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Fast jeder Zweite lässt sich in Liebesdingen durch TikTok & Co beeinflussen

In einer umfangreichen Studie untersucht Philipp Armin Krämer, Psychologiestudent an der Universität Trier, welchen Einfluss soziale Medien wie Facebook, Instagram und TikTok auf romantische Paarbeziehungen haben – mit vielleicht überraschenden Ergebnissen.

Das Ergebnis ist vielschichtig und bringt einige überraschende Erkenntnisse hervor: Entgegen weitverbreiteter Meinungen sind die Auswirkungen nicht ausschließlich negativ, dafür oft überraschend eindeutig. Mit dem richtigen Ansatz können soziale Netzwerke sogar zur Stärkung von Beziehungen beitragen und das eigene Selbstwertgefühl fördern.

Einfluss von Social Media auf die Sichtweise von Liebe und Partnerschaft: Inspiration oder Illusion?

Die Untersuchung basiert auf einer Online-Umfrage, an der 100 Personen teilgenommen haben. Ziel der Studie war es, zu analysieren, wie soziale Medien das Bild von romantischen Beziehungen und Partnerschaften verändern. Krämer legte hierbei besonderes Augenmerk auf die Wahrnehmung von Liebe, die Partnersuche, die gemeinsame Zeit, das Vertrauen und die Beziehungsdauer.

Bei den Befragten dominierte Facebook als genutzte Social Media Plattform
Bei den Befragten dominierte Facebook als genutzte Social Media Plattform / Grafik: Philipp Armin Krämer

Interessant ist, dass fast die Hälfte der Befragten (46 Prozent) angibt, dass ihre Ansichten über Liebe und Partnerschaften durch Social Media beeinflusst wurden – und dies nicht unbedingt negativ. Ganze 38 Prozent der Befragten berichten von einem positiven Einfluss. Ein Teilnehmer beschrieb beispielsweise, wie ein inspirierendes Video über gesunde Kommunikation ihm geholfen hat, besser auf die Bedürfnisse seines Partners einzugehen. Solche persönlichen Anekdoten zeigen, dass soziale Medien auch als Quelle für Beziehungswissen dienen können.

Dies steht im Gegensatz zu der verbreiteten Annahme, dass soziale Netzwerke vor allem unrealistische Erwartungen und damit Unzufriedenheit in Beziehungen fördern. Während viele Experten davon ausgehen, dass idealisierte Darstellungen in sozialen Medien dazu führen, dass Menschen ihre eigenen Beziehungen als unzureichend empfinden, zeigt Krämers Studie ein differenziertes Bild. Lediglich 14 Prozent der Befragten gaben an, dass soziale Medien bei ihnen zu unrealistischen Erwartungen geführt hätten. Ein Großteil der Nutzer sieht die Möglichkeit, durch soziale Netzwerke positive Vorbilder zu finden, die ihnen helfen, die eigene Partnerschaft zu verbessern.

Insbesondere jüngere Menschen, die im Alter von 20 bis 30 Jahren sind, scheinen von dieser Inspirationsquelle zu profitieren. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass Social Media durchaus in der Lage ist, gesunde und positive Vorstellungen von Beziehungen zu fördern – vorausgesetzt, der Konsum wird kritisch reflektiert. Ein Teilnehmer schilderte beispielsweise, dass er durch Instagram-Posts über Achtsamkeit und Partnerschaft dazu motiviert wurde, regelmäßige Gespräche mit seinem Partner über die Beziehung zu führen.

Soziale Medien als Ort des Kennenlernens: Mehr Chancen oder oberflächliche Verbindungen?

Ein weiterer Schwerpunkt der Studie lag auf der Partnersuche über soziale Netzwerke. Rund 70 Prozent der Befragten gaben an, dass das Kennenlernen über Social Media mindestens etwas erleichtert wird. Vor allem jüngere Menschen nutzen Plattformen wie Instagram oder spezielle Dating-Apps wie Tinder, um potenzielle Partner zu treffen. Dabei zeigt sich jedoch auch, dass es nicht immer einfach ist, online tiefere Verbindungen zu knüpfen.

