Unternehmen, die Güterkraftverkehr betreiben, sind zur Nominierung eines Verkehrsleiters verpflichtet, der für die ordnungsgemäße Abwicklung des Warenverkehrs die Verantwortung trägt. Galt die Vorschrift zunächst für alle Unternehmen, die in ihrem gewerblichen Güterverkehr Lastwagen mit einer Ladung von über 3,5 Tonnen nutzen, wurde am 21. Mai 2022 die Pflicht auf Fahrzeuge mit einer Ladung von über 2,5 Tonnen ausgeweitet, sofern diese grenzüberschreitende Beförderungen von Gütern übernehmen.
In vielen Fällen übernimmt der Unternehmer die Position des Verkehrsleiters oder überträgt sie einem leitenden Angestellten. Alternativ können Unternehmen einen externen Verkehrsleiter für diese Stelle beauftragen.
Die Pflicht zur Ernennung eines Verkehrsleiters gilt nicht für Unternehmen, die ausschließlich Werkverkehr betreiben und damit Güter lediglich innerhalb ihrer Betriebsinfrastruktur transportieren.
Das Aufgabengebiet von Verkehrsleitern
Nach der EU-Verordnung 1071/2009 übernimmt der Verkehrsleiter „die tatsächliche und dauerhafte Leitung der Verkehrstätigkeiten eines Unternehmens“. Aus diesem Anforderungsprofil ergeben sich die folgenden Kernaufgaben in der Arbeit von Verkehrsleitern:
- Instandhaltungsmanagement der Fahrzeuge
- Prüfung von Beförderungsverträgen und Dokumenten
- die grundlegende Rechnungsprüfung
- Disposition von Ladungen und Fahrern unter Einhaltung der Sozialvorschriften
- Prüfung von Sicherheitsverfahren
Verkehrsleiter müssen von Unternehmen mit weitreichenden Vollmachten und Kompetenzen ausgestattet werden, die ihnen die Ausführung ihrer Tätigkeiten ermöglichen. Sie können Aufgaben an kompetente Mitarbeiter delegieren. Ein typisches Beispiel dafür ist die Pflege des Fuhrparks durch den Fuhrparkleiter. Dienstleister wie die Verkehrsleiter Deutschland übernehmen die Verkehrsleiter-Ausbildung. Andere stellen die Fachkräfte, wenn externe Verkehrsleiter die Aufgaben übernehmen sollen.
Zu beachten ist, dass externe Verkehrsleiter nur die Verantwortung über den Güterkraftverkehr von maximal vier Unternehmen und insgesamt höchstens 50 Fahrzeugen tragen dürfen. Das gilt es für Betriebe vor der Beauftragung zu überprüfen.
Verkehrsleiter haften im Schadensfall
Da Verkehrsleiter grundsätzlich für Schäden haften können, die in ihren Aufgabenbereich fallen, müssen sie im Schadensfall zur Vermeidung von Regressansprüchen seitens der Versicherungen die rechtmäßige Delegation der Aufgaben nachweisen. Dazu gehört der Nachweis ausreichender Kompetenzen der betreffenden Mitarbeiter sowie ein wahrgenommenes notwendiges Maß an Kontrolle.
Gegenüber dem Gesetzgeber stehen Verkehrsleiter in der Pflicht, bei Unfällen nachzuweisen, stets ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen zu sein. Dringend anzuraten ist deshalb die gewissenhafte Protokollierung sämtlicher im Zusammenhang mit den Delegierungen stehender Schritte wie auch aller anderen Maßnahmen, die mit einem gewissen Maß an Verantwortung verbunden sind.
Die Anforderungen an Verkehrsleiter
Grundsätzlich müssen Verkehrsleiter fachlich geeignet und zuverlässig sein, um ihre Aufgaben ausführen zu können. Für die fachliche Eignung wird eine bestandene Fachkundeprüfung bei der IHK verlangt, die nur in Ausnahmefällen durch eine thematisch ähnliche Ausbildung oder einen entsprechenden Studiengang ersetzt werden kann. Bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit dürfen bei der Führung von Unternehmen keine Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen nachgewiesen sein. Dieses Gesetz hat seine Ursache in der Praxis, dass viele Unternehmer selbst die Position des Verkehrsleiters bekleiden.
Die Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen betreffen Bereiche wie das Handelsrecht, Insolvenzrecht, die Entgelt- und Arbeitsbedingungen der Branche, den Straßenverkehr, die Berufshaftpflicht sowie den Menschen- und Drogenhandel. Der Güterverkehr hat so zu erfolgen, dass die Allgemeinheit durch ihn nicht geschädigt werden kann.
