Die vom NDR aufgedeckte Belastung zahlreicher Gewässer in Niedersachsen mit potentiell tödlichen und gegen Antibiotika resistenten Keimen, hat für Unruhe (nicht nur) in den Sozialen Medien gesorgt.
HASEPOST hatte die für Osnabrück relevanten, vom NDR und Wissenschaftlern der Technischen Universität Dresden und des Universitätsklinikums Gießen in Niedersachsen ermittelten Ergebnisse am Dienstagvormittag veröffentlicht.
Am Dienstagabend (21:15 Uhr) wird Panorama in der ARD dazu einen großen Beitrag zeigen.
Auf der Facebook-Seite der HASEPOST wurde am Dienstag von zahlreichen Nutzern über mögliche Ursachen, Verursacher und vor allem Folgen diskutiert.
Was wir wissen und was noch nicht
Unsere Redaktion hat einige der am meisten diskutierten Fragen gesammelt und die Antworten dazu recherchiert.
Handelt es sich bei der festgestellten Keim-Belastung um ein spezielles Osnabrücker Problem?
Nein, die Reporter des NDR und die beauftragten Wissenschaftler aus Dresden und Gießen haben Proben aus dem gesamten Raum Niedersachsen gesammelt und untersucht. Die Ergebnisse liegen online vor, in 10 von 12 untersuchten Wasserproben wurden multiresitente Bakterien entdeckt.
Erkrankt man zwangsläufig bei Kontakt mit belastetem Wasser?
Eindeutig: Nein! Häufig sind es geschwächte, bereits anderweitig erkrankte Menschen, die besonders gefährdet sind. Auch Babies, ältere Mitbürger und Menschen, die mit offenen Wunden in Kontakt zu den Keimen und Bakterien kommen, sind gefährdet.
Ist das Baden in der Hase oder im von ihr gespeisten Alfsee im kommenden Sommer gefährlich?
Hierzu fehlen weitere Wasseruntersuchungen. Für die Hase liegen lediglich Messwerte vor, die direkt an der Einleitung des Klärwerks in Osnabrück Eversburg genommen wurden.
Vor allem besonders gefährdeten Menschen (s.o.) wird grundsätzlich zur Vorsicht beim Baden in natürlichen Gewässern geraten.
Wer sind die Verursacher der Verunreinigungen, die vom Osnabrücker Klärwerk in die Hase gelangen?
Auch wenn sich ein Zusammenhang zwischen den hohen Belastungen in den Abwässern des Klinikums am Finkenhügel und den am Klärwerk in Eversburg gemessenen Werten aufdrängt, kann es noch weitere Quellen für Keime und Bakterien geben, die über das Abwasser in die Hase gelangen.
Offen ist welche Belastungen zusätzlich durch das Oberflächenwasser – zum Beispiel über gedüngte Felder – oder die anderen Osnabrücker Krankenhäuser, wie dem Marienhospital oder der Paracelsus Klinik, in die Kanalisation gelangen.
Ist das Osnabrücker Trinkwasser noch sicher?
Dazu Marco Hörmeyer, Pressesprecher der Stadtwerke Osnabrück: „Unser Trinkwasser ist als unser Lebensmittel Nr. 1 das bestkontrollierte Lebensmittel mit hervorragender Qualität. Wir Wasserversorger betreiben einen hohen Aufwand, um Grundwasser zu Trinkwasser aufzubereiten – dafür sorgen schon die strengen Vorgaben und Regeln der Trinkwasserverordnung.“
Das in Osnabrück aus den Leitungen sprudelnde Trinkwasser stammt auch nicht aus der Hase, sondern aus drei Wasserwerken im Umland (Thiene, Düstrup, Wittefeld). Bis es dort aus tiefen Quellen (bspw. in Wittefeld aus 50m Tiefe) an die Oberfläche gepumpt wird, hat das Wasser eine jahrzehntelange Reise durch verschiedenste Erdschichten hinter sich.
Wie wird das Abwasser gereinigt, bevor es zum Beispiel in die Hase entlassen wird?
In aktuell im Einsatz befindlichen Kläranlagen, auch in Osnabrück Eversburg, gibt es drei verschiedene Reinigungsstufen:
Mechanische Reinigung (1. Reinigungsstufe): Hier werden zunächst größere Schmutzstoffe (Laub, Holz, Toilettenpapier etc.) aber auch Sand sowie Fette und Öle aus dem Abwasser herausgefiltert/entfernt. Das passiert mit Hilfe von Rechen sowie des Sand- und Fettfangs. Im Abwasser gelöste Stoffe können durch die mechanische Reinigung allerdings nicht herausgefiltert werden.
Biologische Reinigung (2. Reinigungsstufe): Mikroorganismen wie z.B. Bakterien bauen die weiteren im Abwasser gelösten Schmutzstoffe wie z.B. Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate und Harnstoff ab bzw. um. Diese Umwandlung passiert im sog. Belebungsbecken unter der Zuführung von Sauerstoff – die Bakterien wandeln die Stoffe dann zu Zellmaterial und Gase wie z.B. Kohlendioxid um.
Chemische Reinigung (3. Reinigungsstufe): Hier werden gezielt die verbliebenen Phosphate/Phosphorverbindungen aus dem Abwasser entfernt, die nicht im biologischen Verfahren entfernt werden können. Das geschieht unter der Zuführung von chemischen Stoffen wie Kalk, Eisenchlorid und Aluminiumsulfat.
Wie könnten zukünftig die Abwässer der Stadt noch besser gereinigt werden?
Wissenschaftler arbeiten derzeit an zusätzlichen Verfahren, die zum Einbau einer „4. Reinigungsstufe“ in Kläranlagen führen könnten. Dort würden unterschiedliche Verfahren zur Elimination von Spurenstoffen eingesetzt, wie die „Ozonierung“, das „Membrantrennverfahren“ oder die „Adsorption“ (Aktivkohle). Diese Verfahren können zwar Mikroschadstoffen reduzieren, aber nicht vollständig entfernen. Zudem sind die Verfahren noch nicht gründlich wissenschaftlich untersucht; so gibt es z.B. bei der Ozonbehandlung das Risiko der Bildung anderer schädlicher Substanzen (Stichwort: Transformationsprodukte). Und: Die Kosten würden über die Abwassergebühren wiederum auf die Allgemeinheit umgelegt.
Wo erfahre ich mehr über die Recherchen des NDR?
Neben einer Radiosendung, die online verfügbar ist, werden weitere Ergebnisse bei Panorama am Dienstagabend um 21:15 Uhr in der ARD im NDR Fernsehen gezeigt. Dieser Beitrag wird im Anschluss auch in der Mediathek der ARD für einen begrenzten Zeitraum abrufbar sein.
Der Sender hat auf seiner Website zusätzliche Informationen veröffentlicht.
[Update 07.02.] Der TV-Beitrag ist jetzt auch online abrufbar.