Die Stadt Osnabrück steht vor einer wichtigen Entscheidung: Die Sanierung der Bremer Brücke, der Heimstätte des VfL Osnabrück, soll mit stolzen 67,7 Millionen Euro unterstützt werden. Doch was auf den ersten Blick als Investition in die Zukunft des Vereins und der Stadt erscheint, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine fahrlässige Prioritätensetzung, ein sorgloser Umgang mit Steuergeldern, vielleicht sogar ein Messen mit zweierlei Maß.
Ein Kommentar von HASEPOST-Redaktionsleiter Dominik Lapp
Es ist erstaunlich, wie bereitwillig die Stadt Millionenbeträge für die Sanierung eines Stadions zusagen möchte (wenn sowohl der Finanzausschuss am 20. August als auch der Rat der Stadt am 3. September zustimmen), das seit Jahren von seinem Hauptnutzer, dem VfL Osnabrück, vernachlässigt wurde. Der Verein, der als privatwirtschaftliches Unternehmen agiert, hat es jahrelang versäumt, notwendige Investitionen in seine Heimstätte zu tätigen. Nun soll die Stadt die Rechnung begleichen. Dabei ist der VfL doch nur eines von vielen Unternehmen in der Friedensstadt. Andere Unternehmen erwirtschaften ebenfalls erhebliche Summen für die Stadt, ohne sich auf öffentliche Gelder stützen zu müssen.
Das Argument, dass der VfL laut einer Studie rund 60 Millionen Euro in die Stadt spült (regionalökonomischer Effekt), ist zwar nicht von der Hand zu weisen, doch rechtfertigt dies eine solch massive finanzielle Beteiligung der Stadt? Besonders fragwürdig erscheint dies im Vergleich zur bevorstehenden Sanierung des Theaters Osnabrück, für die mindestens 80 Millionen Euro veranschlagt werden. Hier soll die Stadt aber lediglich 27 Millionen Euro – also nur knapp 34 Prozent der Gesamtsumme – beitragen, obwohl es sich um eine städtische Einrichtung handelt. Der Rest soll aus externen Quellen wie dem Land Niedersachsen, dem Bund, Stiftungen, von Unternehmen und sogar aus der Bürgerschaft kommen. Warum wird bei einem öffentlichen Kulturinstitut jeder Cent dreimal umgedreht, während der VfL nach Jahren der Misswirtschaft mit offenen Armen empfangen wird? Ist es dem Verein nicht möglich, Gelder von Sponsoren, Unternehmen, Medienpartnern oder den Fans einzuwerben? Jedes andere Unternehmen mit solchen finanziellen Schwierigkeiten und einem maroden Firmengebäude würde die Stadt sich selbst überlassen.
Auch die geplante Übernahme des Stadions durch die Stadt als Vermieterin ändert nichts an der drohenden Fehlentscheidung. Die Pacht, die der VfL künftig an die Stadt zahlen müsste, wird doch im Fall von weiteren finanziellen Schwierigkeiten des Vereins vermutlich das Erste sein, was gestundet oder erlassen wird. Und was geschieht mit einem Stadion, das inmitten eines Wohngebiets liegt und so ausschließlich für Fußball genutzt werden kann? Konzerte und ähnliche Großveranstaltungen, die wie in anderen Fußballstadien (sogar im beschaulichen Meppen) zusätzliche Einnahmen generieren könnten, sind hier von vornherein ausgeschlossen.
Die Frage, die sich hier unweigerlich stellt, ist: Wird hier mit zweierlei Maß gemessen? Wo bleiben die Prioritäten? In einer Stadt, die dringend Mittel für Schulen, Kitas und die Sanierung kultureller Einrichtungen wie des Theaters benötigt (nochmals: das Theater ist eine städtische Einrichtung, die Beschäftigten dort sind bei der Stadt angestellt!), sollte der Einsatz von Steuergeldern gut überlegt sein. Es ist nicht nur unverantwortlich, sondern auch ein falsches Signal, wenn ein privatwirtschaftliches Unternehmen wie der VfL Osnabrück auf Kosten der Allgemeinheit gestützt wird, während öffentliche Einrichtungen um ihre Finanzierung bangen müssen.
Die Bremer Brücke darf nicht zur Brücke in eine Zukunft werden, in der öffentliche Gelder leichtfertig und ohne Weitsicht verteilt werden. Dass der VfL Osnabrück rund 60 Millionen Euro in die Stadt spülen soll, kann nicht der ausschlaggebende Punkt sein, um in die Stadion-Sanierung zu investieren. Andere Unternehmen spülen auch nicht wenig Geld in die Stadt, würden solch eine finanzielle Unterstützung aber niemals erleben. Zumal es nicht das erste Mal ist, dass die Stadt das VfL-Missmanagement finanziell unterstützt. Aber letztendlich ist es im Falle der Bremer Brücke „König Fußball“, über den wir hier reden. Ohne den geht in Deutschland ja bekanntlich nichts.
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