Da haben wir den Salat, besser gesagt den 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Gewählt in einer demokratischen Wahl, in der ältesten Demokratie der Welt.
Doch der Wahlkampf, der zu dieser Entscheidung führte, wurde der Bedeutung dieses Amts kaum gerecht. Auf der einen Seite stand eine Kandidatin, die (zu) spät ins Rennen geschickt wurde, ohne die zwar nicht gesetzlich vorgeschriebenen, aber allgemein als essenziell angesehenen Vorwahlen.
Ein Kommentar von Heiko Pohlmann
Kamala Harris trat für die Demokraten an, kurz nachdem sie immer wieder betont hatte, wie fit der amtierende und zunehmend gebrechlich wirkende „eigentliche“ Kandidat Joe Biden sei. Das hat viele, vor allem kritische Beobachter, sicher skeptisch gemacht. Darüber konnte auch die anfängliche Begeisterung nicht hinwegtäuschen, die im Kern doch nur bedeutete: „Zum Glück nicht der senile alte Mann, sondern die immer komisch lachende, zuvor aber wenig erfolgreiche Vizepräsidentin“. Nur: das alleine reichte wohl nicht.
Auf der anderen Seite Donald Trump. Ein Kandidat, der angeschlagen durch zahlreiche, teils berechtigte, teils als Wahlkampftaktik erscheinende Gerichtsprozesse ins Rennen ging. Jemand, auf den im Wahlkampf sogar geschossen wurde und der nur durch die Aufmerksamkeit eines Personenschützers einem zweiten Anschlagversuch entging.
Donald Trump nicht zu mögen, fällt natürlich leicht. Seine rhetorischen Fähigkeiten sind überschaubar, seine Argumente oft unterkomplex, und sein Erscheinungsbild erinnert irgendwie an eine orange eingefärbte Version des Monopoly-Manns, als an einen Staatsmann.
Doch sollten wir hier nicht aus dem Glashaus heraus mit Steinen werfen! Deutschland wird aktuell auf internationaler Bühne von einer Außenministerin vertreten, die nicht nur häufig kaum weniger konfus als Joe Biden wirkt, sondern inzwischen auch von anderen Staatsoberhäuptern nicht mehr mit der ihr eigentlich zustehenden diplomatischen Höflichkeit behandelt wird.
Optisch ist Frau Baerbock sicher ansehnlicher als Donald Trump (die teure Visagistin macht es möglich); diplomatisch gewinnt sie aber jedes Niveaulimbo gegen Donald Trump, der vor allem eines ist: Ein Dealmaker und ein geschickter Geschäftsmann. Annalena Baerbock ist schlicht hilflos, meist auch ahnungslos. Und wer ihrem „irgendwie-englischen“ Redefluss folgen will, reagiert oft fassungslos.
Doch Baerbock und die grün-rote Laientruppe, der sie angehört, sind ein anderes Problem, das Deutschland hoffentlich früher als später durch Neuwahlen löst. Bleiben wir beim frisch gewählten US-Präsidenten.
Ein „Schwerverbrecher“ sei er, so las ich heute in einem inzwischen wieder gelöschten Kommentar auf Facebook. Am Wahlabend selbst malte ein Ratsmitglied der Grünen im Osnabrücker Stadtrat ein Bild von einem Präsidentschaftskandidaten, der die Demokratie gefährden würde. Ein anderer Kommentar, den ich im Internet gelesen habe, bezeichnete den zukünftigen US-Präsidenten sogar als Antisemiten.
Ich frage mich, auf welcher Basis solche Zuschreibungen entstehen? Kaum vorstellbar, dass Israels amtierender Premierminister Benjamin Netanjahu Trump als einer der Ersten gratuliert hätte, wenn dieser tatsächlich ein Problem mit Menschen jüdischen Glaubens hätte – immerhin ist Jared Kushner, Trumps Schwiegersohn, ein modern-orthodoxer Jude.
Und ja, auch Adolf Hitler wurde demokratisch gewählt – auch das ein gerne gewähltes und sehr schräges Argument gegen Donald Trump. Also genau wie Olaf Scholz? Und wie war das bei unserem Kanzler doch gleich mit Wirecard, der Warburg-Bank und CumEx-Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe?
Warum kümmert es unser Kabinett offensichtlich nicht, wenn fremde Staaten mit der NordStream-Pipeline wichtige strategische Infrastruktur wegbomben? Wie geringfügig kommen mir da plötzlich die Gerichtsprozesse vor, mit denen man Donald Trump in den vergangenen Monaten konfrontierte.
