Sicheres Nach-Hause-Kommen in den Abend- und Nachtstunden ist ein großes Thema. Immer wieder machen Frauen und Mädchen, aber eben auch Personen sexueller oder kultureller Minderheiten sowie Männer Gewalterfahrungen auf dem Heimweg. HASEPOST-Redakteurin Hannah Meiners fragt sich deshalb: Wie soll da die Wiedereinführung eines Frauen-Nacht-Taxis entgegenwirken?
Ein Kommentar von Hannah Meiners
Frauen-Taxi gab es in Osnabrück schon Mal
Ende Februar stellte Oberbürgermeisterin Katharina Pötter einen 10-Punkte-Plan vor, der die Sicherheit in der Osnabrücker Innenstadt langfristig verbessern soll. Einer der Punkte beinhaltet die Wiederaufnahme des Frauen-Nacht-Taxis für einen Pauschalpreis von 7 Euro. Das gab es schon mal, bis vor vor etwa zehn Jahren. Aus welchen Gründen die Bezuschussung damals eingestellt wurde und wie das Frauen-Nacht-Taxi funktionierte, ist mir im Detail nicht bekannt. Zu vermuten ist jedoch, dass die Verbesserung der Sicherheit nicht so nennenswert war, dass die Politik die Regelung beibehielt. In vielen deutschen Städten gibt es seit den Achtzigerjahren Konzepte, die die Sicherheit von Frauen und Mädchen durch Taxifahrten verbessern sollen. Allerdings gibt es mindestens genauso viel Kritik.
Umsetzung muss gut durchdacht werden
Im 10-Punkte-Plan finden sich noch keine näheren Informationen dazu, wie genau durch günstigere Taxifahrten die Sicherheit von Frauen und Mädchen verbessert werden soll. Eins sollte jedoch klar sein: Nur durch das Angebot eines Pauschalpreises für dieselben Taxifahrten wie zuvor, wird nicht viel gewonnen. Berücksichtigt werden muss eine Reihe von Faktoren. Positiv wirkt sich die Vergünstigung natürlich da aus, wo Frauen Taxi fahren, die es sich vorher nicht leisten konnten. Doch auch unabhängig von den Kosten muss Taxifahren sicherer werden, nicht nur für Frauen, sondern für alle. Und nicht nur in der Stadt, sondern auch und vielleicht sogar besonders außerhalb.
Taxifahren muss sicherer werden
Zur steigenden Sicherheit beim Taxifahren trägt insbesondere Vertrauen bei. In Osnabrück werden Taxifahrerinnen und Taxifahrer nicht auf Vorstrafen überprüft und man kann sich einen Fahrer oder eine Fahrerin nicht selbst aussuchen. Auch eine Bewertung des Fahrpersonals, wie es beispielsweise bei dem Personenbeförderungsdienstleister Uber möglich ist, ist für Kundinnen und Kunden nicht einsehbar. Gerade so könnte aber ein Sicherheitsgefühl beim Taxifahren erreicht werden. Ein Frauen-Taxi mit denselben, fast ausschließlich männlichen Taxifahrern generiert nicht mehr Sicherheit. Unter Frauen und Mädchen ist es weit verbreitet, nicht alleine Taxifahren zu wollen und hinten einzusteigen. Denn die Möglichkeit, dass der männliche Taxifahrer für eine unangenehme Situation, sexuelle Belästigung oder Misshandlung verantwortlich sein könnte, ist immer gegeben. Sicherheit beim Taxifahren muss zuerst gewährleistet sein, bevor es als Fortbewegungsmittel zu einer allgemeinen Verbesserung der Sicherheit führen kann.
Wer ist eine Frau?
