Der Osnabrücker Zoo wird kein Holografie-Kino bekommen. Statt einer „Time Spiral“, so der bisherige Projektname für das millionenteure Projekt, wird jetzt in Tierwohl und Reparaturen investiert.
Kommentar zum Thema: Das Schulden-System des Osnabrücker Zoos hat ein Ende.
Einstimmigkeit beim Aufsichtsrat und im Finanzausschuss – bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sogar „Erleichterung“ – Philipp Bruelheide, Osnabrücks neuer Zoochef, hat eine erste richtungsweisende Entscheidung getroffen: Die „Time Spiral“, das geplante Holografie-Kino, wird zu den Akten gelegt.
Noch vor der Presse wurden an diesem Mittwoch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert, auch das war dem neuen Geschäftsführer sehr wichtig, nachdem in der Vergangenheit viele Pläne über die Tagespresse platziert worden waren – nicht immer im Interesse aller Beteiligten.
Kosten für Time Spiral stiegen zuletzt auf 5,7 Millionen Euro
Für Bruelheides Vorgänger im Amt, Andreas Busemann, war das virtuelle Zoo-Erlebnis noch „das Zukunftsthema“, mit dem er den Zoo weiter attraktiv halten wollte. Allerdings, und das war beim Pressetermin an diesem Mittwoch auch der einzige Punkt, an dem Busemann nochmals kurz zum Thema wurde, hatte der Ex-Geschäftsführer auch oft sehr eigenmächtig geplant und den möglichen Erfolg der „Time Spiral“ vielleicht etwas optimistischer eingeschätzt als es die Realitäten erwarten ließen. So hätten nach Busemanns Plänen zu den zuletzt mit 4,5 Millionen Euro geschätzten Kosten für das Holografie-Kino nochmals 1,2 Millionen Euro für Kommunikationsräume hinzugerechnet werden müssen. Geld, das der Zoo nicht hat und das – trotz üppiger Fördermittel – eigene Investitionen aus dem Zoo-Budget in Höhe von 2,2 Millionen Euro bedeutet hätte.
Angebliche Erfolge bei Roncalli und in Frankreich nicht nachvollziehbar
Bis zum Geschäftsführerwechsel immer wieder vorgebrachte angebliche Erfolge, die schon damals bei genauerer Betrachtung einzig den Zirkus Roncalli und den Provinz-Zoo im französischen Amnéville (knapp 11.000 Einwohner) umfassten, konnte Neu-Geschäftsführer Bruelheide nicht nachvollziehen.
Bei Einführung im Jahr 2018 war die Technik für Roncalli aufgrund des Neuheitswerts noch gut, um damit einen medialen Coup zu landen. Doch inzwischen, so erfuhr Bruelheide, hat Roncalli die auch bei einem Gastspiel in Osnabrück gezeigte Technik nicht mehr im Einsatz. Der Neuheitswert hatte sich schnell abgenutzt, die Technik war betreuungsintensiv, die Abhängigkeit von externen Dienstleistern hoch und es waren laufende Neuinvestitionen notwendig, um neuen Content zu produzieren.
Erfolge von 3D-Kino in Frankreich nicht messbar gewesen
Noch ernüchternder fällt das Feedback aus, das der Zoo d’Amnéville auf Nachfrage nach Osnabrück übermittelte. Es konnte nur „moderate Besucherbegeisterung“ festgestellt werden. Die Besucherinnen und Besucher gaben das Feedback, in einem Zoo echte Tiere sehen zu wollen, und die zusätzlichen Einnahmen durch das Holo-Kino blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück, so dass man schließlich den ursprünglichen Plan, die vermeintliche Attraktion gesondert kostenpflichtig zu machen, aufgeben und die Investition über den normalen Ticketpreis quersubventionierten musste – bis sie schließlich ganz geschlossen wurde. Auch über die Region brachte das virtuelle Erlebnis dem Zoo in Frankreich keinen Erfolg. Das erklärte Ziel, Besucher außerhalb der Region zu gewinnen, sei nicht messbar gewesen. Nur sehr wenige kamen wegen der Show in den Zoo Amnéville.
Der Reparaturstau im Zoo kostet in Summe auch Millionen
„Es gibt aber genug zu tun“, umriss Philipp Bruelheide, was stattdessen auf dem Plan steht. Die Jahre 2024 und 2025 werden vor allem durch Investitionen in das Tierwohl, aber auch in Arbeitsmittel, Haustechnik und so scheinbar banale Dinge wie dem Austausch von Glasscheiben an Gehegen stehen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Dr. E.h. Fritz Brickwedde betont: „Das Wohlbefinden der Tiere liegt uns besonders am Herzen. Im Bereich der Tieranlagen wird in der nächsten Zeit auch noch einmal viel investiert.“ Unter anderem soll es Verbesserungen für die Orang-Utans und die Schimpansen geben. „Mit den kleineren und mittleren Projekten, die wir auf der Agenda haben, müssen wir aber zeitgleich unseren Masterplan im Auge behalten. Den müssen wir parallel erstellen“, erklärt Bruelheide.
Der Elefantenpark kommt, wird aber vielleicht neu geplant
Neben der „Time Spiral“ war der geplante Elefantenpark das zweite Großprojekt, das Bruelheide bei Amtsantritt auf den Prüfstand stellen musste. „Dass er kommen wird, steht für uns nicht zur Diskussion. Von der Vergrößerung der Elefantenanlage sind aber auch alle umliegenden Tieranlagen betroffen – der Elefantenpark ist ein Projekt, das sehr gut durchdacht werden muss“, erklärt der Zoo-Chef. Damit hier die Kosten runterkommen, habe er bereits mit einem anderen Architekten das ganze Projekt nochmals auf den Prüfstand gestellt, um zu schauen, wie eine Neukonzeption kostengünstiger angegangen werden kann.
Hinter den Kulissen wird nun viel investiert, „auch wenn Besucher die Veränderungen hier nicht sehen können“, so Bruelheide. Zu den geplanten unsichtbaren Projekten gehören der Wirtschaftshof und die Quarantänestation, die nicht zuletzt aufgrund der Anforderungen durch die Aufsichtsbehörden auf einen neuen Stand gebracht werden muss.
Geld bei den Tieren im Zoo besser investiert
Den kurzfristigen Finanzbedarf beziffern Aufsichtsrat und Geschäftsführung mit 2,2 Millionen Euro. Zufällig exakt die Summe, die der Zoo als Eigenanteil für das virtuelle Kino hätte investieren müssen. Dass das Geld für den bestehenden Zoo, die Arbeitsplätze der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und nicht zuletzt für die Tiere besser investiert ist, daran ließen Fritz Brickwedde, Philipp Bruelheide und Tobias Klumpe, dem die zoologische Leitung obliegt, keinen Zweifel. Zu guter Letzt konnte Klumpe schon mal einen Ausblick auf freudigen Nachwuchs bei den Bisons geben, der bald ansteht.