Mit zunehmender Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus stieg auch der Bedarf an Desinfektionsmitteln stetig an. Der Gebrauch ist einfach – Sprühen, verteilen, fertig. Oder? Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt Desinfektor Ralph Bittner aus Rieste, was es bei der Benutzung zu beachten gibt und wie das Produkt zu einer vorgetäuschten Sicherheit werden kann.
„In Zeiten der Corona-Krise fällt mir besonders oft auf, wie Menschen sich selber oder andere durch falsche Aufklärung oder fehlendes Wissen unnötig gefährden. Als Desinfektor sehe ich den falschen Umgang mit dem Virus täglich“, erklärt der CleanClima-Inhaber.
Hautreizungen und Allergien
„Sehr oft sind Desinfektionsmittel eine chemische Keule. Es können Hautreizungen entstehen und Allergien erzeugt werden“, so Bittner. Der korrekte Umgang müsse wie jedes andere Handwerk genau erlernt werden: „Es muss alles ordentlich benetzt sein.“ Zudem sei die benötigte Einwirkzeit von Artikel zu Artikel unterschiedlich. „Manche brauchen 30 Sekunden, andere fünf Minuten. Allerdings sind Desinfektionsmittel für den normal Nichtinfizierten auch gar nicht das Nonplusultra“, fügt er hinzu. Das Corona-Virus ist von einer Fettschicht umgeben. „Handelsübliche Seife wäscht diese Schicht von den Viren ab“, erläutert der CleanClima-Inhaber.
Falsches Putzen kann Viren verteilen
„Falls man eine Fläche abputzen möchte ist zu beachten, dass der Lappen immer nur in eine Richtung gestrichen wird. Bei kreisförmigen Bewegungen können sich Viren und Bakterien weiter verteilen.“ Bei direkter Benutzung von Sprühflaschen gelte dasselbe Prinzip: „Als bildlicher Vergleich: Streuen sie einmal etwas Mehl auf eine Fläche und pusten sie darauf. Das ist derselbe Effekt. Nehmen Sie ein Tuch und wischen sie immer in eine Richtung. Stellen Sie zudem zwei Eimer bereit: Einem zum Auswaschen des Tuches, den zweiten zum Tränken des Tuches mit Wirkstofflösung. Noch effektiver und sicherer ist die Benutzung von Wet Wipes. Das sind fertig dosierte Einmaltücher“, so Bittner.
Mundschutz gegen Tröpfchen = Schwimmreifen gegen Tennisbälle
In den vergangenen Wochen wurde der Mundschutz in sozialen Netzwerken oftmals als effektives Mittel genannt, um seine Mitmenschen vor einer sogenannten „Schmierinfektion“ zu schützen. Dank der Maske könnten Tröpfchen festgehalten werden. „Durch den Begriff Tröpfchen setzt sich jedoch ein falsches Bild in den Köpfen fest. Manchmal hilft es in Bildern zu sprechen: Da die Tröpfchen aus dem Atem sehr klein sind und der selbstgebastelte Schutz sehr grobmaschig ist, ist es als, wenn man einen Tennisball mit einem Schwimmreifen abwehren möchte. Man kann einige abhalten, aber viele kommen auch durch“, erklärt Bittner. Ein praktischer Tipp wäre es, sich die Hände mit Pfefferminzöl oder ähnlich stark riechende Substanzen zu benetzen und damit ein Warnsignal zu erzeugen, wenn man dem Gesicht mit den Händen zu nahekommt. Dadurch könne man sich vor einer Schmierinfektion schützen.
Regeln beim Wäschewaschen
Und auch beim regelmäßigen Wäschewaschen gibt es Regeln zu beachten: „Viele Waschmittel machen die Kleidung schon bei niedrigen Temperaturen sauber.“ Um Viren abzutöten, müsse jedoch über 60 Grad gewaschen werden, „und diese Temperatur muss für mindestens 30 Minuten gehalten werden.“
Vorgetäuschte Sicherheit
Mit dem Einhalten der gängigen Hust-und-Nies-Etikette ist schon viel geholfen. „Ich möchte vor der Sicherheit, die Desinfektionsmittel und Mundschutz vortäuschen, ausdrücklich warnen. Wenn man letzteren nach Gebrauch von innen anfasst und mit Einmalhandschuhen in denselben Beutel packt, ist das nicht effektiv“, erklärt Bittner.