Optisch macht er was her und auch die technischen Daten können überzeugen. Mit einem Drehmoment von 395 Nm bei 163 PS und einer Reichweite, die der koreanische Hersteller mit 756 Kilometern angibt und selbst im Alltagseinsatz der Polizei noch über 600 Kilometer reicht.
Aber diese stolze Reichweite braucht der erste Streifenwagen mit Wasserstoffantrieb der niedersächsischen Polizei auch. Es gibt nur eine Tankstelle am Stadtrand und die ist wohl auch gerne mal kaputt. Hasepost hatte den fernöstlichen Wasserstoff-Flitzer der Osnabrücker Polizei bereits vor fünf(!) Monaten vorgestellt. Nun war Zeit für eine erste Zwischenbilanz mit Minister-Präsenz.
Wie am Rande eines Pressetermins mit Innenminister Boris Pistorius und Polizeipräsident Michael Maßmann am Freitag bekannt wurde, stand das knapp 80.000 Euro teure Wasserstoff-Auto in den letzten Wochen eher nutzlos herum, statt auf Verbrecherjagd zu gehen. Weil die einzige Wasserstoff-Tankstelle weit und breit, in Hasbergen-Gaste vor den Toren der Stadt, einen Defekt an der Zapfsäule hatte, konnte der Fernost-Streifenwagen mehrere Wochen nicht eingesetzt werden.
Ersatztankstellen nur in Münster oder Oldenburg
Und statt in den nahen Landkreis (Gaste liegt ja auch schon außerhalb des Stadtgebiets) mal eben nach Münster oder Oldenburg zum Tanken fahren, das geht wohl wenn der Minister mit seinem herkömmlichen Verbrenner-Audi (plus Begleitfahrzeug) aus Hannover anreist, aber nicht im Polizeialltag, in dem Verfügbarkeit zählt. Zum Pressetermin hatte der Korea-Flitzer jedenfalls wieder ordentlich Wasserstoff im Tank.
Bei der einjährigen Erprobung liegt der Fokus jedoch zunächst auf der Frage, ob die Wasserstoff-Technologie ganz grundsätzlich zur Polizei passt oder nicht. Dabei spielt die aktuell noch sehr lückenhafte Infrastruktur ebenso eine untergeordnete Rolle wie bauartbedingte Mängel, zum Beispiel der zu eng bemessene Platz auf den Rückbänken und im Kofferraum.
Wasserstoff ist bei Volkswagen schon abgeschrieben
Besser zum Einsatzprofil passen da die auch in Osnabrück weit verbreiteten und in Niedersachsen produzierten Hybrid-Passat des auch in Osnabrück Arbeitsplätze sichernden Herstellers Volkswagen.
Darauf angesprochen, warum die Polizei mit einer Technologie experimentiere, für die man bei Volkswagen nur einen sinnvollen Einsatz bei den Nutzfahrzeugtöchtern Scania und MAN sieht, erklärte Pistorius, dass er nicht Mitglied im VW-Aufsichtsrat ist und von daher auch nicht mit der Strategie des zum Teilen in Landesbesitz befindlichen Autobauers vertraut sei. Man sei offen für alle neuen Technologien, so Pistorius weiter. Pistorius betonte auch, dass wenn man die Idee weiterverfolgen sollte auf Wasserstoff zu setzen, auch sichergestellt sein müsse, dass dieser alternative Kraftstoff nicht klimaschädlich produziert wird.
Tatsächlich wurden nach Angaben der Deutschen Energieagentur 2015 noch 97% des Wasserstoffs aus der Umwandlung von Kohle, Gas und Erdöl produziert.
Polizei Niedersachsen modernisiert gesamte Fahrzeugflotte
Die Erprobung von Wasserstoff als Antriebstechnologie sei Teil einer laufenden Modernisierungsoffensive „bei einem der größten Flottenbetrieber in Niedersachsen“, so Pistorius, und weiter: „Die niedersächsische Polizei investiert bewusst und vermehrt in alternative Antriebsarten und ist dabei die Fahrzeugflotte sukzessive zu verjüngen. Ein wichtiger Teil dieser Strategie ist auch der Einsatz dieses Wasserstoff-betriebenen Fahrzeugs. Die Fahrzeuge der Polizei sind überall in Niedersachsen im Straßenbild zu sehen, die Polizei hat mit ihrer riesigen Fahrzeugflotte eine enorme Vorbildfunktion und eine große Verantwortung. Auch darum wollen wir den Schadstoffausstoß sukzessive und nachhaltig verringern. Ich freue mich, dass die Polizei in Osnabrück Wasserstoff als Antriebsart – auch im Interesse der gesamten Polizei in Deutschland – aktuell ausgiebig testet.“
Wenn der Korea-Streifenwagen fährt, dann überzeugt er auch
Für die ersten Monate, in denen die meiste Zeit auch die Betankung an der Tankstelle in Gaste möglich gewesen ist, zog die Polizeidirektion eine erste positive Zwischenbilanz der immerhin über 13.000 bislang gefahrenen Kilometer. In einer Presserklärung heißt es dazu: „Die Technologie hat schon jetzt den Beweis ihrer Alltagstauglichkeit erbracht, insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Reichweite mit einer Tankfüllung von rund 600 Kilometern. Weitere Erkenntnis: Resonanz und Interesse in der Bevölkerung, wie auch bei Behörden und Institutionen, sind bis weit über die Grenzen von Niedersachsen hinaus sehr groß. Der Großteil der Bevölkerung findet es gut und richtig, dass die Polizei neue umweltschonende Antriebe testet. Die Erprobung zeigte allerdings auch, dass es für einen verlässlichen und dauerhaften Einsatz dieser Technologie eines größeren Wasserstoff-Tankstellennetzes bedarf.“
Neben Berlin ist die Osnabrücker Polizei die zweite Polizeibehörde in Deutschland, die einen Wasserstoff-Streifenwagen mit 100 Prozent Brennstoffzellentechnik einsetzt. Das Osnabrücker Projekt wird im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie mit insgesamt 20.460 Euro durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert.