Seit 2016 legt der heute 72-jährige Heinz als DJ im Dirty+Dancing auf. Vor etwa anderthalb Jahren wurde ein Bein entfernt und seitdem ist er auf einen Rollstuhl angewiesen. Seinen etwa drei Kilometer langen Nachhauseweg kann er nicht alleine zurücklegen, also ruft er ein Taxi. Diese würden teilweise einfach an ihm vorbeifahren – trotz Beförderungspflicht.
Es wäre mehrmals vorgekommen, dass Heinz von Taxifahrerinnen und Taxifahrern zurückgelassen wurde. „Die sehen mich und den Rollstuhl und fahren dann einfach weg“, erzählt der 72-Jährige. Besonders an vollen Tagen, wenn in der Stadt große Veranstaltungen stattfinden, wäre es für ihn schwierig, ein Taxi zu bekommen. „Am Ossensamstag hat mich erst das dritte Taxi mitgenommen. Dann kann man auch schnell eine Stunde oder länger warten.“ Der Inhaber des Dirty+Dancing, Tim Knauer, hätte sich schon häufiger über Fahrerinnen und Fahrer in Osnabrück beschwert, die Heinz sogar trotz Großraumauto nicht mitgenommen hätten. „Die Verstöße werden zwar vermerkt, aber mehr passiert nicht“, sagt Knauer. „Und das trotz Beförderungspflicht.“
Fahrt darf nur bei besonderen Umständen abgelehnt werden
Grundsätzlich sind Taxis als Bestandteil des ÖPNV dazu verpflichtet, Personen innerhalb eines festgelegten Raumes zu transportieren. Nach §22 des Personenbeförderungsgesetzes kann der Transport nur verweigert werden, wenn die Beförderungsbedingungen nicht eingehalten werden, die Beförderung mit dem Fahrzeug schlicht nicht möglich ist oder die Beförderung durch unabwendbare anderweitige Umstände verhindert wird. Eine Fahrt kann also abgelehnt werden, wenn der Fahrgast etwa zu betrunken ist, unter Drogeneinfluss steht oder sich aggressiv verhält – sprich, wenn eine Eskalation absehbar erscheint. Keiner dieser Punkte trifft auf Heinz zu.
Michael Torloxten, Vorstand der Osnabrücker Funk-Taxi-Zentrale, hält fest: „Im Klartext heißt das, dass wir als Taxigewerbe in unserem Pflichtfahrgebiet – in unserem Falle das Stadtgebiet Osnabrück – grundsätzlich alle Beförderungsaufträge ausführen müssen. Ganz besonders wichtig erscheint mir hier der Hinweis, dass Taxifahrer gegen die Beförderungspflicht verstoßen, wenn sie eine Fahrt ablehnen, weil diese ihnen zu kurz und somit nicht wirtschaftlich erscheint.“ Eine vermeintlich zu kurze Strecke sowie ein Rollstuhl sind also keine Ausreden, eine Fahrt abzulehnen – oder wie im Fall vom Heinz sogar einfach wegzufahren. Auch für ihn gilt die Beförderungspflicht, wie Torloxten klarstellt: „Eigentlich gibt es keinen Grund, Rollstuhlfahrer von der Beförderung auszuschliessen. Für Kunden, die sich nicht in ein ’normales‘ Taxi umsetzen können, gibt es speziell ausgerüstete Rollstuhltaxis. Die sind auch bei uns verfügbar. Kann sich der Kunde umsetzen, ist das doch kein Problem: Fahrgast setzt sich in das Taxi, Rollstuhl wird zusammengeklappt und kommt hinten in den Kofferraum.“
Lieber Kilometer sammeln?
Da Heinz aus seinem Rollstuhl in den Autositz gesetzt werden kann und sofern sein Rollstuhl in das gerufene Taxi passt, muss er laut Personenbeförderungsgesetz mitgenommen werden. Das scheint in der Praxis allerdings nicht von allen Taxifahrerinnen und -fahrern berücksichtigt zu werden. Der Inhaber des Dirty+Dancing vermutet, dass einige lieber größere Menschengruppen transportieren wollen würden, als Heinz nach Hause zu fahren. „Die wollen ihre Kilometer sammeln und von Dorf zu Dorf fahren. Das bringt natürlich mehr Geld, als die paar Kilometer bis zu Heinz. Außerdem bedeutet die Fahrt mit Heinz mehr Umstände.“ Als wir vor Ort im Dirty+Dancing waren, hatte Heinz Glück: Direkt das erste Taxi, das er gerufen hat, nahm ihn mit.