Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf den Flughafen Münster/Osnabrück (FMO) und den internationalen Luftverkehr aus? Zu dieser Frage war FMO-Chef Prof. Dr. Rainer Schwarz als Gast zum IHK-Mittagsgespräch eingeladen, das auch per Videostream übertragen wurde.
“Wir sind faktisch bereits im zweiten Lockdown” resümierte Prof. Schwarz nachdem er einen Rückblick auf die vergangenen Monate gegeben hatte, die neben den Corona-bedingten Rückschlägen durchaus auch positive Aspekte zu bieten hatten. Aktuell trüben sich die Bedingungen für den Flugverkehr wieder ein.
Das Jahr 2020 fing für den FMO hervorragend an, gemessen an den Vorjahren, die geprägt waren von der Air Berlin Pleite und der Insolvenz des am FMO besonders stark vertretenen Carriers Germania.
Der FMO konnte durch neue Airlines und neue Ziele im vergangenen Jahr und in den ersten beiden Monaten des neuen Jahres weit bessere Zahlen liefern als der Durchschnitt der bundesdeutschen Regionalflughäfen. Und dann kam der März, in dem nicht mehr Zehntausende sondern nur noch ein paar hundert Fluggäste abgefertigt wurden.
Reiseaktivität folgt den Ansagen der Politik
Anhand von Zahlenmaterial der rückliegenden Monate kann der FMO-Chef eine direkte Korrelation der Fluggastzahlen während der Corona-Krise mit den politischen Entscheidungen in den Landeshauptstädten Düsseldorf und Hannover sowie der Bundeshauptstadt Berlin nachzeichnen. Mehr als 24.000 Passagiere entschieden sich im August für eine Flugreise ab FMO. Doch über den Sommer gab es oft unabgestimmt wirkende Aussagen aus der Politik und unklare Regelungen hinsichtlich Reisewarnungen und Quarantänebestimmungen und sorgten immer wieder für Unruhe bei den Reisenden.
Urlaubsreisen werden wieder deutlich schwieriger
Ab dem 15. Oktober bedeutet jede Einreise aus Risikogebieten fünf Tage Quarantäne für die Reisenden. Die praktischen Testzentren direkt an den Flughäfen werden dann wieder abgebaut und die Testentnahmen an die niedergelassenen Ärzte im Heimatort der Reisenden verlagert. Bis dann das für die Beendigung der Quarantäne notwendige Testergebnis vorliegt, dürfte schnell eine Woche vergangenen sein. Damit muss an jede Woche Mallorca-Kurzurlaub eine Woche Quarantäne angehängt werden. Damit ist der touristische Flugverkehr nach Ansicht von Schwarz nahezu tot.
Vor diesem Hintergrund tröstet es Schwarz auch nicht, dass Griechenland, das keinen Risikostatus hat, aktuell boomt wie nie zuvor und die Linienverbindung zum Drehkreuz München mit täglich vier Flügen schon fast wieder auf Vor-Krisen-Niveau ist.
Weil der interkontinentale Flugverkehr nahezu nicht mehr stattfindet, fehlt allerdings die früher wichtige Direktverbindung vom FMO nach Frankfurt, für die von der Lufthansa die Wiederaufnahme weiter in die Zukunft verschoben wurde.
FMO-Personal reagierte flexibel auf Corona-Krise
Doch der FMO-Chef war nicht zur Schwarzmalerei bei den lokalen Wirtschaftsvertretern angetreten. So berichtete der Flughafenchef, dass sein Team im März binnen weniger Tage bereit gewesen wäre für eine Kurzarbeiterregelung, während an einigen Großflughäfen – trotz fehlender Flugbewegungen und Passagiere – vielfach bis in den Mai so weitergearbeitet wurde, als gäbe es noch Flugverkehr.
Airlines erwarten Nachholeffekte im Jahr 2021
Für das kommende Jahr, so Schwarz bereiten sich die touristischen Airlines auf eine große Nachfrage vor und erwarten Nachholeffekte für die in diesem Jahr ausgefallenen Ferienreisen. Allgemein werde allerdings erst für 2025 ein Erreichen des Vorkrisenniveaus erwartet.
Mittelfristig könnte es sogar eine Renaissance des Regionalflugverkehrs geben, da alternative Antriebe mit Wasserstoff oder Bioflugbenzin vor allem erstmal bei kleinen Flugzeugen installiert werden, die ideal geeignet sind um Direktverbindungen innerhalb Deutschlands anzubieten. Ein Wirtschaftsvertreter äußerte dazu seine Hoffnung, dass zum Beispiel Dresden wieder angeflogen wird, das weder per Auto noch per Bahn gut erreichbar ist. Andere Ziele, die von Gästen der IHK gewünscht werden sind weitere internationale Hubs wie Amsterdam, Köln und Paris, die in der Vergangenheit schon vom FMO angeflogen wurden.
Auch Ziele in Polen, das ein wichtiger Wirtschaftspartner der Region Osnabrück ist, werden von der lokalen Wirtschaft nachgefragt, ergänzte IHK-Hauptgeschäftsführer Marco Graf.
Finanzielle Corona-Folgen vergleichsweise überschaubar
Vor einer Schließung des FMO und anderer Regionalflughäfen warnte der FMO-Chef. Vorhandene Infrastruktur in der Krise zu zerstören sei kurzsichtig, denn einen einmal außer Betrieb genommenen Flughafen würde man nicht wieder genehmigt bekommen. Den Finanzbedarf von etwa 10 Millionen Euro, den die Gesellschafter, darunter u.a. die Stadt und der Landkreis Osnabrück, in das Eigenkapital einzahlen sollen um die Corona-Folgen abzufedern, sieht Prof. Schwarz als überschaubar an. Der Flughafen Düsseldorf habe bereits mehrere hundert Millionen Euro an Unterstützungszahlungen und Darlehen erhalten, so Schwarz.
Bahn ist in der Region Münster/Osnabrück auch weiter wenig attraktiv
Mit Verweis auf eine von der IHK-Münster vorgenommene Untersuchung der DB-Fernverkehrspläne warnte Schwarz davor auf eine bessere Bahnanbindung der Region zu hoffen.
Auch in Zukunft werde die Bahn den Flughafen Düsseldorf nur mit Regionalzügen anbinden, so dass ein Umsteigen in Duisburg notwendig bleibt. Der Frankfurter Flughafen, so die DB-Pläne, wird weiterhin nur im Zweistundentakt mit Fernzügen aus der Region erreicht. Die Frühverbindungen in die USA und nach Asien werden auch nach 2030 nicht erreicht, so die Recherche der IHK in Münster. Zudem verschwenkt die Bahn zukünftig die Nord-Süd-Achse in Richtung Osten (via Hamm/Hannover), die klassische Achse von Hamburg über Osnabrück und Münster nach Köln wird zukünftig weniger wichtig für die Bahn sein, warnte der Flughafenchef und sieht durch diese Planungen der Bahn auch die Bedeutung des FMO gestärkt.