So geben zwar 32 Prozent der Befragten an, dass sie glauben, über Social Media einen besser passenden Partner finden zu können als im realen Leben, doch empfinden viele die Beziehungen, die online entstehen, als eher oberflächlich. Eine Teilnehmerin erzählte, dass sie jemanden über Instagram kennengelernt habe, mit dem sie viele gemeinsame Interessen teilte. Sie merkte jedoch an, dass die digitale Verbindung anders war, als sich persönlich zu treffen und eine tiefere emotionale Bindung aufzubauen.

Social Media als "Ort des Kennenlernens" inzwischen fast so bedeutend wie Datingplattformen
Social Media als „Ort des Kennenlernens“ inzwischen fast so bedeutend wie Datingplattformen / Grafik: Philipp Armin Krämer

Interessanterweise nutzen auch ältere Menschen soziale Medien zunehmend zur Partnersuche. In der Altersgruppe über 30 Jahren haben mehr als 37 Prozent der Befragten ihren Partner über Social Media oder Datingplattformen kennengelernt. Das liegt oft daran, dass das soziale Umfeld dieser Altersgruppe stabiler oder sogar kleiner wird, wodurch die Chancen, im realen Leben neue Menschen kennenzulernen, geringer sind. Online-Plattformen bieten hier eine niedrigschwellige Möglichkeit, gezielt nach Menschen zu suchen, die ähnliche Interessen oder Lebensziele haben. Zudem ist die Flexibilität ein weiterer Pluspunkt: Menschen mit einem vollen Terminkalender können von überall aus und jederzeit mit potenziellen Partnern in Kontakt treten, ohne viel Zeit investieren zu müssen.

Dennoch bleibt ein gewisser Vorbehalt gegenüber der Partnersuche über soziale Medien bestehen. Mehr als zwei Drittel der Befragten finden es schwierig, eine tiefergehende Verbindung zu Menschen zu knüpfen, die sie online treffen. Sie fürchten, dass der Fokus oft auf oberflächlichen Aspekten liegt, wie etwa dem Aussehen oder den Profilinformationen, die nicht immer repräsentativ für den wirklichen Charakter einer Person sind. Trotz dieser Bedenken gibt es viele, die positive Erfahrungen gemacht haben und den sozialen Medien eine wichtige Rolle bei der Partnersuche zuschreiben.

Kommunikation und gemeinsame Zeit: Social Media als Segen und Fluch

Eine der wohl größten Herausforderungen für Paare ist der Einfluss von Social Media auf die Kommunikation und die gemeinsam verbrachte Zeit. Hier sind die Meinungen der Befragten geteilt. Während oft angenommen wird, dass soziale Medien die Aufmerksamkeit und Qualität der gemeinsamen Zeit negativ beeinflussen, zeigt Krämers Studie, dass viele Paare Social Media bewusst nutzen, um ihre Beziehung zu bereichern.

So gaben 73 Prozent der Befragten an, dass sie durch soziale Netzwerke Inspiration für gemeinsame Aktivitäten finden, und 41 Prozent sehen Social Media als Mittel zur verbesserten Kommunikation. Besonders in Fernbeziehungen können Plattformen wie Instagram oder WhatsApp helfen, das Gefühl der Nähe aufrechtzuerhalten. Eine Teilnehmerin berichtete, dass sie und ihr Partner trotz der Entfernung regelmäßig über Videoanrufe in Kontakt blieben und sich dadurch näher fühlten. Das Teilen von Alltagserlebnissen über Instagram Stories habe ihnen das Gefühl gegeben, trotz der Distanz Teil des Lebens des jeweils anderen zu sein.

Dennoch gibt es auch negative Aspekte: Rund 36 Prozent der Befragten haben das Gefühl, dass soziale Medien manchmal zu weniger gemeinsamer Zeit führen, und 28 Prozent berichten, dass es gelegentlich zu Missverständnissen kommt. Ein Befragter erzählte, dass er oft das Gefühl habe, seine Partnerin sei mehr am Handy als bei ihm, was immer wieder zu Diskussionen führe. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass soziale Medien zwar die Möglichkeit bieten, Erlebnisse und Inhalte zu teilen, gleichzeitig jedoch auch zu Konflikten führen können.

