Die Chemie-Industrie kritisiert das neue CO2-Grenzausgleichssystem der EU (CBAM) aufgrund zusätzlicher Bürokratie und befürchtet Knappheiten und Preissteigerungen, während Experten die Einführung des Systems als übereilt bezeichnen und warnen, dass es die Kosten für Fahrzeuge erhöhen könnte.
Bürokratischer Kraftakt für Unternehmen
“Unsere Unternehmen müssen sich auf einen bürokratischen Kraftakt einstellen, gerade in einer wirtschaftlich angespannten Zeit”, sagte Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie, zur “Welt am Sonntag”. Er bezeichnete CBAM als ein “völlig neues Instrument mit völlig neuen Anforderungen”. Das System tritt im Oktober in Kraft und sieht zunächst eine Berichtspflicht über die CO2-Emissionen importierter Güter vor. Erste Berichte werden ab dem 31. Januar 2024 fällig.
Knappheiten und Preissteigerungen befürchtet
Große Entrup äußerte die Befürchtung, dass einige nicht-europäische Geschäftspartner sich weigern könnten, Daten zu ihren CO2-Emissionen preiszugeben und stattdessen die Lieferungen in die EU einstellen könnten. “Dann drohen Europa Knappheiten und Preissteigerungen”, warnte er.
Übereilte Einführung und steigende Kosten
Stephan Freismuth, Steuerexperte des Wirtschaftsprüfers KPMG, kritisierte die Einführung von CBAM als übereilt. “Viele Unternehmen werden es nicht schaffen, all den neuen Pflichten ab Oktober nachzukommen”, sagte er und warnte vor drohenden Bußgeldern. Er sieht insbesondere Maschinenbauer und Autohersteller durch CBAM belastet, da diese Branchen stark auf Stahl angewiesen sind. “Die Kosten für den Stahlimport könnten durch CBAM bald deutlich steigen, sofern Hersteller außerhalb der EU nicht in nachhaltige Produktionsverfahren investieren”, prognostizierte Freismuth. “CBAM könnte also dazu beitragen, dass Autos in der EU auf lange Sicht teurer werden.”