„Daran werden Sie noch viel Freude haben“, diese Worte werden Bundeskanzlerin Angela Merkel zugeschrieben. An den Zusammenhang, in dem diese Worte gefallen sind, will sich die Kanzlerin inzwischen sicher nicht mehr erinnern; der Stadtwerke Vorstandsvorsitzende Christoph Hüls zitierte sie bei der Jahreshauptversammlung der Stadtwerke Osnabrück dennoch.
Zusammen mit 29 anderen kommunalen Versorgern investierten auch die Osnabrücker Stadtwerken vor einigen Jahren Millionen in ein hochmodernes und abgasarmes Steinkohlekraftwerk, das sogar auf einen Schornstein komplett verzichten kann. Doch das 2013 in Betrieb genommene Kraftwerk im westfälischen Lünen scheint nun Opfer einer sachlich nur schwer nachzuvollziehenden Energiepolitik der Bundesregierung zu werden. Während teils noch aus dem vorherigen Jahrhundert stammende Braunkohle-Dreckschleudern von der Berliner GroKo mit lebens- und abgasverlängernden Maßnahmen beglückt werden, forciert die Bundesregierung das Aus auch für hochmoderne Kraftwerke, an denen die Stadtwerke nun keine Freude mehr haben und die sich negativ in den Bilanzen niederschlagen.
Wenn in den Braunkohlekraftwerken (voraussichtlich im Jahr 2038) die Öfen ausgehen, dann sollen die Betreiber von der Regierung Entschädigungen erhalten. Die Betreiber von Steinkohlekraftwerken, die bereits bis 2027 den Betrieb einstellen müssen, sollen hingegen leer ausgehen – so jedenfalls ein in Abstimmung befindlicher Gesetzentwurf. Noch hoffen die Stadtwerke, dass auch für das Abschalten der im Vergleich abgasarmen Steinkohlekraftwerke eine Entschädigung aus Steuermitteln gezahlt wird, sicher ist das aber keinesfalls.
Rückstellungen statt Eigenkapitalbildung in 2019
Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheiten mussten die Stadtwerke Osnabrück im vergangenen Jahr unerwartete Rückstellungen bilden. Viel lieber hätte man Eigenkapital gebildet, betonte Stadtwerke-Chef Hüls. Die Stadt als alleiniger Eigner hätte sich bestimmt auch über eine höhere Ausschüttung gefreut. Es blieb für die Stadt bei den schon fest eingeplanten 3 Millionen Euro, die in den kommenden Tagen aufs Konto der Verwaltung wandern werden. Für das Eigenkapital und die Zukunft des Unternehmens Stadtwerke AG blieben so nur magere 150.000 Euro.
2020 wird Corona massive Auswirkungen im Ergebnis der Stadtwerke zeigen
Ohne erneut Rückstellungen bilden zu müssen sieht der Ausblick auf das laufende Jahr wieder positiv aus – mochte der Zuschauender beim Betrachten der entsprechenden Charts meinen, die Christoph Hüls im weiteren Verlauf präsentierte.
Ein Jahresergebnis von rund 7,5 Millionen wäre 2020 möglich, so die Planung. Doch diese Planung datiert noch aus der Vor-Corona-Zeit, dämpfte der Stadtwerke-Vorstandsvorsitzende die Erwartungen. „Der Corona-Effekt wird massiv durchschlagen; 7,5 Millionen Euro oder gerade mal eine schwarze Null“, konkreter wollte Hüls bei den Erwartungen für das laufende Jahr nicht werden.
FDP schlägt vor den Busverkehr als Reaktion auf Corona kostenfrei zu machen
„Die Busse sind inzwischen oft leer“, betonten in der anschließenden Aussprache gleich mehrere Politiker aus verschiedenen Fraktionen ihre Beobachtungen der vergangen Wochen. Und auch Stadtwerke Mobilitätsvorstand Dr. Stephan Rolfes machte keinen Hehl daraus, dass das verlorene Vertrauen in den öffentlichen Nahverkehr eine schwere Hypothek für die Stadtwerke ist.
Ausgerechnet kurz nach dem erfolgreich, wenn auch verspätet eingeführten neuen Busliniennetz mit der gut angenommenen neuen Ringbuslinie, bremste Corona den ÖPNV aus, mit Folgen die weiterhin bei der Akzeptanz durch potentielle Busfahrgäste zu spüren sind.
Für die FDP-Ratsfraktion machte Robert Seidler den radikalen Vorschlag, doch zumindest bis zum Jahresende einfach auf die Fahrpreiserhebung zu verzichten und im kommenden Jahr nur moderate Preise, vielleicht nur einen Euro, für die Busnutzung aufzurufen.
So weit wollte Dr. Rolfes in seinem zuvor gehaltenen Vortrag nicht gehen, betonte aber, dass die bis 2022 abgeschlossene Umstellung der neuen Metrobus-Linien auf Elektroantrieb und die Erfahrungen aus dem Versuchsbetrieb mit dem autonomen Zubringerbus „Hubi“ zeigen, wohin die Reise bei den Stadtbussen geht.
Mehr Ökostrom, mehr Rabatte und optimierte Baustellen
In Zukunft wollen die Stadtwerke alle Kunden mit regional erzeugtem Ökostrom versorgen (ab 2021) und wer Kunde der Stadtwerke ist, soll verstärkt von Rabatten – zum Beispiel beim Schwimmbadbesuch – profitieren.
Dass man an der Rheiner Landstraße bewiesen hat, dass Baustellen auch zügig vorangehen können, wurde von insbesondere vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Fritz Brickwedde begrüßt. Neben neuen Abwasserleitungen verlegen die Stadtwerke auch weiterhin mehr und mehr moderne Glasfaserkabel, wollen aber selbst aber keine eigenen Datentarife anbieten, sondern die Infrastruktur der Stadt für Zukunftsthemen wie Autonomes Fahren, Mobilfunk im Standard 5G und den steigenden Bedarf der Unternehmen und Haushalte decken.
Die Jahreshauptversammlung fand erstmals im Theater statt, um so genügend Abstand zwischen den Teilnehmern zu gewährleisten.