Der interessanteste Vorschlag von Michael Florysiak kam erst in seinem abschliessenden Plädoyer, doch da hatte sich die „Regenbogenkoalition“ schon auf ein „Nein“ festgelegt.
„Warum können alle Beteiligten nicht die Führungsmannschaft austauschen“, fragte der ehemalige grüne Stadtrat, und meinte damit nicht ein Absetzen des Oberbürgermeisters von seinem Amt, wie ein Zwischenrufer unkte.
Die erst spät in der Debatte eingebrachte Idee von Michael Florysiak: Sowohl die Stadtverwaltung als auch die Zion GmbH und der Lebensquelle e.V. könnten doch bislang unverbrauchte Vertreter an einen „Runden Tisch“ schicken; also nicht die bekannten Kontrahenten Stadtbaurat Frank Otte und Ralf Gervelmeyer. „In der freien Wirtschaft“ sei das üblich, so der als Unternehmensberater tätige Kommunalpolitiker.
Droht der Stadt bei einer harten Haltung ein Prozessrisiko?
Schon zu Beginn der Debatte hatte Florysiak darauf hingewiesen, dass Gespräche nichts kosten. Wenn Stadt und Zion GmbH sich aber in den kommenden Jahren fortlaufend vor Gericht treffen werden, würden die Bürger, so Florysiak, einem „nicht absehbaren Prozessrisiko“ ausgesetzt.
Diese Prozesse werden riskiert, so der Antragsteller, weil Teile der Politik und der Verwaltung aus ideologischen Gründen den Aufbau einer Kirchengemeinde verhindern wollen.
Hus (SPD): „Mit solch einem Gesprächspartner führen wir keine Gespräche“
Urich Hus, der als fachpolitischer Sprecher der SPD für Stadtentwicklung verantwortlich zeichnet, sieht in neuerlichen Gesprächen ein „fatales Signal mit entsprechenden Konsequenzen“, da die Veränderungssperre im September ausläuft. Auch gäbe es wohl kein Gebiet über das mehr Gespräche geführt wurden, so Ulrich Hus.
Zu Gesprächen an einem Runden Tisch gehört Vertrauen. Da aber die Lebensquelle, als ein Eigner von Teilen des Güterbahnhof-Geländes, erst kürzlich sowohl gegenüber dem Bundespräsidenten als auch dem niedersächsischen Ministerpräsidenten in einem Schreiben von einer Christenverfolgung durch Teile der Politik und der Verwaltung gesprochen.
„Das finde ich unerträglich. Mit solch einem Gesprächspartner führen wir keine Gespräche, bis das aus der Welt ist“, so der SPD-Stadtrat abschliessend.
Brickwedde (CDU): Stadt braucht die Gewerbeflächen
Dr. Fritz Brickwedde (CDU) verwies in seinem Redebeitrag, dass die Stadt das Ziel habe bis 2020 3.000 Wohneinheiten auszuweisen und gleichzeitig die Zahl der Gewerbeflächen zu erhöhen. Die Verwaltung habe aber nur drei Flächen von einer für Gewerbe relevanten Größe ermitteln können, so Brickwedde, „der Güterbahnhof gehört dazu“, und weiter: „Der entscheidende Punkt ost, dass wir die Stadt mit ihrem Planungsrecht haben und den Eigentümer mit ihrem Eigentumsrecht“.
Der CDU-Fraktionschef teilte die Sorge von Michael Florysiak, dass sich diese beiden Parteien über Jahre vor Gericht blockieren können. „Das können wir uns aus Sorge um die Osnabrücker und die Arbeitsplätze nicht leisten“, so Brickwedde.
Emotionen und Verletzungen identifizierte Fritz Brickwedde auf beiden Seiten. „Es darf keinen Stillstand am Güterbahnhof geben!“ Ob man das nun „Runder Tisch“ nennt oder „Verhandlungen im Kleinen Kreis“ sei letztlich egal: „Wir sollten weiterreden, bis wir eine Lösung haben“.
Mierke (UWG): Keine Gespräche „auf Augenhöhe“ mehr möglich
Für die UWG erklärte Wulf-Siegmar Mierke, ihm sei wichtig, wenn er sich mit jemanden unterhalte, dass dies „ehrlich, offen und auf Augenhöhe“ passiere.
