Das Thema Leysieffer lässt unsere Redaktion nicht los, inzwischen stellt Dieter Metz, der das Osnabrücker Traditionsunternehmen in seine inzwischen vierte Insolvenz in fünf Jahren geführt hat, sich selbst in einem Zeitungsinterview als Opfer dar – in seinem Kommentar widerspricht HASEPOST-Herausgeber Heiko Pohlmann dieser Darstellung deutlich!
Dass dieser Artikel nun ein Kommentar geworden ist, hätte der Verfasser bis vor Kurzem selbst nicht gedacht. Doch leider wird inzwischen richtig „höllisch“, was über Jahrzehnte als „himmlisch“ das Markenzeichen der Firma Leysieffer war.
Ein Kommentar von Heiko Pohlmann
Beginnen wir diesen Kommentar also mit dem Wort „eigentlich“.
Eigentlich hätte an dieser Stelle ein eher kompakter Artikel stehen sollen, für den unter dem Arbeitstitel „Neue Ungereimtheiten im Insolvenzfall Leysieffer“ schon ein paar Stichworte in meinem Notizbuch standen.
Ich hätte wohl nochmals darauf hingewiesen, dass es doch sehr seltsam ist, dass nach Recherchen eines Mitarbeiters unserer Redaktion auf dem Insolvenzantrag, der erst am 30. September eingereicht wurde, das Datum vom 23. September gestanden haben soll. Das Ganze hier im Konjunktiv, weil wir selbstverständlich im Sinne guter journalistischer Handwerkskunst denjenigen, der es wirklich wissen sollte, weil er das Datum auf das Schreiben gesetzt haben muss, also Dieter Metz, um eine Bestätigung und Stellungnahme gebeten haben – die nicht kam.
Was passierte also zwischen diesen Daten – dem Antragsdatum und der tatsächlichen Einreichung beim Amtsgericht Osnabrück? Wunderbarerweise – und manch ein Betrachter mag auch „seltsamerweise“ denken – wechselte der Geschäftsführerposten der Leysieffer Genusskultur GmbH gemäß Handelsregister am 26. September zu Dieter Metz von vormals Carsten Münch, dessen Name etwas weiter unten nochmals in Erscheinung treten wird. Auch zum Tag der tatsächlichen Bearbeitung des Insolvenzantrags beim Amtsgericht, kommen wir später noch.
Was allerdings in den letzten Tagen des Septembers weiterhin nicht passierte: die Zahlung der ausstehenden Gehälter an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nicht nur für den Monat September, sondern auch weiterhin nicht für den immer noch nicht bezahlten Monat August.
Ernsthaft? Es gab bis zur Leysieffer-Insolvenz lediglich “Gerüchte”?
Dass Leysieffer seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht bezahlte, hatte unsere Redaktion bereits Anfang September aufgedeckt und berichtet (was übrigens trotz mehrfacher Anfragen an Dieter Metz von diesem ebenfalls nicht kommentiert wurde).
Kurios mutet vor diesem Hintergrund an, wenn die Neue Osnabrücker Zeitung knapp einen Monat später (hinter Paywall) unter dem schon seltsam klingenden Titel »Leysieffer-Chef Dieter Metz: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen“« dazu schreibt:
„Bereits seit mehreren Wochen und Monaten gibt es Gerüchte und Vermutungen, dass es um den Pralinenhersteller nicht gut bestellt ist.“
Ernsthaft? Es gab „Gerüchte“? Nun ja, so kann man es auch ausdrücken, und man muss als Leiterin des Wirtschaftsressorts der NOZ wohl Literaturwissenschaften studiert haben, um vor dem Hintergrund inzwischen lange feststehender Fakten daraus lediglich „Gerüchte“ zu machen. Nur ist das hier ‘echtes (Wirtschafts-)Leben’ und kein Roman! Aber es gibt ja inzwischen nicht nur fachfremde Wirtschaftsjournalisten, sondern auch einen in seinem Ministerium von fachlichem Hintergrundwissen befreiten Kinderbuchautor, der ebenfalls eine etwas eigentümliche Erklärung für die Hintergründe von Insolvenzen hat. Frei umformuliert: Sie produzieren einfach nicht mehr oder sie bezahlen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht.
