Die Forderung der Unionsfraktion im Bundestag, den Besuch von ehemaligen nationalsozialistischen Konzentrationslagern für alle Schüler in Deutschland zur Pflicht zu machen, wurde von den Leitern der sechs größten KZ-Gedenkstätten einstimmig abgelehnt. Einzig die nach Besucherzahlen siebtgrößte Gedenkstätte in Flossenbürg unterstützt das Vorhaben.
Position der Gedenkstätten
Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, äußert gegenüber der „Welt“, dass die „Freiwilligkeit eine Grundvoraussetzung demokratischer und historisch-politischer Bildung“ sei. Manchmal sei hinter dem Ruf nach Pflichtbesuchen die naive Vorstellung, dass KZ-Gedenkstätten „demokratische Läuterungsanstalten“ seien.
Emotionale Belastung und Zwang
Axel Drecoll, Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten für Sachsenhausen und Ravensbrück, betont, dass Pflichtbesuche „eine emotionale Überforderung für junge Menschen darstellen könnten“. Dies sollte man niemandem aufzwingen. Gabriele Hammermann, Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, fügt hinzu, dass „um einen Lerneffekt zu erreichen, die Besuche so freiwillig wie möglich erfolgen sollten“.
Andere Ansichten und gesellschaftliche Verantwortung
Jörg Skriebeleit, Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, spricht sich für die Pflichtbesuche aus. Der Besuch einer KZ-Gedenkstätte ist in Bayern für Gymnasiasten und Realschüler verpflichtend. Skriebeleit zufolge mache man hier sehr gute Erfahrungen. Oliver von Wrochem, Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, bemängelt jedoch, dass sich die aktuelle Forderung einer Pflicht „auf eine spezifische Gruppe verschiebt und somit die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sich mit der NS-Herrschaft und ihren Folgen auseinanderzusetzen, vernachlässigt“.
Zustimmung mit Vorbehalt
Elke Gryglewski, Leiterin der Gedenkstätte Bergen-Belsen, befürwortet zwar, dass „möglichst vielen Menschen ermöglicht wird, eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die NS-Verbrechen zu besuchen“. Jedoch sollten die Besuche „unter Bedingungen stattfinden, die Lernprozesse real ermöglichen“. Zwangsbesuche seien dazu nicht geeignet und stünden im Widerspruch zum gewünschten Ziel.
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