Über den Osnabrücker Güterbahnhof ist schon viel geschrieben worden – der Bundesgerichtshof und das Oberverwaltungsgericht Lüneburg haben jüngst zwei neue Kapitel zu dieser scheinbar unendlichen Geschichte hinzugefügt.
So bekommt die Stadt nun ein paar für die Sanierung der Eisenbahnbrücke an der Hamburger Straße fehlende Quadratmeter vom Eigentümer, der 3G Group (vormals Zion GmbH).
Und der von Stadtbaurat Frank Otte über Jahre verschleppte Bebauungsplan 370, der bislang die Nutzungsmöglichkeiten des riesigen Geländes (halb so groß wie der Vatikan) massiv einschränkte, wurde gekippt. Nach jahrelangem Stillstand könnte auf der städteplanerisch wertvollen Fläche doch noch ein Mischgebiet entstehen, vielleicht sogar mit Wohnbebauung.

AFP

Rat und Verwaltung wollten Grundstücksnutzung blockieren

Gerade das letzte Urteil bedeutet für die Stadt Osnabrück viel Ungemach, denn eigentlich war der Bebauungsplan 370 als „Verhinderungsplan“ gedacht. Ein strategisches Druckmittel um sich trotzig gegen die Pläne der Eigentümer zu stellen, die ihr Investment in einer Niedrigzinsphase zu Geld machen wollten.
Weil vor allem der SPD und den Grünen – und damit auch dem mit grünem Parteibuch ausgestatteten Stadtbaurat – so viel Geschäftssinn und auch die enge Verbindung  des Geschäftsführers Ralf Gervelmeyer zur freichristlichen Gemeinde Lebensquelle missfiel, suchte man die Konfrontation. Diese mündete in einem Bebauungsplan, der ein Filetstück der Stadtentwicklung unbrauchbar machen sollte und der fremdes Eigentum dreist zu „Vorratsflächen“ herabqualifizierte.

Größenvergleich Vatikan vs Güterbahnhof Osnabrück
So groß ist die Fläche des alten Osnabrücker Güterbahnhofs

Kleingeister gegen Geschäftsleute

Letztlich waren es Machtspielchen von ideologisch verbrämten Kleingeistern auf der einen Seite des Verhandlungstisches und von knallhart kalkulierenden Investoren, die zu dieser Situation führten. Man mochte sich auf beiden Seiten nicht und oft ging es zwischen beiden Parteien nur noch darum sich gegenseitig eins auszuwischen. Das für die Brückensanierung fehlende Grundstück, das die 3G Group nicht herausgeben wollte, war selbstverständlich eine Retourkutsche für den bösartig formulierten Bebauungsplan eines Stadtbaurats, der schon lange nicht mehr zwischen eigener Meinung und dem Wohl der Stadt zu unterscheiden vermag.
Gut, dass ordentliche Gerichte jetzt für Klärung gesorgt haben – schade, dass dadurch viel Zeit unnütz verstrichen ist.

Was die Verantwortlichen in Stadtverwaltung und Politik vermutlich bis heute nicht verstanden haben: Die 3G Group hat weiterhin alle Zeit der Welt und kann auch in Zukunft so weitermachen. Das billig gekaufte Grundstück ist in seiner Gesamtheit bereits durch den Weiterverkauf des ehemaligen Abfertigungs- und Verwaltungsgebäudes bezahlt – die kleinen Scharmützel mit Politik und Verwaltung belasten allenfalls die Portokasse und kosten nur ein wenig Zeit.

Dass – vielleicht unter einer anderen politischen Führung – die Stadt am Ende das Gelände kaufen wird, darf als ausgemacht gelten. Spätestens wenn die Eigentümergesellschaft am freien Markt einen Käufer findet, wird die Verwaltung jeden Preis bezahlen und ihr inzwischen eingerichtetes Vorkaufsrecht ausüben.

Jetzt endlich kaufen: Billiger wir es nicht!

Was die Verantwortlichen in Stadtverwaltung und Politik aber hoffentlich verstehen: Billiger wird es nicht!
Nun, da das OVG die Nutzungsmöglichkeit als „Mischgebiet“ wieder in greifbare Nähe gerückt hat, dürfte sich der potentielle Verkaufspreis wieder ordentlich nach oben bewegen und es besteht tatsächlich das „Risiko“, dass die 3G Group einen Käufer präsentiert.

Dass die Stadt ein riesiges Interesse hat in eigener Regie, zum Beispiel im Rahmen eines städtebaulichen Wettbewerbs, Wohnraum und Gewerbeflächen zu entwickeln, macht es kaum noch verständlich, warum nicht längst wieder über einen Kauf verhandelt wurde.
Übrigens auch, weil der Stadt seit 2013 der alte Ringlokschuppen gehört, für den 2 Millionen Euro ausgegeben wurden und für den der Stadt immer noch keine Nutzung eingefallen ist – auch weil man vergessen hat eine zur Erschliessung notwendige Zuwegung zu kaufen.

Ringlokschuppen Osnabrück, alter Güterbahnhof
Liegt noch im Dornröschenschlaf: der Ringlokschuppen am alten Güterbahnhof.

Schinkel und Neustadt brauchen Impulse, Gewerbe und Wohnungen

Dabei gehört es doch zu den Mantren, der Lokalpolitik, dass Osnabrück Gewerbeflächen fehlen, dass Baugrundstücke dringend benötigt werden und dass sowohl Schinkel wie Neustadt städtebauliche und soziale Brennpunkte sind, die neue Impulse brauchen.
Was also läge da näher als das riesige Güterbahnhofgelände zu nutzen um die oben genannten Problemfelder aktiv anzugehen?

Ja, das wird teuer! Deutlich teuerer als die nahezu lächerlichen 2,7 Millionen Euro, für die sich vor acht Jahren die Deutsche Bahn von dem Filetstück trennte. Und mit Sicherheit wird es auch nochmals teurer als die 7 Millionen Euro, die 2011 zur Diskussion standen. Nach Informationen unserer Redaktion hat sich der im Raum stehende Preis seither inzwischen mehr als verdoppelt. Billig einkaufen, teuer verkaufen – so funktioniert Wirtschaft.

Das Geld ist (noch) billig, die Kassen gefüllt

Die Kassen der Stadt sind unerwartet gut gefüllt und noch(!) ist Geld am Kreditmarkt billig. Billiges Geld ist wichtig, wenn es darum geht, das Grundstück sinnvoll zu bebauen.
Will die Stadt wirklich warten, bis Kredite wieder teurer werden und neue Arbeitsplätze und Wohnungen dann durch ein ungünstiges wirtschaftliches Klima ausgebremst werden?

Es wäre jetzt an der Zeit endlich wieder den Weg an den Verhandlungstisch zu suchen und über einen Kauf des Areals zu verhandeln. Der inzwischen aus dem Rat der Stadt ausgeschiedene ehemalige Grüne Ratsherr Michael Florysiak hatte genau das bereits 2016 angeregt, verbunden mit dem Vorschlag, die bisherigen Verhandlungspartner auf beiden Seiten durch „unverbrauchte Vertreter“ auszutauschen.

Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, so wie vor einem Jahr oder vor zwei Jahren. Wenn eines gewiss ist: Nächstes Jahr wird der Kaufpreis nochmals teurer!

…meint Heiko Pohlmann