Der Hochbunker am Osnabrücker Hauptbahnhof. / Foto: Heiko Pohlmann
Millionen Ukrainer sitzen derzeit in Folge des russischen Angriffskrieges auf das osteuropäische Land in Luftschutzbunkern fest, täglich heulen Sirenen zur Warnung der Bevölkerung. Auch wenn ein Krieg in Deutschland noch weit entfernt scheint, stellt sich die Frage: Wie gut wären eigentlich die Bürgerinnen und Bürger der Friedensstadt Osnabrück vor dem „Worstcase-Szenario“ oder einer anderweitigen Katastrophe geschützt?
Während die deutsche Bundeswehr mit einem 100 milliardenschweren Sondervermögen auf Vordermann gebracht werden soll, lohnt sich zur Beantwortung der Frage, ob Osnabrück für den Ernstfall gewappnet wäre, ein Blick auf die Luftschutzbunker und das Sirenenwarnsystem in Osnabrück. Und um die Antwort vorwegzunehmen: Weder über aktive Bunker, noch über funktionierende Sirenenanlagen verfügt die Hasestadt aktuell.
In vier Jahren weniger als 50 Prozent der geplanten Sirenen montiert
Über den derzeitigen „Sachbestand zum Aufbau eines Sirenenwarnnetzes in der Stadt Osnabrück“ informiert die Stadt selber in einem dreiseitigen PDF-Dokument: Zwar beschloss der Stadtrat bereits am 7. November 2017 als Ersatz für veraltete und deinstallierte Sirenenanlagen den Aufbau eines Sirenenwarnnetzes zur Warnung der Osnabrücker Bevölkerung, aber: „Mit Stand vom 13.01.2022 sind erst zwölf der 27 beauftragten Sirenenanlagen montiert worden.“ Einsatzfähig sind diese zwölf Sirenen damit allerdings noch nicht, denn „die für eine Auslösung der Sirenen erforderliche Infrastruktur wurde vom Auftragnehmer noch nicht funktionsfähig installiert, so dass die bereits montierten Anlagen derzeit nicht durch die Regionalleitstelle angesteuert werden können.“
Zwar sei die Situation für die Stadt als Auftraggeber selber „hochgradig unbefriedigend“, zugleich jedoch „sachlich erklärbar“. Für die inzwischen über vierjährige Laufzeit des Projekts gebe es drei Gründe: Erstens sei ein Sirenennetz hinsichtlich der Planung und dem anschließenden Bau insgesamt ein „Nischenprodukt“ und der Abruf von fertigen Sirenen aus einem Lager nicht möglich. Außerdem komme es aufgrund eines speziellen Vergabeverfahrens an Unternehmen zu erheblichen Lieferzeiten. Zweitens habe sich die Suche nach geeigneten Standorten unerwartet schwierig gestaltet, „da der
Plan, ausschließlich städtische Liegenschaften für den Aufbau der Sirenenanlagen vorzusehen, aufgrund der schalltechnischen Notwendigkeiten nicht umsetzbar war.“ 15 der 27 Anlagen werden daher auf Liegenschaften installiert, die nicht im städtischen Besitz sind. Und drittens sei auch die Corona-Pandemie einen verzögernder Faktor.
Können Osnabrücks Bunker reaktiviert werden?
Für den weiteren Schutz der Bevölkerung im Falle eines kriegerischen Angriffs ist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zuständig. Aktive öffentliche Schutzräume wie Luftschutzbunker gibt es nach Informationen des Bundesamts in Deutschland gar nicht mehr. Hintergrund ist, dass Bund und Länder im Jahr 2007 beschlossen haben, öffentliche Schutzräume nicht weiter zu erhalten. Der Grund nach dem BKK: „Mit dem Fall der Mauer und der Beendigung des Ost-West-Konflikts schien das Szenario eines konventionellen Krieges mit großflächigen Bombardierungen und dem Einsatz chemischer und nuklearer Waffen nicht mehr zeitgemäß.“
Ein Sprecher der Stadt Osnabrück schließt sich den Informationen des Bundesamts an und erläutert die Situation um die Osnabrücker Bunker wie folgt: „Die Bunker wurden nach dem Mauerfall vom Bund verkauft und befinden sich jetzt in Privatbesitz. Die bestehenden Luftschutzstollenanlagen im Stadtgebiet sind im 2. Weltkrieg nie vollständig ausgebaut worden und daher als Schutzraum nicht nutzbar.“
Verhaltenshinweise und Smartphone-Apps statt Bunker und Sirenen
Als “moderner Sirenenersatz“ fungieren in Zeiten mobiler Endgeräte zahlreiche Smartphone-Apps. Die wichtigsten sind hierbei die Apps NINA und KatWarn, die für alle gängigen Betriebssysteme zur Verfügung stehen und von den Katastrophenschutzbehörden bedient werden. Hier gibt es u.a. auch Warnungen bei Unwetterereignissen. Aus Sicht des Zivilschutzes stellt auch der öffentliche Rundfunk eine tragende Säule dar. Empfohlen wird deshalb, ein batterie- oder akkubetriebenes Radio bereit zu halten. Auch auf der Internetseite der Stadt Osnabrück würden im Katastrophenfall Informationen zur Verfügung stehen. Außerdem gibt das Bundesamt auf seiner Internetseite zahlreiche Verhaltenshinweisen, was im Katastrophenfall getan werden kann und welche Vorkehrungen durch jeden Einzelnen getroffen werden können (z. B. Vorratshaltung oder der Schutz im eigenen Haus).