Jeder weiß es: schon eine Nacht voll schlechtem Schlaf kann einem den ganzen Tag verhageln. Doch warum ist das so und was wird denn alles durch Schlaf beeinflusst?

AFP

Es ist erst wenige Monate her, da zeigte ein Hasepost-Artikel, wie negativ sich Schlafprobleme auswirken können. Konkret ging es um die Hamburger Rapperin Haiyti, die darunter leidet. Und dieses Leid können wir wohl alle nachfühlen. Wenn der Schlaf in Qualität oder Quantität nicht passt, sind wir auf vielen Ebenen „nicht auf der Höhe“. Eine grobe Verallgemeinerung, denn Schlaf ist weit mehr als eine Ausruhphase. Er ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt unzähliger Körperfunktionen. Welche das sind und einige Tricks, wie man seinen Schlaf verbessern kann, zeigen wir nun.

 1. Informationsspeicherung

Der Mensch lernt nicht nur sprichwörtlich ein Leben lang. Jeden Tag begegnen uns Dinge, die auf irgendeine Weise neu sind. Unzählige Eindrücke kommen so tagtäglich zusammen. An diesem Punkt kommt der Schlaf ins Spiel. Denn das, was wir über den Tag erleben, wird in unserem Gehirn zunächst nur zwischengespeichert. Für Computerprofis: Die Daten landen im RAM-Speicher.

Nachts indes erfolgen zwei Schritte. Das Gehirn scannt den Inhalt dieses Zwischenspeichers. Dabei sortiert es die dortigen Informationen in wichtige und unwichtige. Und unter den wichtigen vornehmlich solche, die unser Denkzentrum als wichtig für die Zukunft erachtet. Anschließend werden sie in andere Areale des Gehirns „überspielt“, wo sie nun dauerhaft lagern – unser Langzeitgedächtnis, die Festplatte. Besonders wichtig ist guter Schlaf natürlich für Menschen, bei denen tagtäglich viel „wichtiges“ Neuwissen hinzukommt – Schüler, Azubis, Studenten etwa. Doch auch alle anderen profitieren davon, können sich an Alltagsdetails besser erinnern, sind frischer im Kopf.

 2. Heilung

Wir alle dürften schon mal mit dem Spruch konfrontiert worden sein „wer krank ist, muss schlafen“. Tatsächlich ist das weit mehr als eine Binsenweisheit.

Alter Mann schläft
Wenn wir schlafen, muss unser Körper sich mit gar nichts anderem befassen. Er kann sich also voll auf Heilung konzentrieren. Foto: fotolia.com © mostockfootage

Denn kurzgesagt: Während wir schlafen, benötigt der Körper viel weniger Ressourcen. Er muss weniger Energie zum Denken verwenden, für Verdauung, Bewegung, und, und, und.

Davon profitieren unsere Selbstheilungskräfte enorm. Um das zu erklären, muss man verstehen, wie Heilung funktioniert. Der Körper schließt Wunden, bekämpft äußere Eindringlinge und innere Feinde. Das reicht für fast alles zwischen Schnupfen und Schnittwunden aus. Während wir schlummern, kann der Körper alle Kräfte auf diese Heilungsprozesse fokussieren. Zwar funktionieren sie auch tagsüber; nachts jedoch sind sie ungleich effizienter. So fanden Forscher heraus, dass Bären, die sich mit schweren Verletzungen in den Winterschlaf begaben, später nicht nur geheilt, sondern fast ohne sichtbare Narben aufwachten. Während der Wachphase wären die Wunden zwar auch abgeheilt, aber es hätte länger gedauert, wäre nicht so spurenlos geblieben.

 3. Hormonhaushalt

Schlaf und Hormone. Das ist eine ähnliche Verbindung wie Ramanken und Kartoffeln, Wurstebrot und Speck – untrennbar. Schon die Einleitung des Schlafs ist eine hoch-hormonelle Angelegenheit. Dazu braucht es Melatonin. Melatonin wird im Gehirn dadurch gebildet, dass unsere Augen den abnehmenden Blau-Anteil des natürlichen Abendlichts registrieren (Hauptgrund dafür, warum abendliches Internetsurfen uns den Schlaf raubt – Bildschirme geben ein künstlich-blaues Licht ab und gaukeln dem Gehirn vor, es wäre noch heller Tag). Erst ein ausreichender Malatoninspiegel macht uns müde, ermöglicht Einschlafen.

schlafender Bodybuilder
Wer Kraftsport betreibt, muss besonders auf seinen Schlaf achten, weil dann viele hormonelle Prozesse ablaufen, welche die Muckis wachsen lassen. Foto: fotolia.com © EVGENIY

Weiter geht es über Testosteron – ein nicht nur für Männer unglaublich wichtiger Stoff mit vielfältigen Aufgaben. Es steuert unter anderem die Bildung von Muskulatur, ist Botenstoff für den Knochenstoffwechsel und reguliert auch unsere Stimmung – neben seiner Aufgabe als Auspräger unserer Sexualität. Und es wird sogar größtenteils nur im Schlaf erzeugt. Dabei gilt „die Masse macht’s“. Studien fanden heraus, dass vor allem die Schlafdauer sich positiv auf den Testosteronspiegel auswirken kann.

Auch Somatotropin wird nur im Schlaf gebildet und hier hauptsächlich in der Tiefschlafphase. Dieses Hormon ist ein sogenanntes Wachstumshormon, welches auch für den Muskelaufbau, ferner den Fettstoffwechsel und Immunfunktionen wichtige Bedeutungen hat.

