So viel Aufmerksamkeit für ein Foto, das der Osnabrücker Profifotograf Julian Morris für den Stuttgarter Automobilhersteller Mercedes-Benz im vergangenen Jahr an einem Strand in Dänemark aufgenommen hatte, war nicht zu erwarten.
Von der New York Times bis zur Tagesschau verbreitete sich am Dienstag die Meldung über einen Shitstorm, der auf das Social Media Team des schwäbischen Autobauers einprasselte.
Ursache für die Aufregung: Unter dem Hashtag #MondayMotivation hatte ein offensichtlich von den Befindlichkeiten der Chinesen vollkommen uninformierter Social Media Mitarbeiter einen der zahlreichen Sinnsprüche des Dalai Lama über den konzerneigenen Instagram-Account gepostet; übersetzt: „Betrachte eine Situation von allen Seiten und du wirst offener.“
Werbung mit dem Dalai Lama: in China ein No Go
Das Posting, das prompt und wie erwünscht von tausenden Autofans mit einem Like versehen wurde, löste bei chinesischen Freunden der Marke mit dem Stern eine vollkommen gegenteilige Reaktion aus: Sie waren empört.
Der Dalai Lama, Friedensnobelpreisträger und geistiges Oberhaupt der Tibeter, der 1959 ins Exil nach Indien ging, gilt im Reich der Mitte als Staatsfeind, da er unablässig für eine Autonomie der Provinz Tibet von der Pekinger Zentralregierung wirbt.
Für Mercedes ist China inzwischen der wichtigste Absatzmarkt weltweit, weswegen man besonders sensibel darauf reagiert, wenn das Unternehmen dort in die Kritik gerät.
Osnabrücker Fotograf tut die Aufregung leid
Vollkommen überrascht von dem Kontext, in dem sich plötzlich ein von ihm gemachtes Foto befindet, war der Osnabrücker Profifotograf Julian Morris.
Bevor er kommende Woche zu einem neuen Fotojob nach Mittelamerika abreist, schilderte Morris unserer Reaktion, dass er sich zwar über jede Aufmerksamkeit für seine Fotos freue, mit so etwas aber nicht gerechnet habe.
Das in Dänemark entstandene Werbefoto gehört zu einer Reihe von Bildern, für die Mercedes von ihm die Rechte übernommen hat. Wie die Bilder genutzt werden steht dabei dem Autobauer grundsätzlich frei. Dass ausgerechnet durch die Verwendung im Kontext mit dem Dalai Lama so viele Chinesen aufgebracht wurden, tut Morris, der zu der Tibetfrage selbst keine Position beziehen will, leid. Mit seiner Arbeit, die ihn auch regelmäßig nach Asien führt, will Morris keine Konflikte auslösen.
Mercedes bekommt Kritik von allen Seiten
Mercedes reagierte prompt und nahm das Foto mit dem strittigen Zitat schnell wieder vom Netz. Auf einer extra eingerichteten Seite im chinesischen Social Media Netzwerk Weibo entschuldigt Mercedes sich für „falsche Informationen“, die „die Gefühle des chinesisches Volkes verletzet“ hätten. Man werde „sofort Schritte unternommen, um unser Verständnis für die chinesische Kultur und Werte zu vertiefen.“
Die Entschuldigung sorgte allerdings gleich für neuen Ärger aus einer anderen Ecke. Eine für die Rechte Tibets einstehende Organisation warf den Schwaben vor, mit ihrer Erklärung die Sprachregelung der kommunistischen Partei Chinas angenommen zu haben.