Über 100 Bürger, denen allen gemein war, dass sie offenbar viel Freizeit haben und bereit sind diese auch für die Arbeit in „Bürgerwerkstätten“ einzusetzen, erarbeiteten einen Masterplan für die Stadt Osnabrück.
Die Ergebnisse wurden am Mittwoch in zwei getrennten Veranstaltungen erst Vertretern der Politik und danach den Teilnehmern und der Öffentlichkeit präsentiert.
„Die Innenstadt von Osnabrück ist mehr als die Summe ihrer Teile“, mit diesen Worten eröffnete Oberbürgermeister Wolfgang Griesert die öffentliche Vorstellung der Ergebnisse, die in zwei umfangreichen Terminen im Oktober 2017 und im April 2018 unter Federführung des Berliner Büros Machleidt entstanden.
Nicht alle Ideen werden sich umsetzen lassen
Erste Ergebnisse seien bereits bei der Umplanung und Neugestaltung des Raiffeisenplatzes berücksichtigt worden, so der Oberbürgermeister. Allerdings werden nicht alle Ideen auch tatsächlich in konkrete Projekte münden, dämpfte Stadtbaurat Frank Otte den Optimismus der Hobby-Planer. Viele der gezeigten Ideen duften an profanen Anfordernissen wie Finanzierbarkeit und Kompatibilität mit dem Individualverkehr scheitern.
Es sei auch kein „Masterplan-Verkehr“ entwickelt worden, so der Stadtbaurat, und an anderer Stelle betonte der Oberbürgermeister, dass das Gebiet rund um den Neumarkt ganz bewusst ausgenommen worden sei.
Autos sollen weichen für mehr Grün und mehr Häuser
Im Rahmen der Präsentation, in der auch die Herleitung aus den Workshops nochmals rekapituliert wurde, wurden die Ideen für eine neu strukturierte Innenstadt anschaulich präsentiert. Ein roter Faden: Weniger Platz für Autos, dafür mehr Grün, vertikale Neubauten (aka: Hochhäuser) und eine Verdichtung von Innenhöfen, deren Freiflächen bebaut werden sollen.
Ein Autotunnel vor dem Altstadt-Bahnhof
Eine besondere Vorliebe entwickelten die Teilnehmer für Tunnelbauten – jedoch nicht am im Vorfeld ausgeklammerten Neumarkt, wo es so etwas ja bereits einmal gab, sondern diesmal zum Beispiel am Hasetor. Dort, so die Idee, könnte der Herrenteichswall bis zum Hasetorbahnhof/Altstadt-Bahnhof heranreichen, der dann einen richtigen Bahnhofsvorplatz bekommen würde. Die Autos, die vom Remarque-Ring (zukünftig von mindestens einem weiteren Hochhaus gesäumt) in aus Richtung Norden kommen, sollten diesen Bahnhofsvorplatz dann in einem Tunnel unterfahren.
Grünen-Politiker wollte kritische Anmerkung eines Bürgers nicht respektieren
In einer anschliessenden kurzen Diskussion zeigte sich, dass es bis zum gemeinsam entwickelten Utopia noch ein weiter Weg sein wird. Beispielhaft für den Dissens in der Bevölkerung dürften zwei Wortbeiträge stehen.
Thomas Polewsky, engagierter Streiter für eine Stadtbahn und gegen den motorisierten Individualverkehr, forderte den OB auf etwas gegen das „Krebsgeschwür Autoverkehr“ zu unternehmen.
Ein Hauseigentümer mahnte an, dass sich Wohnungen, die nicht mehr mit dem PKW erreichbar sind und keine Parkplätze bieten, nur schwer vermieten lassen. Dieser Redebeitrag wurde mehrfach durch Zwischenrufe des Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Volker Bajus, unterbrochen, der lauthals und ungefragt bezweifelte, dass sich (im Augenblick) Wohnungen ohne Parkplatz schlecht vermieten lassen.
Kommentar des Redakteurs
Der in den Bürgerwerkstätten offensichtlich noch vorhandene Optimismus zerbrach bereits kurz nach der Vorstellung der Pläne am Mittwochabend an den Realitäten der Osnabrücker Lokalpolitik, bei der gerne niedergebrüllt wird oder die berechtigten Ansprüche einiger Bürger mit bösen Vergleichen („Krebsgeschwür“) diskreditiert werden.
Statt die durchaus interessanten und mit viel Herzblut entwickelten Entwürfe der Werkstattteilnehmer einfach für sich stehen zu lassen und die berechtigten Einwände eines einzelnen Bürgers wenigstens zu respektieren, gab es am Ende der Veranstaltung also wieder den politischen Osnabrücker Alltag. Es war wohl doch ganz gut, dass fast alle anderen Lokalpolitiker es vorzogen sich die Werkstattergebnisse in einem gesonderten Termin zeigen zu lassen – es hätte sonst zu noch unangenehmeren Ausfällen als Zwischenrufe auf den Redebeitrag eines Bürgers kommen können.
Die Abschlusspräsentation steht als PDF zum Download zur Verfügung.