Sie steht schon da, noch verhüllt von einem großen Plastikverhüterli. Für ein Foto haben wir den Plastikschutz ein wenig nach oben verschoben. Auf die Frage nach den Kosten, konnte Frank Otte am Dienstagabend den Osnabrücker Lokalpolitikern keine Antwort geben.
Osnabrücks erste Fahrradzählmaschine steht da, wo es auf jeden Euro ankommt, direkt gegenüber der Osnabrücker Tafel.
Wie hoch denn genau die Kosten für die Zählmaschine sind, auf diese Nachfrage von Dr. Steffen Grüner (BOB), konnte oder wollte der grüne Stadtbaurat bei einer Ausschusssitzung am Donnerstagabend keine Antwort geben.
Veranschlagt und von den Lokalpolitikern genehmigt, wurden bereits im vergangenen Jahr 38.000 Euro, für die von der Verwaltung gleich sechs derartige Automaten angeschafft werden sollen, um damit, so die Verwaltungsbegründung, “dauerhaft quantitative Daten für eine fundierte Planung und Monitoring des Radverkehrs” zu erheben.
In anderen Städten kostet eine Anlage um die 30.000 Euro
Da unsere Redaktion im vergangenen Jahr recherchieren konnte, dass eine vergleichbare (einzelne) Anlage der Stadt Hamburg mehr als 30.000 Euro kostete, sind zumindest Zweifel an dem ursprünglichen Kostenansatz des Baurats angebracht. In Bremen kostete, und das bereits 2011, eine ähnliche Anlage 27.000 Euro, wie der Weser Kurier berichtete.
Eine an das Presseamt der Stadt am Freitagmorgen gerichtete Nachfrage blieb bislang unbeantwortet. Auch wann die Anlage offiziell in Betrieb gehen soll, konnte man uns bislang nicht sagen.
Stadtbaurat kennt bei Ausschusssitzung die Kosten nicht
Anette Meyer zu Strohen (CDU), Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (StUA), schilderte gegenüber unserer Redaktion die Konfusion zwischen dem Stadtbaurat und einer städtischen Mitarbeiterin hinsichtlich der Kosten für die Zählmaschine. Die Lokalpolitikerin erwartet eine konkrete Zahl mit dem Protokoll zur gestrigen Ausschusssitzung. Für sie steht weiterhin fest, dass Frank Otte sich an den von den Lokalpolitikern festgesetzten Kostenrahmen halten wird.
Begründung für die Zählmaschinen: Motivation zur Verkehrswende
Anders als die womöglich illegal, weil gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) installierte Kameraüberwachung des Luxusfahrradwegs am Wall, sollen in den neuen Zählmaschinen keine Kameras eingesetzt werden. Allerdings gibt es Zweifel an der Zählgenauigkeit der Blechkisten, die der Stadtbaurat am Dienstagabend als “unverzichtbar für die Motivation” der Fahrradfahrer bezeichnete.
Sollte sich die Technik nicht wesentlich weiterentwickelt haben, ist mit wenig validen Zahlen zu rechnen, die von der Verwaltung nicht nur als Motiviationshilfe, sondern auch Planungsgrundlage verwendet werden sollen.
Kommentar des Autors
Selbst wenn die Zählanlagen in Osnabrück nicht so absurd schlecht funktionieren, so wie es von der Redaktion extra3 in Hamburg nachgewiesen wurde, ist die Anlage immer noch ein hoch ausgestreckter Mittelfinger gegenüber den Besuchern der Osnabrücker Tafel, die sicher genauso wenig Verständnis für das Zählen von Fahrradfahrern haben werden, wie ein großer Teil der Steuerzahler, die den “Spaß” bezahlen dürfen, meint HASEPOST-Herausgeber Heiko Pohlmann.
Warum nur finden die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung so ein großes Gefallen an offensichtlichen Sinnlos-Projekten? Mehr Investitionen in die Verkehrssicherheit, ohne gleich wieder Symbolcharakter schaffen zu wollen und Erziehungs-Fantasien zu frönen, würde sicher auch mehr Zustimmung bei den Osnabrückern finden; billiger wäre es zudem auch noch!
Und was die angebliche “Motivation” für die Fahrradfahrer angeht, die nach Ansicht des Stadtbaurats wohl nur deswegen aufs Zweirad umsteigen, weil sie kindliche Freude daran erleben, weil ein Digitaldisplay bei der Vorbeifahrt um einen Zähler weiterspringt… Also, wenn dass die vielbeschworene Mobilitätswende ist? Für das Geld können wir auch ein paar Eurojobber an den Fahrradweg stellen, die lauthals eine Zahl ausrufen.
So eine Maßnahme wäre jedenfalls präziser und würde einer Mehrheit der Osnabrücker vielleicht endlich vor Augen führen, wie dreist ihnen für das Hobby eines leitenden Verwaltungsbeamten in die Tasche gegriffen wird.
Fahrradfahren ist eine prima Sache, vor allem in den Sommermonaten und bei kürzeren Strecken, zum Beispiel aus dem Katharinenviertel in ein Verwaltungsbüro in der Osnabrücker Altstadt, so wie es dem Stadtbaurat möglich ist. Aber dafür braucht es sicher nicht derartig teure Motivationshilfen.
Die Pendler-Realität sieht für die meisten Arbeitnehmer ganz anders aus, daran werden auch motivierende Digitaldisplays nichts ändern. Diese Menschen müssen – bei Schichtdienst und schlechtem Wetter – pünktlich und trocken bei der Arbeit erscheinen. In welchem Teletubby-Land glauben eigentlich die Verantwortlichen für solche Projekte, spielt sich die Lebensrealität der Steuerzahler dieser Stadt ab?
Sollte sich herausstellen, dass die angeblich “nur” 38.000 Euro für ein halbes Dutzend Zählanlagen wieder “geschummelt” waren, so wie die ursprünglich der Öffentlichkeit genannten Kosten für den Luxusradweg am Wall, könnten wir auch mal ganz anders zählen, und zwar rückwärts: -1 Stadtbaurat!