Vor ungewöhnlicher Kulisse an der Bremer Brücke in Osnabrück feierten die deutschen Frauen im Jahr 1989 ihren Fußball-Europameistertitel. Aus heutiger Sicht nicht minder kurios: die damalige Siegprämie. Ein Blick zurück auf Zeiten, in denen der Fußball noch „etwas anders“ war.
Im Jahr 1989 ging die Fußball-Europameisterschaft der Frauen, damals noch unter dem Namen „Europäischer Wettbewerb für Frauenfußball“, auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland in seine dritte Runde. Vom 28. Juni bis zum 2. Juli duellierten sich im Anschluss an eine Qualifikationsrunde aller 17 gemeldeten Teams die noch vier verbliebenen Mannschaften aus der Bundesrepublik Deutschland, Italien, Titelverteidiger Norwegen und Schweden in einem reinen K.O.-System.
Torfrau mutiert im Halbfinale zur Heldin
Die Halbfinalpartien wurden in Lüdenscheid und in Siegen ausgetragen, wo die deutschen Frauen auf die Italienerinnen trafen – und vor heimischen Publikum lange zittern mussten. Zwar brachte die spätere Bundestrainerin Silvia Neid ihr Team nach 57 Minuten in Führung, doch keine 20 Minuten später fiel der Ausgleich. Da sowohl in der regulären Spielzeit als auch in der Verlängerung keine weiteren Tore erzielt werden konnten, musste die Entscheidung im Elfmeterschießen fallen. Zur Heldin mutierte Deutschlands Torfrau Marios Isbert, die zunächst drei Elfmeter parieren konnte und anschließend selbst den entscheidenden Treffer erzielte.
8.000 Zuschauerinnen und Zuschauer sahen das Fußballspiel im Siegener Leimbachstadion, das zugleich auch das erste Frauenfußballspiel war, das in Deutschland live im Fernsehen übertragen wurde. Ins Finale folgte den deutschen Frauen das Team aus Norwegen, welches sein Halbfinale gegen die Schwedeninnen (später durch ein 2:1 gegen Italien nach Verlängerung immerhin Dritte) mit 2:1 vor sich entscheiden konnte.
22.000 Zuschauer beim Finale in Osnabrück
Das Finale stieg wenige Tage später vor noch einmal deutlich größerer Kulisse an der Bremer Brücke in Osnabrück. 22.000 Zuschauerinnen und Zuschauer – mehr als heute zugelassen – erlebten ein großartig aufgelegtes deutsches Team um die spätere Frauennationalmannschaft-Managerin Doris Fitschen und die bis vor kurzem als Nationalmannschaftstrainerin tätige Martina Voss-Tecklenburg.
Die von Gero Bisanz trainierte Mannschaft spielte sich schon in der ersten Halbzeit regelrecht in einen Rausch und führte durch einen Doppelpack von Ursula Lohn und einem weiteren Treffer durch Heidi Moor nach 45 Minuten bereits mit 3:0 gegen chancenlose Norwegerinnen. Den Anschluss nach etwas mehr als 50. Minuten egalisierte Angelika Fehrmann eine kappe Viertelstunde vor Schluss – und besorgte mit ihrem Treffer zum 4:1 auch den Endstand.
Eine kuriose Titelprämie – und viele weitere Titelgewinne
Die Prämie, die die Frauen im Anschluss an den Finalsieg vom DFB für ihren ersten Titelgewinn erhielten, wirkt aus heutiger Sicht mehr als bescheiden: es war ein Kaffeeservice. Zum Vergleich: Alleine für den Finaleinzug bei der EM im Jahr 2022 bekamen die deutschen Frauen 30.000 Euro direkt auf ihr Konto überwiesen, bei einem Finalsieg wären es noch einmal 30.000 Euro mehr gewesen. Noch einmal ganz anders sieht es bei den Männern aus: Die deutschen Herren hätten im Falle eines EM-Siegs im Jahr 2021 sogar ganze 400.000 Euro erhalten.
Neben der etwas kuriosen „Belohnung“ sorgte der erste EM-Gewinn der deutschen Frauen allerdings auch für einen Durchbruchs des Frauenfußballs in Deutschland – und läutete eine sportlich erfolgreiche Zeit ein: Zwei Jahre später nach dem EM-Gewinn im eigenen Land verteidigte das deutsche Team seinen Titel in Dänemark – ebenfalls mit einem Finalsieg über Norwegen. Weitere EM-Titel folgten in den Jahren 1995, 1997, 2001, 2005, 2009 und 2013. Kurze Info am Rande: Bis 1997 wurde die Europameisterschaft der Frauen alle zwei Jahre ausgetragen, seitdem – mit Ausnahme einer Verschiebung während der Corona-Pandemie – alle vier Jahre.
Deutsche Frauen schrammen knapp an Kunststück vorbei
Auch bei der 1991 und von Beginn an im vierjährigen Turnus eingeführten Weltmeisterschaft der Frauen schnitten die Deutschen in diesen Jahren ordentlich ab. Bei der zweiten WM-Runde im Jahr 1995 verpassten die deutschen Frauen durch eine Finalniederlage gegen die Norwegerinnen den ersten Titel noch knapp – und damit auch das einmalige Kunststück, im gleichen Jahr Europa- und Weltmeisterinnen zu werden. Im Jahr 2003 gelang dann der erstmalige WM-Gewinn, der 2007 wiederholt werden konnte.
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