Das Auto – „diamantblau“, Motor im Heck (4 Zylinder Boxer), fast fertig montiert –, es ist gleich mehrere Generationen älter als die beiden jungen Männer aus Hasbergen und Ibbenbüren, die in den letzten Tagen nochmals richtig Gas gegeben haben, damit „das Auto“ am Mittwochmorgen auf der Oldtimer-Messe Techno-Classica 2019 präsentiert werden kann.
Der VW 1600 TL, intern auch „Typ 3“ genannt, wird bei der Eröffnung der Oldie-Messe in Essen der Star auf dem Volkswagen-Stand sein.
„Besser als neu“, so bezeichnet Marcel Leifer (28), Ausbildungsbeauftragter der Automobilsammlung Osnabrück, den Zustand nach der aufwendigen Restaurierung, die maßgeblich von den beiden Auszubildenden Fábio Lopes und Marvin Wiethölter durchgeführt wurde.
Das notwendige Detailwissen aus der Zeit, als der Typ 3 noch ein Hoffnungsträger der Wolfsburger war, um endlich aus der Monokultur aus Käfer (Typ 1) und Bulli (Typ 2) ausbrechen zu können, brachte Dieter Ulrich (63) mit ein.
Ulrich ist Koordinator der legendären und mehr als 130 historische Fahrzeuge zählenden ehemaligen Karmann-Automobilsammlung und seit 1973 im ehemaligen Karmann-Werk in Osnabrück beschäftigt.
Diesen Sommer wird Dieter Ulrich in den Ruhestand wechseln. Die Restauration war so auch die Übergabe eines Staffelstabs an Marcel Leifer, der dann die Hoheit über die historische Fahrzeugsammlung hat, die nur selten Besuchern außerhalb des VW-Konzerns zugänglich gemacht wird und das historische Erbe von mehr als 100 Jahren Karmann-Automobilproduktion darstellt.
Azubis sind bereit für die elektrische Zukunft bei Volkswagen
Die Azubis Fábio Lopes und Marvin Wiethölter sind beide Kraftfahrzeugmechatroniker für System- und Hochvolttechnik. Bereits in ihrer Ausbildung werden sie speziell auf das Arbeiten an Elektroautos geschult und erhalten so wichtige Zukunftsqualifikationen. „Wenn wir dann E-Autos bekommen, können wir direkt eingesetzt werden“, sagt Marvin Wiethölter mit Hinblick auf die elektrische Zukunft der Volkswagen-Modellpalette.
Doch statt mit einem 48 Volt Bordnetz, einem Datenbus oder Spannungen weit über 300 Volt, wie sie beim Antrieb von E-Autos benötigt werden, haben es die beiden hier lediglich mit einer einfachen 12 Volt Batterie zu tun. Der Rest des Autos ist pures Blech, ein Grauguss-Motor und deutlich mehr und vor allem auch oft rein mechanisch arbeitende Aggregate; ganz anders als in einem Elektroauto moderner Prägung.
Automobilbaukunst wie vor 50 Jahren
Auf die Frage, ob der 1968er Volkswagen denn schon etwas Elektronik zu bieten haben antwortet Marvin Wiethölter nur schmunzelnd mit „ja, das Licht ist schon elektrisch“.
Tatsächlich ist der Motor, trotz seiner erstaunlichen Leistung von 110 PS, ein Prachtstück sehr konventioneller Motorenbaukunst. Selbst die in den späten 60er Jahren durchaus schon verbaute Bosch Jetronic Benzineinspritzung besitzt der aus dem Nachfolgemodell Typ 4 stammende Motor nicht. Die Leistung – die 1968 fast utopisch für einen VW erschien – rührt aus sehr fein abgestimmten klassischen Tuningmaßnahmen an der Kurbelwelle und durch dezentes Aufbohren auf 2 Liter Hubraum. Den Kraftstoff erhält das Triebwerk ebenfalls recht konventionell durch zwei Doppelvergaser.
Dass im Heck kein Originalmotor verbaut wurde ist dem Fahrspass geschuldet, den der Wagen zukünftig als Volkswagen-Markenbotschafter, zum Beispiel bei Oldtimer-Rallyes vermitteln soll.
Klassiker wartete 50 Jahre darauf entdeckt zu werden
Und dass der Typ 3 rund 50 Jahre nach seiner Produktion bei den Auszubildenden in Osnabrück in der Werkstatt landete, ist dem kuriosen Umstand geschuldet, dass Volkswagen seinerzeit von jedem produzierten Fahrzeugtyp ein Referenzexemplar beiseite stellen musste, um gegenüber klagefreudigen Rechtsanwälten in den in den USA seinerzeit aufkommenden Produkthaftungsprozessen den tatsächlichen Produktionsstandard nachweisen zu können.
Doch dieser Typ 3 wartete zum Glück vergeblich auf eine Rolle als Kronzeuge in einem Prozess in den USA. Das Schrägheck (Version „TL“) verbrachte die Jahrzehnte auf einer Abstellfläche irgendwo im VW-Werk Wolfsburg. So war dieses Automobil über die Zeit höchst immobil.
Das offensichtlich in seiner Substanz sehr gute Blech – alles andere als üblich 1968 – überstand die Zeit und wurde in der Lehrwerkstatt in Osnabrück teils mit überarbeiteten, teils nachgefertigten aber auch teilweise noch im VW-Teilelager aufzufindenden Ersatzteilen wieder auf Vordermann gebracht.
Tatsächlich, so berichtet es Azubi-Chef Marcel Leifer, fanden sich irgendwo im VW-Universum sogar noch Rückleuchten, die in einem Original-Ersatzteilkarton mehr als fünfzig Jahre darauf warteten jetzt eingebaut zu werden.
Bis zum 14. April ist der in Osnabrück zu neuem Leben gekommene VW-Klassiker auf der Techno Classica am Volkswagen-Stand zu sehen, und danach wieder auf der Straße!