Foto: Oskar Lafontaine, über dts Nachrichtenagentur
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Der ehemalige SPD-Parteichef und Linken-Fraktionsvorsitzende, Oskar Lafontaine, hält die Diskussion über den Ausschluss von Rechtsextremen bei Demonstrationen für „unsinnig“. Es sei bei allen großen Demonstrationen der Vergangenheit „nie üblich gewesen – ich hab ja an vielen über die Jahrzehnte teilgenommen – zu fragen: `Welche Partei wählst Du“` Oder `Welches Parteibuch hast Du“`“, sagte Lafontaine dem TV-Sender „Welt“ am Tag vor einer Demonstration, zu der unter anderem seine Ehefrau, die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht, aufgerufen hat.
Auch die Gewerkschaften könnten „nicht Streiks organisieren, indem sie sagen: `Das ist ein Rechter, den nehmen wir nicht – oder ein Linker, den nehmen wir nicht.` Also, diese unsinnige Diskussion sollte man beenden.“ In der Debatte war es um Sorgen gegangen, dass gemeinsame Demonstrationen mit Rechtsextremen deren Gedankengut salonfähig machen und ihre Vernetzung in der Mitte der Gesellschaft vorantreiben könnte. Dass Friedensverhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt zwangsläufig zu Lasten der Ukraine gehen würden, will Lafontaine so nicht stehen lassen. Das müsse man sehen, „wenn Verhandlungen wirklich mal in Gang kämen“, so Lafontaine.
„Für mich ist der höchste Wert, dass Menschen leben. Und von daher müssen wir eben alle Anstrengungen unternehmen, dass das Morden jetzt zu Ende kommt.“ Man müsse weniger über Waffensysteme reden „oder wer Recht hat oder wer siegen soll“ – und mehr über „die Menschen, die leiden und die sterben“, so Lafontaine. Die Initiative Chinas könne nun eine neue Chance bieten: „China ist ein wichtiger Faktor in der Weltpolitik“, sagte der ehemalige Finanzminister.
„Jeder, der sich anstrengt dieses Morden zu beenden, handelt richtig. Und das gilt auch für China.“ Bislang sei ein Waffenstillstand nur nicht zustande gekommen, „weil der Westen nicht bereit war“, glaubt Lafontaine. Bei einem neuen Anlauf müsse man auch die Sicherheitsinteressen Russlands bedenken.
„Es dürfen keine Raketen der USA oder Militäreinrichtungen an der Grenze errichtet werden. Darum geht es ja eigentlich. Leider wird darüber kaum gesprochen.“ Auch die offizielle Stellungnahme der Parteichefs der Linken, Janine Wissler und Martin Schirdewan, berücksichtige das nicht ausreichend, findet der ehemalige Linken-Vorsitzende.
„Den Rückzug der russischen Truppen zu fordern, ohne etwas zu sagen zu den Raketen und Militäreinrichtungen, die die USA an der Grenze hätten – also wie damals in Kuba, als die Russen ihre Raketen dorthin stellen wollten – dass man dazu nichts sagt, das disqualifiziert eine solche Stellungnahme.“ Die Ukrainepolitik von Bundeskanzler Scholz kritisierte Lafontaine scharf: „Er ist für weitere Aufrüstung, er sieht eben in dem Krieg ein Mittel der Politik.“ Allerdings habe er sich darüber „gefreut, dass Kanzler Scholz heute einmal nicht nur an die ukrainischen Soldaten gedacht hat, sondern auch an die russischen Soldaten, das ist ja gar nicht mehr üblich“, so Lafontaine. Das zeige, „wie befangen die Diskussion mittlerweile ist“.