In einem Antrag forderte „Die Linke Ratsfraktion Osnabrück“ am Dienstag, dem 22. September 2020, in der 36. Sitzung des Rates der Stadt Osnabrück, dazu auf, sich mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst und ihrem Kampf für gerechte Arbeitsbedingungen und Anerkennung solidarisch zu zeigen.
Bis vor wenigen Wochen seien die Beschäftigten im öffentlichen Dienst als Heldinnen und Helden gefeiert worden. Es wurde applaudiert und wertgeschätzt. „Diese Wertschätzung sollten wir auch in der jetzigen Tarifrunde ausdrücken“, heißt es in dem Antrag, „dabei geht es auch darum, durch attraktive Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung Beschäftigte in diesen Berufen zu gewinnen und zu halten.“
Verschiebung der Tarifrunde?
„Die Gewerkschaft ver.di hat vorgeschlagen, die diesjährige Tarifrunde ausfallen zu lassen und einen Einmalbetrag zu zahlen. Die Tarifrunde hätte sich demnach auf das nächste Jahr verschoben, wenn man wieder normal Tarifverhandlungen und Arbeitskämpfe führen kann – das ist nicht von den zuständigen Arbeitgeberverbänden nicht angenommen worden“, so Giesela Brandes-Steggewentz, Vorsitzende der Ratsfraktion Die Linke.
Forderungen der Arbeitgeber
Anstelle dessen forderten die Arbeitgeber eine 30-monatige Laufzeit, Aufstockung von LOB (Leistungsorientierte Bezahlung) und mehr Geld für bestimmte Berufsgruppen anstatt allgemeinen Lohnerhöhungen für alle. „Das sind unmögliche Forderungen, die den Tarifvertrag TVöD insgesamt infrage stellen. Die Corona-Zeit wird dafür ausgenutzt, die Systematik des TVöD zu verändern und für die Beschäftigten zu verschlechtern. […] Es ist nicht hinnehmbar, dass Corona dazu missbraucht wird, Lohnkürzungen zu betreiben und ab jetzt nur Lohnerhöhungen nach „Nasenprinzip“ zu verteilen“, heißt es in dem Antrag.
Beschäftigte riskieren ihre Gesundheit
In der Corona-Krise hätten Beschäftigte im öffentlichen Dienst mehrfach ihre Gesundheit riskiert: „Jetzt ist es Zeit zu zeigen, dass Wertschätzung mehr ist als heiße Luft. Gute Arbeit, guter Lohn und ausreichend Personal im öffentlichen Dienst bedeuten bessere Dienstleistungen und ein gutes Leben für alle. Gute Löhne im öffentlichen Dienst bedeuten für die Beschäftigten eine planbare Zukunft.“ Und auch die Wirtschaft profitiere: „Für die Wirtschaft bedeuten sie: mehr Nachfrage und die Konjunktur wird angekurbelt.“
Aufforderung an den Oberbürgermeister
„Der Konflikt betrifft nicht nur die 2,3 Millionen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, sondern uns alle. Wir bitten Oberbürgermeister Wolfgang Griesert in seinem Umfeld auf Bundesebene mit anderen Oberbürgermeistern zu sprechen und zu werben“, so Brandes-Steggewentz. Demnach solle der Rat der Stadt Osnabrück, laut Antrag, den Osnabrücker Oberbürgermeister dazu auffordern, „sich zur Finanzierung der angemessenen Tariferhöhung und guten Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst und im Nahverkehr“ einzusetzen.
Mehreinnahmen für Kommunen
Konkret bedeute dies unter anderem die Umwandlung der Gewerbesteuer in eine Gemeindewirtschaftsteuer: „Das stärkt die Steuerbasis der Kommunen. Dafür wird der Freibetrag auf 30.000 Euro angehoben und die festgesetzte Steuer bei der Einkommensteuer berücksichtigt. Die Gewerbesteuerumlage wird abgeschafft, was Städte und Gemeinden finanziell entlastet. Das schafft Mehreinnahmen für die Kommunen von 15 Milliarden Euro.“
Höhere Löhne, günstigere Tickets
Des Weiteren wird eine Verankerung des Konnexitätsprinzips im Grundgesetz gefordert: „Wenn der Bund Aufgaben für die Kommunen beschließt, muss er die Finanzierung tragen.“ Der dritte Punkt sind höhere Löhne und günstigere Tickets im ÖPNV. „Diese werden über eine Nahverkehrsabgabe der Unternehmen […] finanziert.“ Unternehmen würden unmittelbar vom öffentlichen Nahverkehr für den Transport ihrer Beschäftigten, Kunden und Kundinnen profitieren: „Sie beteiligen sich bisher aber nicht an dessen Finanzierung.“
Fehlende „differenzierte Betrachtung“
Auch aus Sicht von Dr. Christian Münzer, CDU-Ratsfraktion, muss die Anerkennung für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst über anerkennende Gesten hinausreichen.
Der CDU-Politiker erklärte in der Ratssitzung am Dienstagabend: „Wir sind uns alle einig, dass die Anerkennung, die wir diesen Männern und Frauen entgegenbringen, sich nicht nur in warmen Worten und Blumen erschöpfen kann – hierzu gehört auch eine finanzielle Anerkennung.“ In dem Antrag der Ratsfraktion Die Linke fehle es allerdings an „differenzierter Betrachtung“: „Wir müssen Tarifverträge frei von politischer Einflussnahme gestalten.“
Worten sollen Taten folgen
Frank Henning, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion, sprach sich am Dienstag für den Antrag aus: „Wir werden dem Antrag zustimmen. Wir fordern gerechten Lohn für vernünftige Arbeit. Den wohlwollenden Dankesworten der letzten Wochen müssen Taten folgen. Wenn man den Oberbürgermeister darum bittet, sich stark zu machen, ist das kein Eingriff in die Tarifautonomie.“
„Das ist Sonntagspolitik“
Gegenwind bekommt die Linke-Ratsfraktion aus Reihen der FDP und Bündnis90/Die Grünen. „Von diesem Antrag kann sich kein Pfleger oder Busfahrer etwas kaufen. […] Das ist Sonntagspolitik, das hilft am Ende niemandem. Machen wir Gewerkschaften da stark, wo sie es brauchen. Das hier ist der falsche Ort und nicht unsere Aufgabe“, so Volker Bajus, Vorsitzender der Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Populismus-Vorwurf
Dr. Thomas Thiele, Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion, wirft der Linken Populismus vor: „Das ist reiner Populismus was wir hier erleben. Ich finde das beschämend, was sie hier machen. Erzählen Sie mir mal bitte, wo der öffentliche Dienst ein Problem hat.“
Antrag wurde abgelehnt
Dem Antrag der Ratsfraktion die Linke stimmten, neben den Antragsstellenden, die SPD-Ratsfraktion und die Piratenpartei zu. Somit wurde der Antrag, durch den Rat der Stadt Osnabrück, abgelehnt.