Fast ein Jahr ist es her, dass der Rat der Stadt Osnabrück den Beschluss gefasst hat, dass die ganze Stadt bis spätestens 2040 klimaneutral werden soll. Die Kommunalverwaltung samt aller Liegenschaften soll bereits 2030 soweit sein. Vorausgegangen war ein entsprechendes Bürgerbegehren, das von der Initiative Osnabrück Klimaneutral vorangetrieben wurde.
Herzstück des Bürgerbegehrens war die Aufforderung an die Politik, die Osnabrücker Ziele im Klimaschutz den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens anzugleichen. Das heißt, Klimaneutralität soll deutlich früher erreicht werden als bisher geplant. Die Frage, wie dieses Ziel konkret erreicht werden kann, blieb indes offen.
Stadt arbeitet am „Wie“ – Jahr „nicht überbewerten“
Mit der Erstellung eines vom Bundeswirtschaftsministeriums geförderten Vorreiterkonzeptes Klimaschutz, soll in den kommenden zwölf Monaten nun das „Wie“ mit einer konkreten Handlungsstrategie inklusive Maßnahmen erarbeitet werden. Die Stadt Osnabrück hat dazu die renommierte Hamburg Institut Consulting GmbH, kurz Hamburg Institut, beauftragt. Bei einer Auftaktveranstaltung im Ratssitzungssaal skizzierte Geschäftsführer Robert Werner Ideen und Vorgehensweise.
Das Bemerkenswerte an der Arbeit des Hamburg Instituts wird auf der Veranstaltung schnell deutlich: innovativ, realistisch, pragmatisch, schonungslos ehrlich. „Das Zieljahr 2040 soll nicht überbewertet werden“, sagte Geschäftsführer Robert Werner, „es geht vielmehr darum, jetzt schnell große Einsparungen zu erwirken– jetzt machen statt viel zu reden und auf solche Maßnahmen konzentrieren, die aufgrund ihres CO2-Reduktionspotenzials besondere Priorität haben müssen.“ Hierlässt sich beispielweise viel durch den Einsatz innovativer Technologien in der Wärmeversorgung erreichen.
Stadtwerke als Chance
In diesem Zusammenhang wird auch die Rolle der Stadtwerke in den Fokus genommen. „Eigene Stadtwerke sind eine riesige Chance für Kommunen wie Osnabrück, denn sie bringen Einfluss auf den Energiemarkt innerhalb der Stadtgrenzen mit sich. Doch der aktuell dringend benötigte Umbau von Stadtwerken hin zu Energiedienstleistern für klimaneutrale Lösungen braucht Zeit, Geld und damit vor allem entsprechende Rückendeckung aus der örtlichen Politik“, führt Werner aus und greift damit die aktuell viel diskutierte Debatte über die Zukunft der Stadtwerke auf.
Dass Klimaneutralität letztlich nur durch Mut zu Neuem und Bereitschaft zur Veränderung zu erreichen ist, wird während der Veranstaltung immer wieder deutlich. Oberbürgermeisterin Katharina Pötter stellte gleich in ihrem Begrüßungsstatement jedoch klar, dass es daran nicht scheitern soll: „Osnabrück hat in den letzten Jahrzehnten schon viel im Klimaschutz erreicht, hat oft mutige Entscheidungen getroffen und sich selbst nicht zuletzt aufgrund dieser immer wieder als Vorreiterkommune im Bereich Klimaschutz einen Namen gemacht. Diesen Mut werden wir beibehalten und uns offen für innovative Lösungsansätze und Maßnahmen zeigen“.
Hamburg Institut setzt auf die Bürgerinnen und Bürger
Neben Verwaltung und Stadtwerken sind es selbstverständlich auch die einzelnen Bürgerinnen und Bürger sowie die lokale Wirtschaft, die erheblichen Einfluss auf das Erreichen der Osnabrücker Klimaziele haben, somit sei die Einbindung lokaler Akteurinnen und Akteure aus der Stadtgesellschaft zentral, so Robert Werner vom Hamburg Institut. Jeder, der es wünscht, soll mitgenommen werden. Deswegen sind rund neun Termine zur Beteiligung der Akteursgruppen 2023 vorgesehen. Darüber zeigten sich besonders die Vertreterinnen und Vertreter der Initiative Osnabrück Klimaneutral erfreut, betonten ihre Bereitschaft zur Mitarbeit und lobten die pragmatische und umsetzungsorientierte Herangehensweise des Hamburg Instituts.
Auch Prof. Dr. Große Ophoff, Vorsitzender des Masterplanbeirats 100 % Klimaschutz, teilte diese Einschätzung und lobte die vorgestellte Herangehensweise des Hamburg Instituts und der Kommunalverwaltung. Die Erarbeitung des Vorreiterkonzeptes soll bis Ende 2023 fertiggestellt sein. Im Frühjahr und Herbst sollen der Politik entsprechende Zwischenergebnisse präsentiert werden. Für den Sommer ist eine breite Bürgerbeteiligung angedacht.