Olympia 2022 in Peking
Die olympischen Spiele 2022 sind eröffnet – oder soll ich lieber sagen: die Propagandaspiele der zahlenmäßig größten Diktatur der Welt? Denn während eine überwältigende Mehrheit der Sportlerherzen beim Blick auf die Winterspiele bluten wird, reiben sich die chinesischen Machthaber um Staatspräsident Xi Jinping wieder einmal die Hände – und die ganze Welt schaut dabei zu.
Ein Kommentar von Maurice Guss
Aus rein sportlicher Sicht ist gegen die Winterspiele in der Millionenmetropole Peking eigentlich kaum etwas einzuwenden: Die Olympioniken erwarten neue und hochmoderne Sportanlagen und eine umfassende Versorgung in, von der Öffentlichkeit weitgehend abgeschotteten, “Olympia-Dörfern“ – eigentlich beste Voraussetzungen für sportliche Erfolge.
Hinzu kommt die von der chinesischen Regierung vorgesehene “Null-Covid-Strategie“, die unter anderem tägliche PCR-Tests für alle Sportlerinnen und Sportler vorschreibt, um – der Name verrät es – nach Möglichkeit null Covid-Fälle während der Spiele zu haben. Zwar wurden bei Einreisekontrollen am Flughafen bereits über 130 Aktive positiv getestet, doch ein Corona-Fiasko wie bei der jüngst zu Ende gegangenen Handball-EM könnte während der Spiele ausbleiben.
Über den Spielen liegt ein Schatten
Abseits der sportlichen Perspektive liegt über den chinesischen Winterspielen allerdings ein dunkler Schatten. Auch wenn die Unkenrufe a la „Sport hat nichts mit Politik zu tun“ immer mal wieder in Vorschein treten – die Vorgänge in der Politik in und um China können nicht ignoriert werden. Zahlreiche Verbrechen der Jinping-Regierung gegen die Menschlichkeit, seien es die Verbrechen gegen die Minderheit der Uiguren und weiteren muslimischen Staatsangehörigen oder gegen die Demokratiebewegung in der Sonderverwaltungszone Hongkong, sind längst offene Geheimnisse. Und das scharfe Vorgehen gegen Systemkritiker macht auch vor Olympia keinen Halt.
Schweigend in China
Olympioniken, die sich während der Spiele kritisch äußern, drohte Chinas Regierung bereits mit Strafen. Dass China Ernst macht, zeigte im vergangenen Jahr der Fall Peng Shuai. Die chinesische Tennisspielerin verschwand nach Missbrauchsvorwürfen gegen den ehemaligen Vizepremierminister Zhang Gaoli urplötzlich von der Bildfläche und tauchte anschließend erst in Videos wieder auf, in denen sie zurückruderte. Das “Reich der Mitte“ macht also notfalls auch mit rabiaten Methoden klar, wer der Chef ist. Bei den Olympioniken hinterlässt das Eindruck, wie zahlreiche deutsche Sportlerinnen und Sportler vor Reiseantritt deutlich machten, indem sie ankündigten, während des China-Aufenthalts lieber schweigen zu wollen.
Seite an Seite mit Chinas Machthaber Xi Jinping steht mit Thomas Bach der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Thomas Bach – der Mann, der die nachweislich korrupten Propagandaspiele in Sotschi (Russland) einst als „Spiele der Athleten“ betitelte. Der Mann, der Doping-Whistleblowerin Julia Stepanowa einst aus „ethischen Gründen“ nicht zu den Spielen in Rio de Janeiro zuließ. Der Mann, der gern den Schulterschluss zu, nennen wir es, “spezialdemokratischen“ Ländern sucht und graue Verbindungen zwischen Sport, Wirtschaft und Politik bis hinein ins deutsche Innenministerium zu pflegen weiß.
Olympia 2022 – ein Land inszeniert sich
Es bedarf eigentlich gar keines wirklichen Kommentars zu diesen olympischen Spielen. Eine reine Faktenaufzählung reicht vollkommen aus, um dieses sportliche Event als Propagandashow zu entlarven. Show trifft es dabei wohl sehr gut, denn die ganze Welt wird in den kommenden rund drei Wochen dabei zusehen, wie sich ein Land unter gütiger Mithilfe des deutschen IOC-Präsidenten inszeniert, beginnend und endend mit pompösen Feuerwerken – China natürlich stets im Vordergrund.
Dies wird auch wieder für die sportlichen Erfolge gelten, für die in China notfalls auch zu banalen Tricks gegriffen wird: 16 Nordamerikaner wurden kurzfristig eingebürgert, um eine Blamage des Eishockey-Teams zu umgehen. Damit die Einbürgerung rechtlich funktioniert, hat (wer auch sonst?) auch das IOC mitgeholfen. Warum sich bei über einer Milliarde Einwohner keine eigenen geeigneten Eishockey-Spieler finden? Ach ja, weil China mit Wintersport eigentlich so rein gar nichts zu tun hat. Aber danach fragt bei Propagandaspielen halt niemand. Milliarden wurden in neue Anlagen gepumpt, brauchen tut sie im Anschluss an die Spiele vermutlich niemand mehr. Drei Uiguren machen sich im Gefangenenlager drüber lustig – man hörte nie wieder was von ihnen. (Vorsicht Satire!!!)
Großevents und ihre Gastgeberländer
Dass China mit seinen Propagandaspielen durchkommt, ist mittlerweile offensichtlich. Die Mittel gegen propagandistische Sportevents in Diktaturen sind begrenzt, erst recht, wenn die wichtigste Organisation, im Falle der Olympischen Spiele das IOC, den Schulterschluss mit den Gastgeberländern sucht. Über die diplomatischen Boykotts unter anderem von den USA werden Jinping und Bach vermutlich ähnlich lachen wie einst Armin Laschet über Flutkatastrophen.
Abschließend wären da noch die Interessen der Zuschauer und Fans. Brauchen wir über deren Relevanz überhaupt reden? Solange das Geld fließt, bedarf es keiner Zustimmung von ihnen – die Winter-WM in Katar lässt grüßen! Wir hören uns dann wieder.
PS: Katar hat großes Interesse an den Olympischen Spielen 2032, hihi 😉
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