Wirtschaftsforscher und Diakonie warnen: Die von der Familienministerin geplanten zwölf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung sind nicht ausreichend. Sie fordern eine Erhöhung auf mindestens 20 Milliarden Euro, um Kinderarmut effektiv zu bekämpfen und langfristige Folgekosten zu vermeiden.
Kindergrundsicherung: Mehr Mittel erforderlich
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und die Diakonie bemängeln, dass die von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) anfangs genannten zwölf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung nicht ausreichen. Ihrer Ansicht nach sind mindestens 20 Milliarden Euro erforderlich. „Das ist ein Bruchteil der Summe, die Staat und Steuerzahler heute schon schultern müssen, wenn Kinderarmut nicht energischer bekämpft, sondern stattdessen lieber die enormen Folgekosten in Kauf genommen werden“, sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.
Langfristige Investition in Kinder
Lilie betont, dass es nicht nur um kurzfristige Sparzwänge geht, sondern auch um die mittel- und langfristigen Belastungen für Staat und Steuerzahler, wenn nicht frühzeitig in alle Kinder investiert wird. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten von Kinderarmut in Deutschland werden auf jährlich etwa 3,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) geschätzt. „Wir sprechen hier also von einem zehnfachen Betrag von 110 bis 120 Milliarden Euro“, so Lilie. Er plädiert dafür, einen Teil dieser Milliarden in besser erreichbare und höhere Leistungen für Kinder in armutsgefährdeten Familien zu investieren und für eine bessere soziale Infrastruktur für Kinder und Jugendliche zu sorgen.
Forderung nach rascher Einführung der Kindergrundsicherung
DIW-Präsident Marcel Fratzscher drängt ebenfalls auf eine rasche Einführung der Kindergrundsicherung. „Studien zeigen, dass Armut oft von Generation zu Generation weitergegeben wird, diese Entwicklung gilt es zu durchbrechen“, sagte er. Ein automatisiertes und digitales Verfahren bei der Auszahlung würde die Familien nicht länger zu Bittstellern machen und dafür sorgen, dass die Berechtigten alle Leistungen erhielten, die ihnen zustünden.
Absicherung aller Kinder
Fratzscher schlägt einen höheren Garantiebetrag zur Kindergrundsicherung vor – möglichst höher als das Kindergeld in Höhe von 250 Euro -, sodass jedes Kind unabhängig vom Einkommen der Eltern abgesichert ist. Hinzu käme ein einkommensabhängiger Betrag und andere Leistungen für Bildung und Teilhabe, etwa für Klassenfahrten, Sportverein und Musikschule.
Fratzscher warnt davor, dass die Kindergrundsicherung aus Kostengründen scheitern könnte. „Es wäre ein Fehler, die Ausgaben für die Kindergrundsicherung auf zwei Milliarden Euro zu drücken, wie es derzeit im Bundeshaushalt vorgesehen ist“, sagte er. „Wirtschaft und Gesellschaft würden stark durch die besseren Bildungschancen einer Kindergrundsicherung profitieren, auch da dies die Grundlage für mehr Fachkräfte ist“, so der DIW-Präsident.