In seinem Fischerdorf irgendwo an der Küste Ostenglands ist Peter Grimes der Außenseiter, doch ist er auch ein Mörder? In seiner Oper zeichnet Benjamin Britten gleichermaßen das Psychogramm einer Dorfgemeinschaft wie das eines Mannes, der unter dem Brennglas provinzieller Enge an den nicht enden wollenden Verleumdungen und Diffamierungen seiner Mitmenschen zugrunde geht. Am Samstag (20.01.) hat “Peter Grimes” Premiere am Theater Osnabrück.
Am vergangenen Montag (15.01.) fand bereits eine offene Probe statt, bei der Interessierte bei freiem Eintritt einen ersten Einblick in die neue Opernproduktion bekommen konnten. Das Interesse war zwar nicht so groß wie bei “La Traviata”, aber dennoch waren die Ränge gut gefüllt, als Generalmusikdirektor Andreas Hotz ans Dirigentenpult trat, um das Osnabrücker Symphonieorchester zu dirigieren.
Es kommt zusammen, was zusammengehört
Bei der so genannten Bühnenorchesterprobe kommen die Sängerinnen und Sänger, die zuvor nur unter Begleitung eines Klaviers geprobt haben, endlich mit dem riesigen Orchester zusammen. Zum ersten Mal verschmelzen Gesang, Musik und Szenen zu einem Gesamtprodukt und lassen erahnen, was am kommenden Samstag auf das Publikum zukommt. Solche Bühnenorchesterproben dienen hauptsächlich der musikalischen und szenischen Koordination zwischen Bühne und Orchestergraben, die Leitung liegt beim Dirigenten, aber auch der Regisseur kann sie zu weiterer szenischer Arbeit nutzen. Geprobt, so war es auch am Montag, wird aber oftmals noch ohne Kostüme.
Emotional aufgeladene Musik von Benjamin Britten
Regisseur Jakob Peters-Messer wird das Publikum in seiner Inszenierung in ein Dorf am Rande der Klippen entführen, wo der Kampf gegen die Natur ums Überleben allgegenwärtig ist. In einer eindringlichen Erzählung wird die Unfähigkeit des Menschen, einen Sturm zu bändigen, mit der Unabwendbarkeit von Peter Grimes’ Konfrontation mit der Missgunst seiner Nachbarn parallelisiert. Das Meer, als unaufhaltsamer Hintergrund dieser Oper, zieht die Zuschauerinnen und Zuschauer mit sich und fordert die gängigen Vorstellungen von Gemeinschaft und Moral heraus.
Was sich bereits in der Probe zeigte: Die emotional aufgeladene Musik Brittens erhebt sich wie aufbäumende Wellen und dringt tief in die Seele ein. Die Aufführung verspricht seelische Einsamkeit und menschliche Abgründe, die wie Wellen am Strand über das Publikum hereinbrechen. Die Musik ist sehr expressiv und ausdrucksstark, zeichnet das Bild des englischen Meeres an der Ostküste – bedrohlich, gewaltig, düster und unberechenbar gefährlich.
James Edgar Knight ist der Tenor, der große Strapazen bewältigen kann
Die Partie des Peter Grimes erfordert einen Sänger, der große Strapazen bewältigen kann, und wird deshalb oft von Wagner-Sängern gesungen. In Osnabrück ist es der gefeierte Tenor des Hausensembles, James Edgar Knight, der als Grimes auf der Bühne stehen wird.
„Peter ist ein Mann mit harter Schale und weichem Kern“, erklärt Knight im Gespräch mit unserer Redaktion. „Er ist grundsätzlich kein Unmensch, sondern strebt ein zivilisiertes Leben an und möchte sogar seine große Liebe Ellen heiraten. Unglückliche Geschehnisse bringen ihn jedoch von diesem Weg mehr und mehr ab. So endet er als Außenseiter der Gesellschaft und als Verstoßener seines Dorfes“, erklärt der Sänger sein Figur.