Bei dem Projekt „Lebensmittel fairteilen statt verschwenden“ (LeMiFair) untersucht ein Team der Hochschule Osnabrück die Auswirkungen der Inflation und des Ukraine-Kriegs auf die Wertschöpfungskette von Lebensmitteln. Außerdem soll es zeigen, über welche neuen Wege genügend Lebensmittel kommen und wie sie fair verteilt werden können.
Das zwölfköpfige Forschungsteam forscht bereits seit dem Herbst 2022 zum Thema Verteilung und Verschwendung von Lebensmitteln im Auftrag des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Vor allem die prekäre Lage der Tafel wurde dabei deutlich und rückte während des Projekts immer mehr in den Vordergrund. Der Fokus liegt allerdings auf der Frage, wie Haushalte in Niedersachsen mit Lebensmittelverschwendung umgehen.
Das Projekt „Lebensmittel fairteilen statt verschwenden“ (LeMiFair) soll dabei über Lebensmittelverschwendung und bewusstere Ernährung aufklären sowie Lebensmittelgruppen wie zum Beispiel Obst, Gemüse und Milchprodukte von der Produktion über den Handel bis zum Haushalt der Verbrauchenden betrachten. Dabei sollen sich Herausforderungen des Systems in sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Sicht herauskristallisieren.
Von Osnabrück für Niedersachsen
Die Datengrundlage dafür wird von dem Osnabrücker Forschungsteam für das Land Niedersachsen geschaffen. „Es geht darum, Netzwerke zu pflegen und den Ausbau tragfähig zu machen“, erklärt Prof. Dr. Dorothee Straka vom Bereich Ernährungskommunikation der Osnabrücker Hochschule. Die Tafeln sollen untereinander besser vernetzt werden und insgesamt mehr Lebensmittel zur Verfügung stehen. Die aktuelle Situation mit dem Ukrainekrieg und der Inflation trifft die Tafeln besonders – auch die Osnabrücker Tafel klagt über fehlende Lebensmittelspenden. Die ersten Ergebnisse der Untersuchung verraten, dass die Hälfte aller Tafeln in Niedersachsen einen Kunden-Aufnahmestopp haben. Auf das hohe Aufkommen reagierten sie mit verkürzten Rausgaben und unterteilten die Kundschaft teilweise in Kleingruppen. Große Einrichtungen der Tafel haben durch die höhere Anzahl an Ehrenamtlichen einen Vorteil; dennoch erschweren Sprachbarrieren und fehlende Lebensmittelspenden den Tafelalltag.
Ernteprojekt des „gelben Bandes“
Um mehr Lebensmittel zu retten, kooperiert das LeMiFair im Rahmen des Ernteprojekts „Gelbes Band“ mit dem Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft Niedersachsen (ZEHN). Private Personen oder Unternehmen mit einem Obstbaum auf Streuobstwiesen oder städtischen Grünflächen können diese nun mit einem gelben Band verzieren. Damit signalisieren die Eigentümerinnen und Eigentümer, dass Obst von den Bäumen geerntet werden darf und somit frei zugänglich ist. „Ein Apfelbaum ergibt rund zehn bis 1.000 Kilo Äpfel. Bei einem Jahresverbrauch von 25 Kilogramm Äpfel pro Person ist das eine Menge, die verloren geht, wenn sie nicht genutzt wird. Man muss das Potenzial erkennen und Hürden überwinden“, erklärt Straka. Verteilerzentren für beispielsweise regionales Obst vor Einzelhändlern und Tafeln wären dabei ein erster Ansatzpunkt. Weitere Informationen über das „Gelbe Band“ finden Sie hier.
Interviews, Gruppendiskussionen und ein Beirat aus Expertinnen und Experten
Die erhobenen empirischen Daten zur Tafel wurden durch Interviews, Befragungen und Gruppendiskussionen gesammelt. Außerdem findet eine Befragung von Haushalten statt sowie eine Analyse der Wertschöpfungskette. Die Forschung soll bis in den Herbst 2023 andauern. Der Beirat von Expertinnen und Experten besteht aus 20 Personen unter anderem aus den Bereichen Handel, Landwirtschaft und Verbrauch. Dieser analysiert die Wertschöpfungskette und sammelt weitere Ideen für die Zukunft. Eine besondere Bedeutung haben Obst und Gemüse sowie Milchprodukte, weswegen diese in der Forschung in den Fokus gerückt werden.