Angesichts derart wohlwollender Betrachtung von dem, was man auch als „den Laden vor die Wand gefahren“ viel trefflicher bezeichnen könnte, zeigt sich Leysieffer-Investor und Geschäftsführer Dieter Metz gegenüber der so freundlich formulierenden Kollegin plötzlich seltsam mitteilsam: „Bis zum 30. September sei er zuversichtlich gewesen, eine Finanzierung zu finden. ‚Die Chancen waren groß‘, sagt Metz. Es habe Gespräche mit Banken und Kreditinstituten gegeben, unter anderem der KfW-Bank. Auch ein Unternehmen aus der gleichen Branche habe signalisiert, bei Leysieffer mit einsteigen zu wollen.“
Na, da fragt man sich aber schon, was an dem „Gerücht“ dran sein mag, dass der Insolvenzantrag angeblich bereits mit dem Datum „23.09.“ versehen war? Und warum Metz sich nicht vordringlich erstmal um die Bezahlung seiner Mitarbeiter kümmerte?
Bereits Wochen vorher intern die Insolvenz in den Raum gestellt
Hier wäre aber auch die Frage geboten, wieso denn ein leitender Mitarbeiter bereits Anfang September in einer E-Mail an die Belegschaft Folgendes schreiben konnte: „Wenn diese Zahlung heute nicht beschlossen wird, ist Dieter gezwungen, unverzüglich Insolvenz anzumelden.“ Diese Mail, über die unsere Redaktion exklusiv berichtete, beschäftigte sich mit einer angeblich ausstehenden Forderung gegenüber dem Vorbesitzer Zeitfracht, wegen der die August-Zahlungen an die Mitarbeiter ausgeblieben sein sollen.
Nochmals für alle, die hier jetzt nicht mitgekommen sind, die Ereignisse im Ablauf:
- Zweite Septemberwoche: Ein leitender Mitarbeiter kündigt in einer unserer Redaktion vorliegenden E-Mail entweder Gehaltszahlung oder die „unverzügliche“ Anmeldung der Insolvenz an, falls eine ausstehende Forderung von Vorbesitzer Zeitfracht nicht bezahlt wird. Nichts passiert daraufhin.
- 23.09.: Das Datum, mit dem nach unbestätigten „Gerüchten“ (Dieter Metz schweigt dazu) der Insolvenzantrag datiert sein soll.
- 26.09.: Carsten Münch wird als Geschäftsführer abberufen, Dieter Metz wird neuer Geschäftsführer der Leysieffer Genusskultur GmbH.
- 30.09.: Insolvenzantrag wird gestellt.
Ein diplomierter Kaufmann, der keinen korrekten Insolvenzantrag stellen kann?
Und es geht mit einer weiteren Kuriosität weiter. Der Insolvenzantrag vom 30.09. konnte erst am 02.10. beim Amtsgericht bearbeitet werden. Warum kam es zu der Verzögerung über das Wochenende und den Monatswechsel hinaus? Angeblich sollen die eingereichten Unterlagen unvollständig gewesen sein.
Ja, wie kann denn so etwas passieren? Dieter Waldemar Metz ist doch angeblich Diplom-Kaufmann und soll auch „in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung gearbeitet“ haben, das jedenfalls berichtete ein lokales Anzeigenblatt anlässlich der Kandidatur von Metz für das Bürgermeisteramt der Gemeinde Timmendorfer Strand im Jahr 2018.
Ein Insolvenzantrag kann grundsätzlich formfrei abgegeben werden, eine beizufügende Gläubigerliste spuckt jedes Buchführungsprogramm auf Knopfdruck aus. Und ausgerechnet jemandem mit so einem beruflichen Hintergrund und Erfahrung, auch bei einigen anderen Firmenpleiten, passiert so etwas? Und dann auch noch ganz zufällig nicht nur über das Wochenende, sondern auch über den Monatswechsel? Zufälle gibt´s … Und der, der es wissen müsste und erklären könnte, antwortet auch hier nicht auf Nachfrage unserer Redaktion.
Der oben erwähnte Ausflug von Dieter Metz in die Politik wurde übrigens auch zu einer ‚Pleite‘. Mit lediglich 7,5 Prozent der abgegebenen Stimmen flog der partei- und glücklose Metz mit deutlichem Abstand zu seinen Mitbewerbern bereits in der ersten Wahlrunde aus dem Rennen.
Ursprünglich Dieter Krajewski: Dieter Metz wechselte seinen Nachnamen
Ansonsten ist über die Hintergründe von Dieter W. Metz nicht viel herauszufinden. Das Handelsregister beim Amtsgericht Lübeck gibt immerhin Auskunft darüber, dass Metz im Dezember 1960 unter dem Familiennamen Krajewski geboren wurde. Recherchen zu seiner Person werden so nicht einfacher, zumal es einige Namensdoppelgänger mit dem Namen “Dieter Metz” gibt.
