Demografischer Wandel und Geschlechtergleichheit in der Arbeitswelt stehen im Fokus aktueller Debatten. Während der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, vor kürzeren Arbeitszeiten warnt, plädiert die Feministin Teresa Bücker für eine Neuverteilung, um Gleichberechtigung voranzubringen.
Bedrohlicher Arbeitsstundenmangel?
Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), sieht die Notwendigkeit längerer Arbeitszeiten. “Wir müssten nicht darüber reden, weniger zu arbeiten, sondern mehr”, sagte er dem “Spiegel”. Er weist darauf hin, dass Deutschland bis zum Ende des Jahrzehnts durch die Alterung der Gesellschaft ca. 4,2 Milliarden Arbeitsstunden fehlen werden, selbst unter Berücksichtigung eines jährlichen Zuzugs von 200.000 Arbeitskräften. Schweizer arbeiten jährlich 100 Stunden mehr als Deutsche, das entspricht zwei Stunden pro Woche. Hüther zeigt sich pragmatisch: “Ein höheres Arbeitsvolumen ist möglich, wenn man es will.”
Neuverteilung der Arbeitszeit für mehr Gleichberechtigung
Teresa Bücker, Feministin und Autorin, sieht die Lösung in einer “Neuverteilung” der Arbeitszeit. “Wir brauchen eine Angleichung der Arbeitszeiten zwischen Männern und Frauen, um bei der Gleichberechtigung voranzukommen”, sagte sie dem “Spiegel”. “Männer und Väter arbeiten meist kontinuierlich in Vollzeit, Frauen arbeiten Teilzeit”, erklärt Bücker und fordert eine kürzere Vollzeitnorm. Dabei verweist sie auf die durch das Statistische Bundesamt ermittelte durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Müttern, die sogar über der der Väter liege: “Frauen könnten Arbeitszeiten im Job nur dann erhöhen, wenn Männer familiär mehr übernähmen.”
Viertagewoche: Lösungsansatz oder Problemquelle?
Das Konzept der Viertagewoche sorgt für Uneinigkeit. Hüther sieht Probleme: “Bei der Viertagewoche denken die Leute meistens, dass sie selbst nur noch vier Tage arbeiten, aber drum herum könne alles so bleiben, wie es ist, und ihre Kita würde weiterhin fünf Tage lang ihre Leistungen anbieten. Das funktioniert natürlich nicht”, warnt er. Eine Viertagewoche könnte “mehr neue Probleme als alte lösen, vor allem Verteilungskonflikte.” Bücker hingegen sieht Potenzial: “Wir wissen durch Umfragen im Bereich der Pflege und Kitas, dass eine Viertagewoche Beschäftigte, die ausgestiegen sind und jetzt fachfremd arbeiten, dazu motivieren würde, wieder zurückzukommen.”
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