Schaut man sich die Landkarte der von Trump gewonnenen Staaten an, fällt eines besonders auf – was für einen milliardenschweren gebürtigen New Yorker schon fast ironisch wirkt: Trump repräsentiert vor allem nicht die (nördliche) US-Ostküste oder die Westküste. Stattdessen steht er für das oft abfällig als „Flyover Country“ bezeichnete und keinesfalls nur weiße Amerika. Es ist das „Heartland America“ – und es ist vor allem eines: arm!
Und es ist der Teil der USA, die viele, die meinen die USA zu verstehen und die in den vergangenen Monaten von einem klaren Wahlsieg der Demokraten fabulierten, selbst noch nie gesehen haben.
Hier leben Menschen, deren Familien seit Generationen als Tagelöhner arbeiten. In diesen Gegenden gibt es in jeder Familie jemanden, der in einem der vielen Kriege der letzten 100 Jahre gefallen ist oder als Krüppel zurückkam – immer dann, wenn die USA als „Welt-Polizei“ aufgetreten sind, was Trump nicht mehr will. Oft in Ländern, die die Menschen, die dort ihre Väter, Ehemänner oder Brüder verloren haben, niemals auf einer Landkarte finden würden.
Diese Menschen spüren es sehr deutlich, wenn der Paycheck plötzlich mit 4% statt wie noch zu Trump-Zeiten mit 2% Abschlag gegen Cash ausgezahlt wird. Diese Menschen registrieren sehr genau, dass die Milch im Walmart unter Biden oder Harris ein oder zwei Dollar teurer wurde, als noch unter Trump. Und sie haben sehr genau registriert, dass Trump während seiner ersten Amtszeit keine neuen Kriege angezettelt, sondern welche beendet hat.
Ob es in Montana oder in den Appalachen des Swing States Pennsylvania wirklich jemanden interessiert, ob die Kandidatin Harris nun schwarz ist oder – wie sie es früher behauptet hat – indischer Herkunft, sei dahingestellt. Diese Menschen interessiert auch nicht, was in irgendwelchen abstrakt wirkenden Gerichtsprozessen in New York gegen Trump vorgebracht wurde.
Letztlich ist es auch fast egal, was der ausschlaggebende Grund für Trumps erneuten Wahlsieg war. Wir in Europa müssen nun mit ihm leben und sollten schnellstmöglich verbal abrüsten, um eine gute Zusammenarbeit zu ermöglichen – eine Zusammenarbeit, die auch mit seinem Nachfolger, der vielleicht Vizepräsident J.D. Vance sein wird, weiter im Sinne der transatlantischen Partnerschaft funktionieren muss.
Unsere Parteien sollten aus dieser Wahl lernen, dass Mehrheiten nicht in einer fiktiven und ominösen „Mitte“ liegen, von der etablierte Politiker sprechen und damit eigentlich ihre woke linke Blase meinen.
Mehrheiten sind nicht in Berlin-Friedrichshain oder der Osnabrücker Weststadt zu finden, sondern dort, was auch wir in Deutschland oft als „Flyover Country“ betrachten und entweder abfällig als ‚Dunkeldeutschland‘ oder euphemistisch als ‚buntes Quartier‘ bezeichnen: in Thüringen, im Osnabrücker Schinkel, in Eversburg oder Haste, wo die AfD schon jetzt große Erfolge feiert.
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PS: Der Autor dieser Zeilen hat in den vergangenen Jahren mehrere Monate in den USA gelebt und inzwischen, mit Ausnahme von drei, alle Bundesstaaten der USA bereist.
[Gruß vom Herausgeber] Liebe Leserin, lieber Leser, schön, dass Sie es bis hier ganz unten geschafft haben. Ein paar Zeilen weiter finden Sie noch den obligatorischen Hinweis, dass gekennzeichnete Meinungsbeiträge stets ausschließlich die Meinung des Autors wiedergeben. Aber ich möchte diesem förmlichen Disclaimer noch etwas hinzufügen. Natürlich haben Sie, wie auch ich und jeder andere Leser, eine eigene Meinung. Vielleicht weicht Ihre Meinung fundamental von diesem oder einem anderen bei uns veröffentlichten Kommentar ab, vielleicht stimmen Sie aber auch vollkommen zu oder aber Ihre Meinung ist „irgendwo dazwischen“. Vielleicht kann ein Kommentar in der Hasepost dabei helfen, neue Gedanken zu denken oder bestehende An- und Einsichten nochmals zu überdenken, dann haben wir und unsere Autoren etwas richtig gemacht und ganz generell zum Denken angeregt.
„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G. Jung)
Bitte denken Sie mehr. Ihr Heiko Pohlmann
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