Die Idee klingt klar nach einer alten Idee, die wieder aufgegriffen wird. In Osnabrück mag man nicht das Gefühl haben, dass es eine besonders große queere Community gibt. Doch selbst wenn es nur wenige betrifft, sollte es 2024 selbstverständlich sein, diese in Überlegungen und auch die Namensgebung mit einzubeziehen. Denn gerade queere Personen sind von Übergriffen und Verfolgung betroffen. Dazu gehören auch Männer und Jungen, die beispielsweise offen schwul sind oder von Angreifern als nicht männlich genug abgestempelt werden.
Wo zieht man die Grenze?
Nach der oben genannten Logik, dass auch andere Personen als Frauen und Mädchen regelmäßig Opfer von Gewalttaten werden können, ist es schwer, eine Grenze zu ziehen. Denn auch Personen, die einer kulturellen Minderheit angehörig sind und Menschen mit Behinderungen, sind im öffentlichen Raum auf dem Heimweg von Übergriffen betroffen. Ein Sondertarif nur für Frauen und Mädchen ist zu kurz gegriffen, doch ab wann sind Personen zu wenig gefährdet? Die Frage ist kaum richtig zu Beantworten. Der Fokus sollte daher auf der allgemeinen Verbesserung des Sicherheitsgefühls in der Stadt und der Sicherheit bei Taxi- und auch ÖPNV-Fahrten liegen. Davon profitieren alle – unabhängig von kultureller, sexueller oder geschlechtlicher Identität.
Frauen-Taxi sorgt nicht für langfristige Verbesserung
Die Wiedereinführung eines Frauen-Nacht-Taxis ist eine politische Maßnahme, die finanzieller Bezuschussung aus der Steuerkasse bedarf, die aber keinen nennenswerten Nutzen zeigt. Die Politik würde wieder einmal alibimäßig eine Verbesserung für die Situation von Frauen und Mädchen beschließen, die aber nicht wirklich hilft und nicht für Gleichberechtigung sorgt. Auch wenn Männer vielleicht weniger unsicher auf dem Heimweg sind, ist Sicherheit im öffentlichen Raum ein Thema, das alle betrifft. Es muss eine Verbesserung stattfinden, die so weit reicht, dass keine gefährdete Gruppe ein großes Unsicherheitsgefühl haben muss. Dann ist so eine fadenscheinige Lösung wie eine günstige Taxipauschale für bestimmte Gruppen auch gar nicht mehr nötig. Die finanziellen Mittel fließen sinnvoller in die Beleuchtung dunkler Ecken und Bushaltestellen sowie sichere, gut angebundene und zuverlässige Fahrten mit Bus und Bahn. So können langfristig Wege in der Stadt mit einem Gefühl von Sicherheit zu jeder Tages- und Nachtzeit zurückgelegt werden.
[Gruß vom Herausgeber] Liebe Leserin, lieber Leser, schön, dass Sie es bis hier ganz unten geschafft haben. Ein paar Zeilen weiter finden Sie noch den obligatorischen Hinweis, dass gekennzeichnete Meinungsbeiträge stets ausschließlich die Meinung des Autors wiedergeben. Aber ich möchte diesem förmlichen Disclaimer noch etwas hinzufügen. Natürlich haben Sie, wie auch ich und jeder andere Leser, eine eigene Meinung. Vielleicht weicht Ihre Meinung fundamental von diesem oder einem anderen bei uns veröffentlichten Kommentar ab, vielleicht stimmen Sie aber auch vollkommen zu oder aber Ihre Meinung ist „irgendwo dazwischen“. Vielleicht kann ein Kommentar in der Hasepost dabei helfen, neue Gedanken zu denken oder bestehende An- und Einsichten nochmals zu überdenken, dann haben wir und unsere Autoren etwas richtig gemacht und ganz generell zum Denken angeregt.
„Denken ist schwer, darum urteilen die meisten.“ (C. G. Jung)
Bitte denken Sie mehr. Ihr Heiko Pohlmann
Als Kommentar, Kolumne, Meinungsbeitrag oder Satire gekennzeichnete Beiträge geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht die der gesamten Redaktion.