Allerdings gaben 63 Prozent der Befragten an, dass sie ihre Social Media Nutzung bewusst steuern, um sicherzustellen, dass ihre Beziehung nicht darunter leidet. Viele Paare setzen Prioritäten und sind sich der potenziellen Probleme bewusst, die der exzessive Konsum sozialer Medien mit sich bringen kann. In Fernbeziehungen sehen viele Befragte Social Media sogar als wertvolles Instrument, um die Distanz zu überbrücken: Fast die Hälfte der Teilnehmer gab an, dass sie sich durch die Nutzung sozialer Medien ihrem Partner näher fühlen, auch wenn sie räumlich getrennt sind.

Vertrauen und Eifersucht: Die Kehrseite der sozialen Medien

Ein weiteres zentrales Thema der Studie war der Einfluss von Social Media auf Vertrauen und Eifersucht in Beziehungen. Vor allem jüngere Menschen (77 Prozent der Befragten) geben an, dass soziale Medien Eifersucht und Unsicherheit verstärken können. Dies geschieht beispielsweise durch sichtbare Interaktionen des Partners mit anderen Nutzern, was zu Misstrauen führen kann. Die ständige Verfügbarkeit potenzieller neuer Partner in sozialen Netzwerken stellt für viele eine Herausforderung dar. Die Versuchung, neue Bekanntschaften zu knüpfen, kann das Vertrauen in der Beziehung beeinträchtigen.

Interessanterweise gibt es jedoch auch positive Aspekte: Einige Paare nutzen soziale Netzwerke, um ihre Beziehung öffentlich zu zeigen, was wiederum das Vertrauen und die Verbundenheit stärken kann. Durch das Teilen von gemeinsamen Erlebnissen und die öffentliche Bekundung von Zuneigung fühlen sich viele Partner in ihrer Beziehung bestärkt. Eine Teilnehmerin berichtete, dass ihr das Posten von gemeinsamen Fotos geholfen habe, ihrer Familie und ihren Freunden ihre Partnerschaft zu zeigen und sich so mehr verpflichtet und verbunden zu fühlen.

Dennoch bleibt die Balance zwischen öffentlicher Darstellung und privater Intimität wichtig. Die Studie zeigt, dass 42 Prozent der Befragten die Öffentlichkeit ihrer Beziehung auf Social Media eher kritisch sehen und der Meinung sind, dass solche Darstellungen oft zu einem verzerrten Bild führen. Der ständige Vergleich mit anderen Paaren, die ihre vermeintlich perfekte Beziehung präsentieren, kann zu Selbstzweifeln und Unzufriedenheit führen. Paare, die sich jedoch bewusst dafür entscheiden, nur bestimmte Aspekte ihrer Beziehung zu teilen und dabei authentisch zu bleiben, können von den positiven Effekten profitieren.

Fördern oder gefährden soziale Medien die Liebe?

Ein weiterer interessanter Aspekt, den Krämer in seiner Studie beleuchtet, ist die Frage, wie sich soziale Medien auf die Dauer von Beziehungen auswirken. Hier sind die Ergebnisse gemischt: Während 22 Prozent der Befragten angaben, dass die ständige Verfügbarkeit potenzieller neuer Partner in sozialen Medien dazu führt, dass sie sich auch außerhalb ihrer aktuellen Beziehung umschauen, sehen über zwei Drittel keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Social Media und der Beziehungsdauer.

Interessanterweise geben jedoch 7 Prozent der Befragten an, dass soziale Medien sogar einen positiven Einfluss auf die Dauer ihrer Beziehung haben, da sie durch die ständige Kommunikation und das Teilen von Erlebnissen die Bindung zum Partner stärken konnten. Ein Teilnehmer erzählte, dass er und seine Partnerin eine gemeinsame Instagram-Seite für ihre Reisen erstellt haben und dass das Planen und Teilen der Inhalte ihre Verbindung weiter vertieft hat.

Es zeigt sich, dass der Einfluss von Social Media auf die Beziehungsdauer stark davon abhängt, wie Paare die sozialen Netzwerke nutzen. Während einige Paare in den sozialen Medien eine wertvolle Möglichkeit sehen, ihre Beziehung zu vertiefen und gemeinsame Erinnerungen festzuhalten, führt der ständige Vergleich und die Versuchung neuer Bekanntschaften bei anderen zu Unsicherheit und Konflikten.


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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