Vor genau 50 Jahren wurde die Städtepartnerschaft zwischen Osnabrück und Twer in Russland durch eine erste Studienfahrt begründet. Inzwischen ruht diese Partnerschaft, dafür gibt es Bestrebungen noch während der laufenden kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine eine Städtepartnerschaft mit einer ukrainischen Stadt aufzunehmen.
Angesichts einer bereits angelaufenen Planung stellt die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen in einem offenen Brief an Oberbürgermeisterin Katharina Pötter und die Ratsmitglieder einige Fragen, die den Verdacht nähren, die Städtepartnerschaft könnte ein Pakt mit Faschisten werden.
Die Wahl der ukrainischen Partnerstadt soll womöglich auf die Universitätsstadt Iwano-Frankiwsk im westukrainischen Karpatenvorland fallen. Doch der amtierende Bürgermeister von Iwano-Frankiwsk, Ruslan Martsinkiw, steht in der Kritik. Der Bund der Antifaschisten weisst darauf hin, dass der ukrainische Amtskollege von Osnabrücks Oberbürgermeisterin Mitglied der als extrem rechts eingestuften Partei „Swoboda“ sei. Diese Partei verehrt nach Angaben der Osnabrücker Antifaschisten umstrittene historische Figuren und wird vom Jüdischen Weltkongress sogar als „neonazistisch“ bezeichnet. Die geplante Partnerschaft werfe daher Fragen über die Werte und Geschichte beider Städte auf.
Hintergründe zur Swoboda-Partei
Die 1991 gegründete Partei „Swoboda“ sieht sich in der Tradition der „Organisation Ukrainischer Nationalisten“ (OUN) unter Stepan Bandera. In den 1930er- und 1940er-Jahren kollaborierte die OUN mit Hitlerdeutschland und beteiligte sich am Holocaust. „Swoboda“ verehrt neben Bandera auch Roman Schuchewytsch, den Anführer der Wehrmachtslegion „Nachtigall“, und setzt sich für die Ehrung der Waffen-SS-Division „Galizien“ ein.
Ukrainischer Bürgermeister Martsinkiw ehrte Nazi-Veteranen
Ruslan Martsinkiw, der Bürgermeister von Iwano-Frankiwsk, hat nach Recherchen des Bundes der Antifaschisten in der Vergangenheit mehrere umstrittene Handlungen vorgenommen. 2021 soll er den 112. Geburtstag des ehemaligen OUN-Führers am Bandera-Denkmal gefeiert haben, begleitet von OUN-Anhängern in traditionellen UPA-Uniformen. Ein Jahr zuvor, so die Kritiker, nahm er an der Beerdigung eines Veteranen der ukrainischen Waffen-SS-Division „Galizien“ teil.
Die Stadt Iwano-Frankiwsk ehrte diesen Nazi-Veteranen mit einer Straße und einer Gedenktafel, was vom Vorsitzenden des Ukrainischen Jüdischen Komitees, Eduard Dolinsky, als „zynische Beleidigung“ bezeichnet wurde. Zudem forderte Martsinkiw während der Coronapandemie die Zwangsräumung einer Roma-Siedlung.
Angesichts dieser Hintergründe stellt sich nach Ansicht des Bundes der Antiaschisten die Frage, ob Osnabrück, noch dazu als Friedensstadt, eine Partnerschaft mit Iwano-Frankiwsk eingehen sollte.