Für Uwe Andrick aus Osnabrück wurde Weihnachten 2024 zum Alptraum. Statt festlicher Stimmung dominierte Ärger, Verzweiflung und eine erzwungene Trennung von seiner Freundin Maria Alejandra Bolivar-Gomez, die nach einer misslungenen Einreise am Frankfurter Flughafen nach Kolumbien zurückgeschickt wurde. Die Vorfreude auf den geplanten Deutschlandbesuch seiner Freundin wich schließlich der Ernüchterung über bürokratische Hürden und Kommunikationsprobleme.
Eine Reise voller Hoffnungen
Die Vorgeschichte klingt nach einem romantischen Weihnachtsmärchen. „Ich habe eine Freundin im kolumbianischen Medellín. Im Dezember 2023 verbrachte ich einige Wochen bei ihr, und wir hatten eine wunderschöne Zeit. Daraufhin vereinbarten wir für 2024 einen mehrwöchigen Gegenbesuch in Deutschland. Wir planten über Monate hinweg alles bis ins kleinste Detail und freuten uns darauf, die gemeinsame Zeit intensiv zu nutzen“, berichtet Uwe Andrick unserer Redaktion.
Die Vorfreude wurde jedoch jäh getrübt, als Maria Alejandra Bolivar-Gomez am 26. November am Frankfurter Flughafen landete. Während Andrick am Terminal auf sie wartete, wurde sie von der Bundespolizei einer zusätzlichen Einreisekontrolle unterzogen. „Kurz darauf schrieb sie mir, dass sie noch auf ihren Koffer wartet. Wenige Minuten später rief mich die Bundespolizei an und teilte mit, dass Alejandra einer zusätzlichen Einreisekontrolle unterzogen werde, die etwa eine Stunde dauern würde.“
Warten und bange Stunden
Doch aus der angekündigten Stunde wurden mehrere. „Man stellte ihr zahlreiche Fragen: Welche Verbindung hat sie zu Deutschland? Wie ist ihr Wohnstatus? Was ist die Natur unserer Beziehung? Als ich gegen 21:00 Uhr nervös wurde, kontaktierte ich die Bundespolizei und fragte nach dem Stand der Dinge. Die Antwort war knapp: sie sei noch in der Befragung. Jeglicher Kontakt fand nur telefonisch statt – niemand kam zu mir, um mich über mögliche Probleme zu informieren oder mir die Gelegenheit zu geben, Unklarheiten auszuräumen.“
Um 23:30 Uhr schließlich erhielt Andrick die Nachricht, dass Alejandra die Einreise verweigert wird. Der Grund: Es fehle eine sogenannte Verpflichtungserklärung, die bei der zuständigen Ausländerbehörde ausgestellt werden müsse. „Ich erklärte den Beamten, dass ich bereits im Sommer bei der zuständigen Stelle in Frankfurt nachgefragt hatte, was für die Einreise erforderlich sei. Man hatte mir gesagt, ein einfaches Schreiben, in dem ich mich zur Übernahme der Kosten verpflichte, sei ausreichend. Dieses Schreiben hatte Alejandra dabei. Nun hieß es plötzlich, die Verpflichtungserklärung müsse offiziell von der Ausländerbehörde ausgestellt werden.“
Kampf gegen die Zeit in Osnabrück
Der Osnabrücker bot an, die Erklärung nachzureichen oder eine finanzielle Sicherheit zu hinterlegen. Doch dies soll abgelehnt worden sein. Stattdessen habe er die Anweisung erhalten, die Erklärung bis Donnerstagmittag vorzulegen. „Am Mittwoch fuhr ich in aller Frühe von Frankfurt nach Osnabrück, um die Erklärung bei der Ausländerbehörde zu beantragen.“ Doch hier stieß er auf weitere Hindernisse.
