchen zu erhalten. Andere entschieden sich gegen das insgesamt befürwortete Konzept. Sie sprachen sich hingegen für eine Alternative aus, in dem die Durchfahrt durch den Wohn- und Wissenschaftspark für private PKW gesperrt ist und das Gebiet teils von Norden und teils von Süden erschlossen wird.
Kein verbindlicher Charakter, nur Empfehlungen für die Politik
Stadtbaurat Otte machte während der Sitzung deutlich, dass die Abstimmung keinen verbindlichen Charakter habe, sondern als Empfehlung und Diskussionsgrundlage für die Politik diene. Otte und Stumberg erläuterten, dass es sich um kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen handele, deren Umsetzung zwischen einem und 15 Jahren dauern könne. Zu den kurzfristigen Maßnahmen zählen die Umwidmung der Artilleriestraße zur Einbahnstraße, die Einführung von Dialogdisplays, die Autofahrer an das Tempolimit erinnern sollen, sowie die Einführung der Fahrradstraße (Wilhelmstraße). Mittelfristige Maßnahmen sind beispielsweise der Bau der Erschließungsstraße und damit verbunden die Sperrung der Straße „Am Natruper Holz“ sowie die Erweiterung der Linie 21. Ebenfalls mittelfristig vorstellbar sind der Bau von Berliner Kissen und das Ausweiten der Carsharing-Angebote. Der Nord-Süd-Radweg und das betriebliche Mobilitätsmanagement zählen hingegen zu den Maßnahmen, die langfristig umsetzbar sind.
Den Zeitrahmen der Umsetzung des befürworteten Konzepts diskutierten die Teilnehmer des Runden Tisches Verkehr Westerberg kontrovers. Heike Stumberg und Frank Otte wiesen deshalb darauf hin, dass eine zeitnahe Umsetzung im Sinne aller wäre, die Möglichkeiten der Stadt jedoch personell und finanziell begrenzt sind: „Wenn wir nur Maßnahmen am Westerberg umsetzen müssten und genügend Geld vorhanden wäre, wäre eine zügigere Umsetzung sicherlich möglich“, erläuterte Heike Stumberg. Auf Nachfrage verschiedener Teilnehmer hob sie hervor, dass eine Kostenkalkulation erst bei der konkreten Planung möglich sei.
Umsetzung abhängig von Finanzierung
„Die Umsetzung hängt mit der Finanzierung, aber auch mit den Sitzungen der politischen Gremien und Entscheidungswegen in der Stadt zusammen“, ergänzte Frank Otte, der die Maßnahmen ggf. auch in anderen Stadtteilen anwenden möchte. Und: In einem Jahr will er die Teilnehmer des Runden Tisches Verkehr Westerberg einladen, um die Wirkung erster Maßnahmen und das weitere Vorgehen zu diskutieren. Stumberg betonte, dass kleine Maßnahmen, wie das Anbringen von Schildern, nach entsprechendem Beschluss auch sofort umgesetzt werden könnten. Sie wies zudem darauf hin, dass derzeit das Radverkehrskonzept fortgeschrieben werde und die gewünschten Maßnahmen hier eingepasst werden müssen.
„Für die Umsetzung braucht die Verwaltung nun die Politik“, sagte Frank Otte zum vorläufigen Ende des Runden Tisches, dessen Arbeitsweise er als konstruktiv bezeichnete und sich bei allen Beteiligten bedankte. Er fügte hinzu: „Wir sind alle eingeladen, unser Mobilitätsverhalten zu verändern.“
Kommentarfunktion ist geschlossen.