(mit Material von dts) Frontex-Chef warnt vor humanitärer Krise im Mittelmeer
Nach einem erneuten tödlichen Schiffsunglück vor der griechischen Küste warnt der neue Frontex-Chef Hans Leijtens vor einer humanitären Krise im Mittelmeer. Die Zahl der nach Europa Fliehenden habe in den ersten Monaten dieses Jahres zwölf Prozent höher als im vergangenen Jahr gelegen, sagte Leijtens der “Süddeutschen Zeitung”. Ausgerechnet auf der Route über das Mittelmeer, “wo es sehr gefährlich ist, steigen die Zahlen um 160 Prozent”. Frontex führt das unter anderem auf neue Geschäftsmodelle der Schmuggler zurück.
Unmenschliche Geschäftsmodelle der Schlepper
Die Schmuggler bauen kleinere Boote, die innerhalb von 24 Stunden zusammengeschweißt werden und eine Überfahrt kostet zwischen 400 und 500 Euro. Auf dem Meer würden Flüchtlinge oft noch mal zur Kasse gebeten, die Boote gar zum Kentern gebracht, wenn nicht gezahlt werde. Leijtens nennt das “unmenschlich und supergefährlich”. Die Politik dürfe nicht nur warten, bis die Schiffe kommen. “Wir müssen mehr dagegen tun, dass sie ablegen”, sagte Leijtens.
Ein Meer, das doppelt so groß ist wie Frankreich, Spanien und Italien zusammen
Seit 2015 sind bereits 25.000 Menschen beim Versuch gestorben, Europa auf dem Seeweg zu erreichen. “Ich wünschte, ich hätte den Einfluss, das Sterben zu stoppen”, so Leijtens weiter. “Aber wir können keine Wunder vollbringen. Wir überwachen ein Meer, das doppelt so groß ist wie Frankreich, Spanien und Italien zusammen.” Es sei sehr schwer, jedem zu helfen, der in Not gerate. “Denn die Menschen sind bereit, große Gefahren auf sich nehmen. Und natürlich versuchen sie unbemerkt, auf die europäische Seite zu kommen.”
Frontex soll transparenter werden
Die wegen Vorwürfen illegaler Pushbacks unter Druck geratene EU-Organisation will Leijtens in seiner Amtszeit transparenter machen. “Wir müssen auch intern deutlich klarmachen, was unsere Standards sind”, sagte Leijtens. “Und wenn sie missachtet werden, wird das hart geahndet.” Frontex müsse auch den Umgang mit Migranten verändern. “Zu tun, was das Gesetz fordert, ist nicht genug. Wir müssen immer daran denken, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die sich in einer verzweifelten Lage befinden und oft gezwungen sind, ihre Heimat und ihre Familien zu verlassen.”