Osnabrücks Oberbürgermeisterin Katharina Pötter fand in ihrer Handgiftenrede 2025 eindringliche Worte zu der, ihrer Ansicht nach, aktuell gefährdeten Demokratie. Aber auch der Neumarkt, die Zusammenarbeit zwischen dem Klinikum und den Niels-Stensen-Kliniken und die wirtschaftliche Lage wurden thematisiert.
Mit einer eindrucksvollen Metapher beschrieb Katharina Pötter die zunehmende Respektlosigkeit gegenüber demokratischen Werten: „Unser Grundgesetz wird nach 75 Jahren mit einem giftgelben Totlach-Smiley markiert. Hohn und Spott statt Einigkeit und Recht und Freiheit.“ Diese Haltung sei nicht nur toxisch, sondern stelle eine reale Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung dar. Pötter warnte vor den Konsequenzen einer wachsenden Spaltung der Gesellschaft und rief dazu auf, demokratische Werte aktiv zu verteidigen.
Pro-und-Contra-Argumente statt Moral-Zeigefinger
Gründe dafür, dass einige Menschen an die „politischen Ränder“ verloren gehen, sieht Osnabrücks Oberbürgermeisterin nicht allein in Desinformationskampagnen von außen, „die die Bürger verunsichern und die Gesellschaft spalten“, sondern auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und anderen Medien, die bisweilen nach Ansicht Pötters, „die Grenze zwischen Journalismus und Aktivismus deutlich überschreiten. Wer gesellschaftliche Veränderungen erzwingen will und sich dabei als Oberlehrer aufspielt, wer Teile des Publikums beschimpft und für dumm verkauft und wer statt mit klugen Pro-und-Contra-Argumenten mit dem erhobenen Moral-Zeigefinger kommt, bekommt im Gegenzug schon mal einen anderen Finger gezeigt.“
Wirtschaftswunder-Weisheit als Seitenhieb gegen gescheiterte Ampelkoalition
Die Oberbürgermeisterin beleuchtete in ihrer Rede zuvor die vielfältigen Herausforderungen, die Osnabrück und die Welt derzeit prägen. Neben dem anhaltenden Krieg in der Ukraine, der politischen Instabilität im Nahen Osten und den Folgen des Klimawandels nannte sie die Wirtschaftskrise als zentrale Problematik. „Die Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne die Wirtschaft ist alles nichts“, zitierte Pötter den Wirtschaftswunder-Minister Ludwig Erhard (CDU) und sorgte für Zwischen-Applaus – während unter anderem Frank Henning (SPD) und Volker Bajus (Grüne) für diese gut versteckte Kritik am Wirtschaftskurs der Ampel-Regierung unter Robert Habeck demonstrativ keinen Beifall abgaben. Pötter legt daraufhin noch nach: „Wer die Entscheidungsträger in der Wirtschaft in erster Linie als das gesellschaftliches Gegenüber sieht, dem es zu misstrauen gilt, hat in meinen Augen nicht verstanden, was jahrzehntelang das Erfolgsmodell unseres Landes war.“
Im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Lage verwies Pötter auf die schwierige finanzielle Lage der Kommunen, die am Ende der staatlichen Verteilungskette stehen, aber nur wenige Sparmöglichkeiten und Gestaltungsspielraum bei den freiwilligen Leistungen der Kommune haben. Gleichzeitig lobte sie die Erfolge Osnabrücks, etwa den achten Platz in der Prognos-Standortanalyse, der die Attraktivität der Stadt als Wirtschaftsstandort belege.
Kliniken in der Transformation: Ein gemeinsames Ziel mit Niels-Stensen-Gruppe
Ein zentraler Punkt der Rede war die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Osnabrück. Pötter betonte die Notwendigkeit, kostenintensive Doppelstrukturen abzubauen, und kündigte eine enge Zusammenarbeit zwischen der Stadt und dem Niels-Stensen-Verbund an. Damit knüpfte die Oberbürgermeisterin an ihre Handgiftenrede 2024 an, in der sie bereits eine Kooperation mit dem städtischen Klinikum und der ins Straucheln geratenen katholischen Niels-Stensen-Kliniken (u. a. MHO) in Aussicht gestellt hatte. Ziel sei es, die medizinische Versorgung der Bürgerinnen und Bürger langfristig zu sichern und Doppelstrukturen abzubauen. Die Unterstützung durch den neuen Bischof Dominicus bezeichnete sie als wertvollen Beitrag: „Das oberste Ziel ist die bestmögliche Gesundheitsversorgung für die Bürgerinnen und Bürger.“
Neumarkt: Fortschritte in Sicht aber auch private Eigentümer gefordert
Auch die Situation am Neumarkt, dem Problemplatz der Stadt, kam zur Sprache. Pötter hob hervor, dass die Stadtverwaltung ihre Aufgaben erfüllt habe und 2025 mit der Platzgestaltung beginnen werde. „Alles, was darüber hinaus passiert, liegt in der Hand privater Eigentümer“, stellte sie klar. Sie forderte eine sachliche Diskussion und erinnerte daran, dass die Stadt keine rechtlichen Mittel habe, um private Bauherren zu zwingen.
Klimaschutz: Lokale Verantwortung in einer globalen Krise
Trotz der vielen akuten Krisen betonte Pötter, dass der Klimaschutz eine der größten Herausforderungen bleibe. Die Stadt arbeite an innovativen Projekten wie der Förderung des Radverkehrs und der Klimafolgenanpassung. Besonders beeindruckt zeigte sie sich von der internationalen Zusammenarbeit, etwa mit der südkoreanischen Partnerstadt Gwangmyeong, die Vorbildcharakter im Klimaschutz habe. „Der Klimawandel ist und bleibt die größte globale Herausforderung unserer Zeit“, erklärte Pötter und betonte, bei diesem Themenfeld verstärkt auf die Zusammenarbeit mit den Partnerstädten zu setzen, um neue Impulse für Osnabrück zu bekommen und eigene Erfahrungen zu Teilen.
Zusammenhalt als Schlüssel für den Erfolg der Stadt Osnabrück
Pötter zeigte sich abschließend optimistisch, dass Osnabrück trotz der Herausforderungen auf einem guten Weg sei. Sie lobte die konstruktive Zusammenarbeit im Stadtrat und betonte die Bedeutung von Zusammenhalt und Kooperation. „Im Großen und Ganzen ziehen wir hier in Osnabrück an einem Strang“, sagte sie. Die Tradition des Handgiftens stehe symbolisch für den Geist des Miteinanders, den sie sich für die Stadt auch in Zukunft wünscht.