Da hat Otto Cornelius, seines Zeichens oberster Schausteller der Region, aber mächtig Staub aufgewirbelt! Er machte jüngst den Vorschlag, den Jahrmarkt von der Halle Gartlage auf den Neumarkt zu verlegen. Die NOZ arbeitet sich aktuell ebenso an dem Thema ab, wie zahlreiche Lokalpolitiker und viele Bürger im Kommentarbereich der NOZ und bei Facebook.
Dabei ist die Idee eines innerstädtischen Jahrmarktes gar nicht so abwegig, wie zum Beispiel Rheine oder Ibbenbüren zeigen. In Münster und Bremen sind der Send bzw. der Freimarkt ebenfalls relativ stadtnah angesiedelt. Und auch der inzwischen 100-jährige Osnabrücker Jahrmarkt hat seine Wurzeln in der Innenstadt und wanderte erst 1962 an seinen jetzigen Platz an der Halle Gartlage.
Die Aussage von Herrn Cornelius, die zur aktuellen Diskussion führte, wurde übrigens am 02.04. in der NOZ veröffentlicht und lautet:
„Der Jahrmarkt muss zurück in die Innenstadt, um wieder mehr Menschen anzuziehen. Mir schwebt eine Fläche vor, die sich vom Berliner Platz bis zur Osnabrückhalle erstreckt. Also über den Neumarkt. Das ist gar nicht so abwegig, wie es sich im ersten Moment anhört (…).“
Angeblich habe es auch schon Vorgespräche mit nicht näher bezeichneten “Fachleuten” gegeben, und ein Umzug (Wunschtermin 2014) sei “prinzipiell” machbar.
In einem weiteren Artikel vom 03.04. beziffert die NOZ das Teilstück vom Berliner Platz bis zur Stadthalle (aka OsnabrückHalle) auf 1.000 Meter Länge und lieferte gleich ein paar interessante Statements von Stadtwerken und Stadtmarketing hinzu (hier im NOZ-Archiv).
Im Kommentarbereich der NOZ finden sich jedoch ergänzend ein paar mahnende Stimmen zur Parkplatzproblematik, die man ebenso beachten sollte wie die Aussage von Oliver Mix (Stadtmarketing), der daran erinnerte, das allein die 48stündige Sperrung des Bereichs für das Karmann-Festival eine “Riesen-Herausforderung” gewesen sei. Und Mix bringt, wie auch Mechthild Möllenkamp vom Handelsverband Osnabrück-Emsland, das Thema Parkplätze und Erreichbarkeit ins Spiel.
Dabei sieht die eigentliche Parkplatzsituation rund um den Neumarkt sehr gut aus!
In der obigen Grafik sind alle Parkhäuser rund um den Neumarkt grob eingetragen, zum Vergleich auch die größeren Parkflächen an der Halle Gartlage (“rot” ist übrigens der bislang von den Schaustellern genutze Bereich, bzw. was an Flächen am Neumarkt zur Verfügung stehen würde, wenn man die Zufahrt zu den Parkhäusern frei lässt).
Was aber beim Blick auf die Karte deutlich wird: ein Jahrmarkt von der Stadthalle bis zum Berliner Platz (die 1000-Meter Idee) ist unmöglich, denn damit würde man einen Großteil der Parkhäuser abschneiden! Neben den Parkhäusern am Ledenhof, am Kamp und in der Galeria Kaufhof würde zusätzlich auch das L+T-Parkhaus nicht mehr über die Möserstraße erreichbar sein – es bliebe also nur die “kleine Lösung” wie oben gezeigt. Die jedoch nur funktioniert, wenn die Stadtwerke eine Lösung für den Busverkehr finden…
Ist die Diskussion damit womöglich schon beendet? Wären die Schausteller auch für eine solche kleine Lösung zu begeistern? Oder könnte man statt in Richtung Berliner Platz und Wall auch in die Johannisstraße und die Große Straße ausweichen?
Dagegen würden aber vermutlich die Innenstadt-Kaufleute angehen, denn anders als 1962, als der Jahrmarkt noch in der Stadt war, haben wir innerstädtisch inzwischen bereits die Maiwoche und den Weihnachtsmarkt – erfolgreiche Feste, die im übrigen auch von den Schaustellern beschickt werden, die nun den Niedergang des Jahrmarktes beklagen.
Womöglich ist es auch ein gesellschaftliches Problem das sich hier zeigt?
Für die “Freizeitgesellschaft” (von 40 oder gar 35 Arbeitsstunden pro Woche wagte man 1962 noch nichtmal zu träumen!) sind inzwischen zahlreiche Freizeitparks entstanden, in den Achterbahnen und Karusells von März bis Oktober ganztägig ihre Runden drehen.
Der Jahrmarkt ist längst nicht mehr auf der Agenda vieler Bürger, sondern droht abzudriften in eine Veranstaltung für das “Prekariat”, die sich Fahrten zu einem “richtigen” Freizeitpark ebenso wenig leisten können wie andere Vergnügungen; entsprechend hart drückt es ein Facebook-Kommentator bei der NOZ am 02.04. aus:
Marcus Budke: „Vor allem würden sich dann noch mehr junge Eltern mit zweifelhaftem Bildungsniveau genötigt fühlen mit ihren Kinderwagen und 3 Hunden am Autoscooter zu campen.“
Ein Umzug aus dem vermeintlich “armen” (und daher unattraktiven) Schinkel in die Innenstadt würde nach dieser Logik nur zu einem Sogeffekt dieser Klientel in die Innenstadt führen – ein neues Umfeld löst das grundsätzliche Problem, das Volksfeste nicht mehr so attraktiv sind, wohl nicht.
Wie aber sieht es mit einer Beibehaltung des alten Standorts aus, unter Hinzunahme eines “richtigen” Marktes oder einer Messe? Womöglich sogar an nur noch einem Termin im Jahresverlauf (Frühjahr oder Herbst?)?
Wie das geht kann man jedes Jahr in Vechta beobachten, da findet der Stoppelmarkt in einer erfolgreichen Symbiose zwischen Landwirtschaftsausstellung, Bierzelten und Volksfest-Schaustellern statt. Statt Kühen und Treckern könnte man dafür in Osnabrück ja das traditionelle Konzept der Osna-Gewerbeschau (zuletzt 2006?) mit dem Jahrmarkt verheiraten?!
Update 04.04., 15:40:
Der Kommentar von “der_schlaue_Schinkelaner” (siehe unten) hat nicht nur ein paar interessante neue Aspekte eingebracht (insbes. Güterbahnhof – dumm nur, dass unsere Stadt beim Grundstückskauf geschlafen hat), sondern weisst vollkommen richtig darauf hin, das “der Schinkel” (wenn es denn “den Schinkel” überhaupt so gibt) weder sonderlich “arm” ist, noch das auf dem Jahrmarkt versammelte “Pack” (ich will es mal drastisch ausdrücken) für diesen Stadtteil typisch ist. Im Gegenteil: es gibt im Schinkel ein paar verdammt schicke Ecken; einige müssen allerdings erst noch “wachgeküsst” werden – andere, wie auf dem Schinkelberg, toppen schon heute manche angeblich “bessere Wohnlage” in den Quadratmeter-Preisen!.
HP