Unter dem jetzt aktuellen Nachnamen “Metz” finden sich ein paar Fundstücke im Netz, über die unsere Redaktion teils bereits direkt nach der Übernahme der Leysieffer Genusskultur GmbH durch die erst wenige Tage zuvor, am 28.06.2023, mit einem Stammkapital von lediglich 1.000 Euro ins Handelsregister eingetragene „Holstein Schoko UG (haftungsbeschränkt)“ berichtete.
Die Auflistung von Details und aller Unternehmen, die unter der Führung oder Beteiligung von Dieter Metz in die Insolvenz gerieten, würde diesen Kommentar allerdings sprengen. Verwiesen sei hier nur auf die Pleiten der Firmen Reno (ebenfalls Osnabrück) und McTrek, wobei bei letzterer Firma auch Ex-Leysieffer-Geschäftsführer Carsten Münch und Ex-Leysieffer-Eigentümer Zeitfracht involviert waren. Zufälle gibt´s …
Metz beklagt Krankenstand und Kündigungen – und zahlt gleichzeitig Gehälter nicht
Und nun wieder zurück zu Leysieffer und zu den aktuellen Ereignissen. Während Dieter Waldemar Metz, gebürtiger Krajewski, auf mehr als ein halbes Dutzend Nachfragen unserer Redaktion nicht reagierte, diktierte er der freundlichen Kollegin der NOZ – ohne Widerspruch und Nachfrage – auch folgendes ins Redaktionssystem:
„In Schieflage geraten sei das Unternehmen unter anderem, weil das Bistro auf Sylt in den vergangenen Wochen geschlossen war. […] Sylt war geschlossen, weil Mitarbeiter gekündigt und trotz intensiver Bemühungen, so Metz, kein Personal gefunden werden konnte. […] Hinzu kam ein hoher Krankenstand und auch ein paar Kündigungen in der Produktion.”
Tja, wie konnte das nur passieren? Vielleicht weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Deutschlands teuerster Insel sich vielleicht gerade noch den Gang zu Fuß zum Arzt leisten konnten, aber nach zwei nicht ausgezahlten Monatsgehältern – mit entsprechenden psychischen Folgen (Existenzangst, Verschuldung …) – nicht auch noch weiterhin gute Miene machen wollten beim Ausschenken von Champagner, dem Servieren von Krabbencocktails und dem Verkauf von Eiskugeln zum Stückpreis von 3 Euro?
Kein Wunder, dass da auch einige Mitarbeiter gekündigt haben und niemand bereitstand, bei einem Unternehmen, dass seine Mitarbeiter nicht bezahlt, eine neue Stellung anzutreten.
Investor Metz von Leysieffer-Mitarbeitern bestohlen?
Das hätte man alles nachfragen können, wenn sich Dieter Metz telefonisch zu Wort meldet – hat man aber bei den geschätzten Kollegen der NOZ nicht. Stattdessen treibt Dieter Metz die von vielen Beobachtern vor den oben geschilderten Hintergründen wohl als „Victim Blaming“ (Täter-Opfer-Umkehr) verstandene Rechtfertigung seiner neuesten Pleite unwidersprochen fort – unwidersprochen.
So sollen „Mitarbeiter schwere Fehler gemacht oder etwas in die eigene Tasche gesteckt haben“. Tja, der gute Herr Metz, der immer selbstlos zur Stelle ist, um in Schieflage geratene Unternehmen zu retten. Leider schon wieder erfolglos, weil der Krankenstand vor dem Hintergrund nicht gezahlter Löhne und Gehälter in die Höhe ging und er dann womöglich auch noch beklaut wurde … Der Firmenretter aus dem Norden ist also unter die Räuber geraten? Zufälle gibt´s …
Spannend wird wohl die Anzeige wegen Insolvenzverschleppung
A propos Mitarbeiter: Gleich mehrere Angestellte sollen noch vor der Abgabe des Insolvenzantrags eine Strafanzeige wegen Insolvenzverschleppung gestellt haben (auch darüber berichtete unsere Redaktion zuerst). Möge die Staatsanwaltschaft doch bitte entscheiden, wer hier Opfer und Täter ist. Mir scheint, es gibt noch einiges aufzuarbeiten, was zwischen Juli und Oktober bei Osnabrücks einstiger Perle Leysieffer passierte.
Unsere Redaktion bleibt selbstverständlich dran und wird weiterhin kritisch berichten!