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Kommentar: Anmerkungen zum VfL Osnabrück, seinem Trainer und der aktuellen Situation

Der VfL Osnabrück ist ein Traditionsverein, der in seiner Stadt und weit darüber hinaus große Sympathien genießt. Seit meiner Kindheit gehört er zu den erfolgreichsten Fußballvereinen in Norddeutschland, auch wenn er seit Bestehen der Bundesliga nie in der Eliteliga gespielt hat. Die Lila-Weißen erfreuen sich landauf, landab einer seit Jahrzehnten anhaltenden Beliebtheit beim fußballerischen Publikum, auch über die Region hinaus. Er muss ohne die Unterstützung von Groß-Sponsoren auskommen. Die sportlichen Erfolge des VfL Osnabrück sind, an den Meriten der führenden Fußballvereine in Deutschland gemessen, überschaubar. Und dennoch war und ist der Hexenkessel an der Bremer Brücke von jeher für jeden Gegner, der dort anzutreten hat, ein gefürchteter Ort.

Ein Kommentar von Hermann Schmidt

Die zurückliegende Saison begann vielversprechend. Unter Trainer Marco Grote konnte das Team des VfL nach der Hinrunde einen respektablen Platz in der Zweitligatabelle erreichen. Dann, nach dem Sieg in Kiel, ging es bergab. In der Winterpause wurden lediglich zwei neue Spieler geholt, von denen einer wochenlang verletzt war, und ein weiterer über den Status eines Ergänzungsspielers nicht hinauskam, während andere Vereine aus der unteren Tabellenhälfte kräftig aufrüsteten. Die Versäumnisse der Vereinsführung und der sportlich Verantwortlichen beim VfL Osnabrück wurden nun auch auf dem Platz und in den Ergebnissen sichtbar.

Mit jeder neuen Niederlage nahm die Kritik an Trainer Marco Grote zu. Schließlich wurde er interimsweise ersetzt. Dann folgte die Berufung von Markus Feldhoff als Cheftrainer. Als er übernahm, schwebte bereits das Abstiegsgespenst über der Bremer Brücke. Der neue Trainer musste mit den Spielern auskommen, die die Entscheidungsträger im Kader zusammengestellt hatten. Für Beobachter des Geschehens lag auf der Hand, dass der Klassenerhalt angesichts der individuellen „Qualität“ zahlreicher Spieler im Team des VfL zu einer Herkulesaufgabe werden würde. Markus Feldhoff war (und ist) um seine Aufgabe wahrlich nicht zu beneiden. Nicht nur, dass ein körperlich starker „Brecher“ im gegnerischen Strafraum fehlte, nein, dem einen oder anderen Defensivspieler mangelte es auch an Spritzigkeit und Schnelligkeit in den Duellen mit quirligen Gegnern auf den Außenbahnen. Das Aufbauspiel war in den verlorengegangenen Spielen allzu oft von Fehlpässen geprägt, das Pressen in der Rückwärtsbewegung setzte zu spät ein, und lange Zeit in der Rückrunde war die Mannschaft zu defensiv eingestellt.

Feldhoff nicht alleine schuld an Misere

Dass der VfL Osnabrück den Relegationsplatz noch erreichen könnte, wurde vor ein paar Wochen von vielen Fans des Vereins bezweifelt. Mit etwas mehr Konstanz in den Leistungen, so wie sie in Würzburg und gegen den HSV gezeigt wurden, wäre es möglich gewesen, sich vorzeitig den Klassenerhalt zu sichern. Das gelang nicht. Und das Hinspiel in der Relegation gegen den Drittligisten Ingolstadt offenbarte noch einmal schonungslos alle Schwächen des VfL an schlechten Tagen, von denen es in der Rückrunde so viele gab.

Dem Trainer Markus Feldhoff nun die alleinige Schuld für die aktuelle Situation und den kaum noch vermeidbaren Abstieg in die dritte Liga zuzuweisen, greift zu kurz. Im Fußball ist es üblich, den Trainer für jeden Misserfolg, jede Niederlage in die Verantwortung zu nehmen. Entscheidungen des Trainers darf man kritisieren, aber Niederlagen oder ein Abstieg geben niemandem das Recht einem Menschen die Würde zu nehmen. Auch im Fußball nicht.

Genau das geschieht aber nun in den sozialen Netzwerken und Fan-Foren auf eine Art und Weise, die für einige Zeitgenossen keine Grenzen kennt. Je geringer die Kenntnisse der Rechtschreibung und der Schriftsprache in den im Netz dargestellten Äußerungsformen zu sein scheinen, umso hemmungsloser und derber geraten die Beleidigungen, der Spott und die Schmähungen gegenüber dem Trainer und einzelnen Spielern.

Fußballwunder am Sonntag?

Jeder, der einmal selbst Fußball gespielt hat weiß, dass die Wirkung eines Trainers nicht davon abhängig ist, ob er die Hände in den Hosentaschen hat oder wie ein Rumpelstilzchen an der Seitenlinie herumpoltert, und ob er in Mimik und Gestik der Erwartungshaltung des Publikums gerecht wird.

Das Training, die Aufstellung, die Taktik, Ein- und Auswechslungen, dies alles kann und darf ein Fan eines Vereins sachlich kritisieren. Ironie muss dabei nicht ausgespart sein.
Die Art und Weise aber, in der von einem Teil des VfL-Anhangs mit Markus Feldhoff und der Mannschaft umgegangen wird, lässt Anstand und Menschlichkeit vermissen. Leider unterscheiden sich solche „Fans“ des VfL nicht von ebensolchen in anderen Vereinen. Es ist, wie es ist, und das ist schade.

Auch wenn ich nicht an Wunder glaube: Trainer Markus Feldhoff, seinem Team und den Fans des VfL, die sich ihren Anstand bewahrt haben, wünsche ich am kommenden Sonntag ein Wunder. Und das von ganzem Herzen.

Titelbild: Maurice Trapp , Trainer Markus Feldhoff, Lukas Gugganig und Bashkim Ajdini, Foto: IMAGO / Ulrich Hufnagel


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Hermann Schmidt
Hermann Schmidt
Hermann Schmidt beobachtet den Fußball an der Hase von der Elbe aus. In Hamburg war der gebürtige Hesse lange Zeit als Verlagsmanager tätig. Zwanzig Jahre lang hat er selbst gespielt, in der Jugend als Stürmer und danach als Vorstopper in seiner Heimat und beim BFC Südring (Berlin). Schmidt ist Autor zahlreicher Fußballbücher und Biografien. Die Buchveröffentlichungen „Legenden des FC St. Pauli“ und „Männer trinken kein Fanta“ sind im Jahr 2020 erschienen. Zu seinen Lieblingsclubs gehören neben dem VfL auch Holstein Kiel, der FC St. Pauli und der 1.FC Köln.

  

   

 

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