„Diese hatte nur eine Stunde Telefonsprechzeit am Nachmittag. Meine Ansprechpartnerin verlangte zusätzliche Unterlagen, da ich selbstständig bin, darunter eine Gewinn- und Verlustrechnung von einem Steuerberater. Ich erklärte, dass ich keinen Steuerberater habe und alles selbst mache. Mein Angebot, eine finanzielle Sicherheit zu hinterlegen, wurde abgelehnt.“
Ein Freund bot sich schließlich als Bürge an und reichte alle geforderten Nachweise ein. Doch auch dieser Versuch scheiterte: „Trotzdem sollte die Prüfung erst am Donnerstag erfolgen, was Alejandras Rückflugtermin war.“ Die Bundespolizei verschob den Rückflug auf Freitag, doch erneut scheiterten die Bemühungen. „Am Freitag erklärte die Mitarbeiterin der Ausländerbehörde, dass auch das Einkommen meines Freundes nicht ausreiche.“
Alejandra im Transitbereich
Währenddessen verbrachte Uwe Andricks Freundin Tage im Transitbereich des Flughafens – angeblich unter widrigen Bedingungen. „Sie schlief auf einer Bank und durfte nur nach ausdrücklicher Erlaubnis auf ihr Gepäck zugreifen.“ Am Freitag wurde sie schließlich mit einem Direktflug nach Bogotá zurückgeschickt. Die Kosten für den Weiterflug nach Medellín sowie die Taxifahrt musste sie selbst tragen. „Nach all dem Chaos konnte ich mich wenigstens telefonisch von ihr verabschieden und ihr Geld für die Rückreise überweisen“, erzählt der Osnabrücker.
Stadtsprecher verweist auf gesetzliche Grundlage
Simon Vonstein, Sprecher der Stadt Osnabrück, teilt auf Anfrage unserer Redaktion mit, dass die städtische Ausländerbehörde nicht für die Einreiseverweigerung verantwortlich sei. „Die Bundespolizei hat die Einreise verweigert, nicht die Ausländerbehörde. Diese Entscheidung lag allein in der Zuständigkeit der Bundespolizei.“
Vonstein verweist auf die gesetzliche Grundlage, die für die Einreise nach Deutschland gilt: „Der Lebensunterhalt von Einreisenden muss während des Besuchsaufenthalts sichergestellt sein. Bei visafreier Einreise, wie in diesem Fall, muss dieser Nachweis bei der Einreise gegenüber der Bundespolizei erbracht werden.“
Er betont, dass die Voraussetzungen für eine Verpflichtungserklärung klar geregelt sind. „Die Aufnahme einer Verpflichtungserklärung richtet sich nach § 68 Aufenthaltsgesetz. Diese Erklärung muss vor der Einreise bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragt und geprüft werden, nicht erst bei der Einreise.“ Insbesondere bei Selbstständigen sei eine Gewinn- und Verlustrechnung von einem Steuerberater erforderlich, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit zu belegen.
Erfolgte die Kontaktaufnahme zu spät?
Vonstein weist zudem darauf hin, dass der Kontakt zwischen Uwe Andrick und der Ausländerbehörde erst nach der Einreiseverweigerung stattgefunden habe. „Herr Andrick meldete sich erstmalig am 27. November 2024, also nach der Entscheidung der Bundespolizei, bei der Ausländerbehörde. Ihm wurden umgehend die notwendigen Voraussetzungen für eine Verpflichtungserklärung mitgeteilt.“
Die Prüfung einer Verpflichtungserklärung wurde laut Vonstein zügig und im Rahmen der rechtlichen Vorgaben durchgeführt, jedoch konnten die notwendigen Nachweise weder von Uwe Andrick noch von einem von ihm benannten Freund erbracht werden. „Auch der Freund, der sich als Bürge anbot, konnte die finanziellen Voraussetzungen nicht erfüllen. Ohne die erforderlichen Nachweise ist eine rechtskonforme Ausstellung einer Verpflichtungserklärung nicht möglich.“
Der Stadtsprecher betont weiter, dass die Behörde stets korrekt gehandelt und versucht habe, im Rahmen der Gesetze zu helfen. „Die Mitarbeiterin der Ausländerbehörde hat ad hoc geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Verpflichtungserklärung erfüllt werden können. Leider war dies nicht der Fall. Die Verärgerung von Herrn Andrick ist nachvollziehbar. Doch die Schuld liegt nicht bei der städtischen Ausländerbehörde.“
Ein bitterer Nachklang
Die Pläne für einen unvergesslichen Besuch zerschlugen sich letztendlich in Bürokratie und Kommunikationsproblemen. Uwe Andrick zieht ein ernüchterndes Fazit: „Ein bezahlter Hin- und Rückflug, ein reserviertes Hotelzimmer, geplante und bezahlte Aktivitäten, eine gesicherte Wohnsituation – all das war für Alejandras Aufenthalt vorgesehen. Die Kosten dafür belaufen sich auf knapp 3.000 Euro. Doch die Bürokratie und die Unwilligkeit der Verantwortlichen machten diese Pläne zunichte. Ich schäme mich für die Art und Weise, wie Deutschland in diesem Fall agiert hat.“ Dennoch gibt das Paar nicht auf: „Diese Erfahrung hat uns zutiefst enttäuscht. Aber wird werden es erneut versuchen.“