Natürlich solle man immer miteinander Sprechen, man sei aber „an einer Position angelangt, wo wir nicht mehr miteinander sprechen können“, so Mierke, und weiter: „Wenn jemand meint gegen uns planen zu wollen, dann soll er es tun. Irgendwann ist das Fass übergelaufen, für mich ist das Fass übergelaufen“, daher mache es auch keinen Sinn einen runden Tisch einzurichten.
Thiele (FDP): Stadtrat darf sich nicht spalten lassen
Dr. Thomas Thiele (FDP) ging in seinen Redebeitrag den Antragsteller Florysiak direkt an: „Das Du Michael so einen Antrag stellst, finde ich daneben“, und weiter „Wer uns Christenverfolgung unterstellt beleidigt den Rat!“
Die Verwaltung habe den Eigentümern Alternativen aufgezeigt, und die müssen auch diskutiert werden können, so der FDP-Politker.
„Wenn wir nicht geschlossen auftreten, glaubt ein Investor er können den Rat spalten um seine Interessen durchsetzen zu können, und das sei nicht im Interesse der Stadt Osnabrück“, beendete Thiele seine Absage an weitere Gespräche.
Cheeseman: „die Petersburg nicht über die Klinge springen lassen“
Der parteilose Christopher Cheeseman erkannte, dass es tatsächlich ein Trauerspiel sei, in dem jeder seine Rollen besetzt, die er nicht verlassen will. Dem Oberbürgermeister unterstellte Cheeseman eine besondere Rolle, da er dem Stadtrat damals die Zion empfohlen habe.
Statt eines Runden Tisches, der auf einen Kompromiss hinarbeiten würde, schlug Cheeseman eine „Mediation“ vor. Die wäre besser, da dieses Verfahren auch eine Nicht-Einigung als Option vorsieht.
Wir lassen die Petersburg „über die Klinge springen“, erklärte Cheeseman, „wenn wir hart bleiben“.
Meier (Grüne): Gelände nicht für Wohnungsbau geeignet
Jens Meier (Grüne) wandte sich darauf direkt an Christopher Cheeseman. Der Verein Petersburg habe tolle Arbeit geleistet, aber die Perspektive hat der Eigentümer dem Freiraum entzogen, nicht die Stadt, und das könne auch nicht über Baurecht hergestellt werden.
Eine Nutzung für Wohnzwecke teilte Meier eine Absage. Das Gelände läge zwischen Bahnlinien und die Industrie, namentlich das VW-Werk, läge zu nahe.
Auch Jens Meier erinnerte daran, dass das Verhalten der Investoren in vielen Punkten nicht vertrauensaufbauend gewesen sei.
Griesert: Verwaltung muss über 1.000 Einwendungen gegen Bebauungsplan bearbeiten
Oberbürgermeister Wolfgang Griesert stellte die Frage, ob es überhaupt noch Chancen gebe, diesen „Knoten“ aufzulösen. Auch Griesert erkennt im Rat eine große Mehrheit für die Ausweisung der Fläche als Gewerbefläche. Franz Schürings vom Hochbauamt habe erst kürzlich der Wirtschaftsförderung aufgezeigt, wie wenig Flächen für Gewerbe noch zur Verfügung stehen. Und im Eigentum der Stadt Osnabrück seien von den geeigneten Flächen tatsächlich keine Flächen.
Über 1.000 Einwendungen gegen den Bebauungsplan 370 eingereicht worden. Diese würden nun in der Verwaltung aufbereitet. In der Zwischenzeit könne noch danach gesucht werden der Lebensquelle – aber auch der Stadt am Ringlokschuppen – eine kulturelle Nutzung zu ermöglichen. Sollte die Nutzung des Ringlokschuppens zukünftig ausgespart werden, würde sich die Stadt selbst beschränken..
„Wir versuchen jetzt noch Abwägungen“, so Griesert. Für einen runden Tisch sei aber aus eigener Erfahrung keine Zeit. Die Erfolgsaussichten werden jedoch geringer, dämpfte der Oberbürgermeister eventuelle Hoffnungen.
Gegen die Stimmen des Antragsstellers Michael Florysiak und der CDU wurde der beantragte Runde Tisch vom Rat der Stadt abgelehnt.