Ende November hat die Wirtschaftsuniversität Prag als weltweit erste Universität beschlossen, die traditionellen Bachelorarbeiten für einen Teil der neuen Studierenden abzuschaffen. Hintergrund sind die Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Auch an der Universität Osnabrück findet längst eine Auseinandersetzung mit der Technologie, die in diesem Jahr einen regelrechten Hype erlebte, statt. Um Bachelorarbeiten werden Studierende in der Hasestadt vorerst allerdings nicht herumkommen.
„KI ist wie in vielen Einrichtungen natürlich auch an Universitäten ein großes Thema“, sagt Prof. Dr. Jochen Oltmer. Gänzlich neu sei es allerdings nicht, betont der Vizepräsident für Studium und Lehre an der Universität Osnabrück: „Unsere Universität befasst sich bereits seit Jahrzehnten mit der Technologie. Ein ganz wesentlicher Akteur ist dabei das Institut für Kognitionswissenschaft, an dem auch im Bereich der KI geforscht wird.“
ChatGPT-Hype macht auch vor der Universität keinen Halt
Dass die Entwicklungen in diesem Jahr allerdings noch einmal deutlich zugenommen haben, spüre man auch an der Universität Osnabrück, erzählt Oltmer: „Mit dem Hype um ChatGPT und der damit verbundenen leichteren Zugänglichkeit hat sich die Auseinandersetzung mit dem Bereich auch bei uns noch einmal verstärkt. Das betrifft das wissenschaftliche Arbeiten und die akademische Lehre, aber führt auch zu einer Diskussion über Chancen und Risiken von KI.“
Den Ansatz der Universität formuliert Oltmer mit klaren Worten: „Es wäre völlig falsch von einem „Teufelswerk KI“ zu sprechen. Stattdessen ist KI ein sehr dynamischer Prozess, den wir auch explizit in die Lehre einbinden wollen. Wir versuchen dahingehend, die Studierenden und die Lehrenden auf die Instrumente aufmerksam zu machen und sie zu unterstützen.“
Wie steht es um den Datenschutz?
Mit Blick auf die Sorgen um den Datenschutz bei einigen Programmen, berichtet Dr. Andreas Knaden, zuständig für den Bereich virtuelle Lehre und Leiter des Rechenzentrums der Universität Osnabrück: „Es gilt, unsere Studierenden und Lehrenden und ihre Identität nach außen zu schützen. An der Uni haben wir dazu die Möglichkeit eigene Modelle wie ChatGPT in abgespeckter Form laufen zu lassen und profitieren da auch von unserem Rechenzentrum.“
Konsens bei KI-Nutzung in wissenschaftlichen Arbeiten
Für das alleinige wissenschaftliche Arbeiten sehen Oltmer und Knaden die KI-Instrumente derweil noch nicht ausreichend aufgestellt. „Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Studierenden selbst ins Forschen kommen. Sie führen Interviews, stehen in unseren Laboren – da kann die KI bei schriftlichen Formulierungen helfen, aber nicht die Arbeit vollständig abbilden“, so Oltmer. Konkrete Grenzen bei der Nutzung der Technologie setzt die Uni daher nicht: „Das Werk muss eigenständig sein und das wollen wir erkennen. Als Konsens für die Nutzung von KI, die wir auch fördern wollen, müssen die Studierende daher die verwendeten Instrumente angeben.“
Weiterhin verfüge auch die Universität Osnabrück über Instrumente, die Plagiate in sämtlicher Form erkennen können und „mal mehr, mal weniger“ auch beim Thema KI funktionieren. Auf Bachelorarbeiten wie die Prager Universität werde man daher auch in Zukunft nicht gänzlich verzichten, sagt Oltmer und führt aus: „Die Diskussion um Prüfungsformen findet permanent statt. Da müssen wir fachspezifisch schauen und überlegen, ob Anpassungen nötig sind.“ Denkbar sei etwa, dass wieder mehr mündliche Leistungen im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Arbeiten erforderlich werden.
Hoffnungen auf Politik
In einigen weiteren Grauzonen hoffen Oltmer und Knaden zudem auf eine Regulierung seitens der Politik. „Aktuell müssen wir unsere eigenen Wege finden, wenn es darum geht, wie KI etwa gekennzeichnet wird. Die Gesetzgebung könnte da für Einheitlichkeit sorgen, da sind Rahmenbedingungen absolut nötig“, so Oltmer. Knaden ergänzt: „Wir sind bereits im Dialog mit allen niedersächsischen Universitäten und Hochschulen und diskutieren gemeinsam über den Umgang mit KI, die entsprechende Ausstattung unserer Rechenzentren und weitere Punkte. Diese Fragen gehen wir zusammen an, um da auch eine Lobbybasis gegenüber der Politik zu haben.“