Osnabrück blickt auf ein Jubiläumsjahr zurück, das von April bis Oktober im Zeichen von 375 Jahren Westfälischer Frieden stand. Mehr als 260 Projekte und Veranstaltungen fanden in sieben Monaten statt. Die Stadt zieht eine positive Bilanz, hinterlässt aber hinsichtlich der Besucherzahlen und Strahlkraft durchaus Fragezeichen.
In einem Pressegespräch betonte Wolfgang Beckermann als Erster Stadtrat die hohe Qualität und inhaltliche Tiefe der Veranstaltungen. Die Corona-Pandemie und der völkerrechtswidrige Überfall Russlands auf die Ukraine stellten zwar Herausforderungen dar, gaben aber auch Anlass zur Diskussion über Frieden. „Uns wurde vor Augen geführt, dass Frieden nicht selbstverständlich ist“, stellte Beckermann fest.
100.000 Menschen zu Besuch
„Das Jubiläum ist großartig gelaufen, ich habe in viele glückliche Augen geschaut“, sagte Patricia Mersinger als städtische Kultur-Fachbereichsleiterin und Projektleiterin des Jubiläumsprogramms. Auf die Frage nach konkreten Zahlen gab es allerdings nur schwammige Aussagen. „Gerade bei Kunst im öffentlichen Raum kann man Besucher schlecht zählen“, so Mersinger. Man hätte dies zwar hochrechnen können, hielt das aber nicht für seriös. Immerhin: Mehr als 100.000 Menschen sollen es definitiv gewesen sein, die zu einer der Veranstaltungen im Rahmen des Jubiläumsprogramms gekommen sind. Bei Veranstaltungen, für die Eintrittskarten nötig waren, genauso wie bei Tagungen habe sich das gut nachvollziehen lassen.
Plus bei den Übernachtungszahlen
Weiterhin sind die Übernachtungszahlen im Zeitraum von April bis September deutlich gestiegen: Gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 10 Prozent, im April sogar um rund 20 Prozent. Auch im Vergleich mit 2019, dem bislang stärksten Tourismusjahr Osnabrücks, wurde eine Steigerung von bis zu 8 Prozent erreicht. Die zwölf Tagungen im Rahmen des Jubiläums haben 3.000 Tagungsgäste in die Friedensstadt gelockt und für 1.200 Übernachtungen gesorgt. Die Übernachtungsgäste gaben durchschnittlich 144,30 Euro aus, was zu einem geschätzten Umsatz von rund 170.000 Euro führte. Finanziell fiel die Bilanz ebenfalls positiv aus: „Ausgegeben haben wir 1,95 Millionen Euro, zudem hatten wir 700.000 Euro an Drittmitteln zur Verfügung“, erläuterte Wolfgang Beckermann. „Es bleibt – Stand heute – eine Reserve von 150.000 Euro.“
Junge Menschen erreicht
Als Erfolg gewertet wird das Jugendprogramm mit 2.500 jungen Menschen aus Osnabrück und 21 Schulen, die aktiv am Programm teilnahmen. Insgesamt fanden 63 Jugendprojekte statt und 835 junge Menschen aus über 20 Nationen kamen in die Stadt, um sich mit dem Thema Frieden auseinanderzusetzen. „Diese jungen Menschen tragen jetzt den Friedensgedanken und unsere Stadt in ihre Länder“, befand Patricia Mersinger. „Außerdem wollten wir die Menschen dort erreichen, wo sie sind, also auch in den einzelnen Stadtteilen. Das ist uns mit vielen Projekten, zum Beispiel an Kindergärten, gelungen.“ Die ganze Stadt sei angesprochen gewesen und alle haben mitmachen können.
500.000 Euro fürs Marketing
Für Marketingmaßnahmen stand ein Budget von 500.000 Euro zur Verfügung. Das wurde eingesetzt, um Anzeigen auf Social-Media-Plattformen und in Printmedien zu schalten, Plakate, Programmhefte und Monatsprogramme zu drucken. Bei den Printmedien habe man so eine Gesamtauflage von 5,1 Millionen und in den sozialen Medien 765.000 User erreicht. Stellt man diese Zahlen dem Budget gegenüber, ergibt das einen so genannten Tausender-Kontakt-Preis von rund 85 Euro. So viel Geld musste also aufgewendet werden, um jeweils 1.000 Sichtkontakte zu einer Anzeige oder Veröffentlichung zum Jubiläumsprogramm herzustellen.
Highlights ohne Strahlkraft?
Neben vielen kleinen Projekten wie der Uraufführung des Musicals “1648 – Macht. Liebe. Intrige” von Michael Przewodnik und Florian Albers in der Lagerhalle oder der Kunst-Installation “Fest. Tisch.” von Sigrun Menzel im Stadthaus, gab es im Jubiläumsjahr auch größere Events: Als besondere Highlights nannten die Verantwortlichen die Veranstaltungen vor dem historischen Rathaus, darunter das 360-Grad-Konzert zur Kulturnacht und das Friedenssingen zum Jahrestag des Westfälischen Friedens, ebenso den Auftritt von Ben Becker in der aus allen Nähten platzenden Marienkirche sowie die Aktionen zum Osnabrücker Handschlag.
Große Kunstwerke im öffentlichen Raum, wie die Installation “forx” von Volker-Johannes Trieb und die Verhüllung des ehemaligen Kaufhof-Gebäudes durch Ibrahim Mahama, sorgten zudem für Aufsehen. Ob sie allerdings auch die Strahlkraft hatten, um Osnabrück bundesweit und international bekannter zu machen und den Westfälischen Frieden in die Welt zu tragen, konnte abschließend nicht eindeutig bejaht werden.
Einen entsprechenden Gesamtpressespiegel, also eine Übersicht der veröffentlichten Medienberichte zum Jubiläumsprogramm, gibt es nämlich nicht. Auf die Frage, ob man Erkenntnisse darüber hat, aus welchen Regionen Menschen für das Jubiläum nach Osnabrück gekommen sind, wurde lediglich auf die Angaben der Hoteliers verwiesen und geäußert, dass man die Menschen bei den Veranstaltungen nicht bezüglich ihrer Herkunft befragt habe.