Insgesamt wirken im Mensch rund drei Dutzend Hormone – und bei allen davon ist der Schlaf mehr oder weniger direkt beteiligt.

 4. Abfallmanagement

Kennen Sie das glymphatische System? Wenn nicht, ist das keine Allgemeinwissenslücke. Denn die Kenntnis darüber besteht selbst in der wissenschaftlichen Welt erst seit 2013 – und ist nebenbei der Nachweis, dass nach so vielen Forschungsjahrzehnten der Mensch immer noch Überraschungen bereithält.

Doch worum geht es bei diesem System? Stark vereinfacht: In unserem zentralen Nervensystem bleiben durch die primären Funktionen Abfallstoffe übrig. Reste von Zellen, Proteinschrott… Pro Tag sammeln sich rund sieben Gramm an. Und ganz ähnlich wie bei vollen Müllbeuteln an der Straße, die niemand abholt, würde auch dieser „Nervenmüll“ irgendwann die Straße, sprich unser Nervensystem, verstopfen – das scheint bei der Parkinson-Krankheit der Fall zu sein.

Das glymphatische System ist die Müllabfuhr. Dabei nutzt es feinste Gefäße rings um Arterien des zentralen Nervensystems, um die in Liquor cerebrospinalis (Nevenflüssigkeit) gelösten Abfallstoffe abzutransportieren. Und es funktioniert nur, während wir schlafen. Auch hier ist die Schlafdauer die entscheidende Größe.

 5. Synapsen-Regulierung

Den meisten Lesern dürfte es bekannt sein: Wenn ein Tag besonders hektisch war, fühlt man sich abends nicht nur körperlich „wie erschlagen“. Das liegt daran, dass sämtliche Informationen, die auf uns einprasseln, dafür sorgen, dass Verknüpfungen zwischen den Synapsen gebildet werden. Es entsteht auf diese Weise tagtäglich ein Geflecht, das mit jedem Eindruck etwas komplizierter wird.

Frau am Laptop
Irgendwann abends fühlt man sich, als hätte man einen Knoten im Gehirn. Wegen der gebildeten Synapsenknoten gar nicht so falsch. Foto: fotolia.com © blackday

Würde sich dieser Zustand uneingeschränkt fortsetzen, würde aus dem Netz ein unkontrolliertes Knäuel, das die Informationsverarbeitung und Signalweiterleitung nicht beschleunigt, sondern ausbremst – wir kennen das als die Unmöglichkeit, sich nach einem langen Tag noch zu konzentrieren.

Schlafen wir, tun wir das in mehreren Schlafphasen. Während des Tiefschlafes beginnt das Gehirn nun damit, die Kreuzverbindungen zwischen den Synapsen zu kappen. Das Geflecht wird entwirrt, ein Grundzustand wiederhergestellt – damit er am nächsten Tag wieder aufs Neue verflochten werden kann.

Das fördert guten Schlaf

Natürlich wissen wir alle, dass man sich am Wochenende morgens meist wesentlich ausgeruhter fühlt, weil man länger schlafen konnte. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn sowohl qualitativ wie quantitativ guter Schlaf hängt von vielen Faktoren ab:

  • Die persönliche Schlafdauer schwankt zwar, sollte aber im Wochenmittel acht Stunden pro Nacht nicht unterschreiten
  • Der Körper ist auch nachts ein Gewohnheitstier. Für optimale Schlafqualität ist es daher wichtig, einen möglichst gleichmäßigen Schlaffluss einzurichten – indem man sowohl unter der Woche wie an den Wochenenden und auch im Urlaub zu mehr oder weniger gleichen Zeiten (d.h. +/- 30min.) ins Bett geht und aufwacht
  • Ablenkungen jeglicher Art, also nicht nur Geräusche, sondern auch Licht und extreme Temperaturen, stören den Schlaf. Das ideale Schlafzimmer ist nachts bis auf das Atmen des Partners völlig still, die Rollläden sind geschlossen, kein Digitalwecker beleuchtet die Szenerie (wenn, dann höchstens indirekt) und es ist nicht kühler als 16, aber auch nicht wärmer als 20°C
  • Schlaf will eingeläutet werden. Zwei Stunden vor der Zubettgehzeit sollte man sowohl auf alles verzichten, was einen aufregt, wie auch darauf, was den Puls hochtreibt (also bspw. Sport). Ferner sollte man idealerweise auch auf sämtliche Bildschirmaktivitäten verzichten
  • Alles, was den Körper zwingt, im Schlaf zusätzlich zu arbeiten, schmälert durch seinen Energiebedarf die Schlafqualität. Das gilt insbesondere für die Verdauung. Abends sollte man generell nur leichte Kost zu sich nehmen, nichts Fettiges – und idealerweise ab zwei Stunden vor Schlafbeginn gar nichts mehr konsumieren, damit die Haupt-Verdauungsarbeit bereits abgeschlossen ist.

Und natürlich gilt auch: Der Körper muss bequem liegen. Bedenkt man, dass man 1/3 seiner Lebenszeit darin verbringt, schenken viele Menschen einem anständigen Bett sträflich wenig Beachtung. Doch gerade hier sollte man keine Kosten und Beratungsaufwand scheuen, ein gutes Bett kann auch einen mittelmäßigen Schlaf noch hochwertig machen – wohingegen ein schlechtes, unbequemes Bett selbst den besten Schlummer noch abwerten kann.