Weitere Anforderungen an den Verkehrsleiter sind ein ständiger EU-Wohnsitz sowie eine echte Beziehung zwischen dem internen Verkehrsleiter und dem Unternehmen, für das er in seiner Funktion tätig ist. Für externe Verkehrsleiter gelten andere Bestimmungen.
Die „sieben Todsünden“ des Verkehrsleiters
Die EU hat 2016 die Regelungen für Verkehrsleiter noch einmal drastisch verschärft und einen Ausschlusskatalog erarbeitet, der in der Branche als „Todsündenliste“ berüchtigt ist. Nach der Novelle führen ein „schwerster“ Verstoß oder drei „sehr schwere“ Verstöße zu einer zwingenden Suspendierung des Verkehrsleiters.
Dieser darf nach einer Suspendierung erst nach einem vorgegebenen Rehabilitierungsverfahren nach frühestens einem Jahr seine Arbeiten wieder aufnehmen, sofern er eine erneute Fachkundeprüfung bestanden oder an einer Weiterbildung im Zeitraum von mindestens drei Monaten teilgenommen hat.
Als „schwerste Verstöße“, also die sogenannten „Todsünden“, definiert der Gesetzgeber die folgenden Vergehen:
- Überschreitung der wöchentlichen Höchstlenkzeit der Fahrer um mindestens 25 % oder der maximalen Tageslenkzeit um mindestens 50 %
- fehlende oder manipulierte Fahrtenschreiber oder Geschwindigkeitsbegrenzer
- falsche oder gefälschte Fahrerkarten
- schwerwiegende technische Mängel oder fehlende technische Überwachung
- Verstöße gegen Beförderungsvorschriften von Gefahrgut
- Fahren ohne gültigen Führerschein oder gültige Gemeinschaftslizenz
- Überschreiten der zulässigen Gesamtmasse um mindestens 20 oder 25 %
Digitale Helfer sind unerlässlich
Verkehrsleiter im Digitalzeitalter können auf zahlreiche digitale Assistenten zugreifen, die der Gesetzgeber teilweise sogar vorschreibt. So werden die Lenk- und Ruhezeiten digital überwacht, da der Tachograf die Fahrtätigkeiten aufzeichnet. Gefragt sind derzeit Telematik-Lösungen, da diese die Fahrten der Fahrer in Diagramme übersetzen und mit Blick auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften in anschaulichen Diagrammen und Statistiken anzeigen.
Andere Tools bieten Mehrwert in puncto Tourenplanung, Zollabwicklung und Transportmanagement oder leisten bei der Disposition von Fahrern und Fahrzeugen wertvolle Unterstützung. Mit GPS-Trackinglösungen haben Verkehrsleiter den momentanen Standort ihrer Flotten immer im Blick und können nachvollziehen, ob alle Routen planmäßig über die Bühne gehen. Dies kann nicht zuletzt bei der Kommunikation mit Auftraggebern und Handelspartnern wichtig sein.
Darüber hinaus sorgen die Tools für eine echte Reduktion an Aufwand, wenn diese etwa bei digital erfassten Verstößen automatische Belehrungen an den betreffenden Fahrer senden und den Verkehrsleiter von dieser Pflicht entlasten. Kurz und gut, so unterstützen digitale Assistenten Verkehrsleiter bei ihrer Leitungsfunktion, sodass es sich lohnt, den Markt an Tools für Verkehrsleiter aufmerksam im Blick zu behalten.
Immer in der Spur bleiben
Im Digitalzeitalter bleibt nichts mehr verborgen. Dieser Trend zum Foucaultschen panoptischen Gefängnis, den vor allem China exzessiv vorlebt, kann zwar kritisch gesehen und auch als Dystopie wahrgenommen werden. Der Panoptismus ist allerdings auch außerhalb von China längst Realität und aufgrund der digitalen Möglichkeiten vielleicht sogar unvermeidlich. Dies führt dazu, dass Verstöße durch den digitalen Fahrtenschreiber auch ohne eine flächendeckende Gesichtserkennung bei Lkw-Fahrern automatisch erfasst werden.
Versuche, den Gesetzgeber auszutricksen, werden damit immer schwieriger und der auf die eigenen Fahrer ausgeübte Druck zur Missachtung ihrer gesetzlich garantierten Ruhezeiten geht nach hinten los. Die punktgenaue Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen aus Brüssel wird alternativlos. Unternehmen und Verkehrsleiter, welche die Digitalisierung eher als Chance denn als Bedrohung wahrnehmen, sind gegenüber der Konkurrenz, die mit diesen Entwicklungen hadert, im Vorteil. Pragmatische Erwägungen zählen in der Wirtschaft schließlich mehr als in der Politik.