Vielleicht liegt es nur am Alter und einer etwas aus der Zeit gefallenen Mediennutzung, dass das bereits am Montagvormittag beantragte Bürgerbegehren, mit dem die Abholzung und Bebauung des ehemaligen Klostergartens am Wall gestoppt werden soll, von den Mitgliedern des Betriebsausschusses Immobilien- und Gebäudemanagement am Dienstagabend vollkommen ignoriert wurde? Wussten Sie womöglich noch nicht davon, oder wollten sie nichts wissen?
Eine Beobachtung von Hasepost-Herausgeber Heiko Pohlmann
Bereits am Dienstagvormittag hatte zuerst unsere Redaktion, kurz darauf die Newsseite „OSkurier“ und dann auch die NOZ in ihrem Onlineangebot über die Einreichung der für das Bürgerbegehren notwendigen Unterlagen berichtet. Jeweils nicht ohne zu erwähnen, dass dieses basisdemokratische Verfahren das Zeug dazu hat die Pläne des Stadtbaurats und die drohende Kettensäge zu stoppen – mithin auch jede Diskussion mindestens für die Dauer des Verfahrens (6 Monate) obsolet ist.
So ganz scheint die vorherige Berichterstattung aber doch nicht an den Ausschussmitgliedern vorbeigegangen zu sein – auch wenn das inzwischen beantragte Bürgerbegehren während der gesamten Aussprache geflissentlich totgeschwiegen und so getan wurde, als ob Verwaltung und Politik hier nicht vom Souverän, dem Bürger, „auf die Finger bekommen“ können.
Frank Otte will nun Mischnutzung aus Verwaltung und Wohnen
Stadtbaurat Frank Otte ergriff gleich zu Beginn das Wort und beklagte, man hätte ihn und die aus seinem Fachbereich stammende Vorlage falsch verstanden, denn er könne sich durchaus auch eine „Mischnutzung“ für den nach bisherigem Konzept fünfgeschossigen Neubau vorstellen.
Mit dem Hinweis auf „urbanes Wohnen“ wollte der umstrittene Verwaltungschef wohl den Schulterschluss zur SPD suchen, die in der vergangenen Ratssitzung über ihren Fraktionsvorsitzenden Frank Henning noch nach einer Nutzung für den Wohnbau nachgefragt hatte. Vor rund sechs Wochen blieb Otte jedoch still und ließ keinen Zweifel daran, dass er in den verbleibenden Monaten seiner Amtszeit und als Angedenken an sein Wirken lediglich einen Verwaltungsbau in direkter Nachbarschaft zu seinem Amtssitz ins Auge gefasst hatte.
Behördenstandort soll Ort der Begegnung werden?
Bei völliger Verneinung dessen, was von führenden Politikern insbesondere der Grünen für Geschäftsreisende immer wieder gefordert wird, zum Beispiel moderne Kommunikationsmittel zu nutzen, Videokonferenzen und Digitalisierung einzusetzen, forderte der Stadtbaurat für seine Mitarbeiter ein, dass diese ein Anrecht hätten sich auf kuren Wegen auszutauschen. Er, so Frank Otte, sei „glücklich, dass die Mitarbeiter noch miteinander sprechen“. Auch sei es den Bürgern nicht zuzumuten wegen einer Angelegenheit mehrere räumlich verteilte Verwaltungsstandorte aufzusuchen.
Dass es vielleicht auch Ziel einer Verwaltung sein kann und sollte, das persönliche Aufsuchen eines Verwaltungsbeamten durch Digitalisierung schon bald zu einem Anachronismus zu machen und dass es für einen Amtsleiter das höchste Ziel sein könnte eine 24/7 Verfügbarkeit über das Internet zu ermöglichen, statt Bürger in starre Besuchszeiten zu drängen, ist für Frank Otte (Jahrgang 1957) offenbar undenkbar. Ein Verwaltungsmitarbeiter, der ganz offensichtlich ein Relikt aus einer vordigitalen Zeit ist, will wohl der Bürokratie ein Denkmal setzen – vielleicht auch sich selbst! Bezahlen tun es ja ohnehin „die Anderen“, also der Steuerzahler; in diesem Fall auch mit der Lebensqualität und dem Mikroklima in der Altstadt.
Und hat Frank Otte eigentlich mal seine Mitarbeiter gefragt, ob die nicht auch vielleicht viel lieber flexibel im Home Office arbeiten würden, statt ihm, Kollegen oder Antragstellern auf Behördenfluren zu begegnen? [die kursiv gesetzten Zeilen sind ausdrücklich als Kommentar des Autors zu verstehen].
Für die Ausschuss- und Ratsmitglieder hätte die Verwaltung, so Otte, bereits eine Aufstellung fertig gemacht, welche externen Räumlichkeiten im Augenblick angemietet seien und wie diese am Standort auf dem Gelände des ehemaligen Klostergartens zusammengezogen werden könnten. Allerdings müsse diese Aufstellung noch „in lesbare Form“ gebracht werden. Ob es diese Aufstellung bereits zum Stadtentwicklungsausschuss geben wird, blieb offen. Diese Aussage erinnerte ein wenig an die Hausaufgaben, die leider der Hund gefressen hat.
Otte verwundert über Engagement von Bürgern für Bäume
Dass sich Bürger für den Erhalt der Bäume auf der einzigen Fläche der Altstadt einsetzen, die über Jahrhunderte niemals bebaut worden war, das habe ihn „sehr verwundert“, so Otte. Es sei für ihn „nicht überzeugend gerade an dieser Stelle damit [mit dem Schutz von Bäumen] anzufangen“.
Die Bäume vom alten Klostergarten könne man auch „kompensieren“, wenn man andernorts, zum Beispiel auf dem Wall, den Asphalt aufreissen und dort neue Bäume pflanzen würde.
In die gleiche Kerbe schlug auch Ottes Parteifreund, der Vertreter der Grünen im Ausschuss, Michael Hagedorn, der anregte dort wo der Wallring aktuell noch keine Mittelinsel habe je eine Fahrspur wegzunehmen und zum Ausgleich dort neue Bäume zu pflanzen. Den Kritikern der geplanten Baumaßnahme am Dominikanerkloster attestierte Hagedorn, dass sie sich „sonst sicher nicht gemeldet hätten, wenn irgendwo 15 Bäume für einen neuen Parkplatz gefällt werden“.
Thiele (FDP): Verwaltung vergrößert sich scheinbar „explosionsartig“
Weiterhin ohne auf das inzwischen angelaufene Verfahren für ein Bürgerbegehren einzugehen, und das Thema der zur Fällung anstehenden Bäume umschiffend, meldeten sich nacheinander noch Vertreter von CDU, SPD und FDP, die vor allem hinsichtlich der Raumbedarfsplanung Beratungsbedarf anmeldeten.
Auf Nachfrage von Dr. Thomas Thiele (FDP), der anmerkte, dass sich seiner Ansicht nach die Verwaltung in Osnabrück geradezu „explosionsartig“ zu vergrößern scheint, erklärte Stadtbaurat Otte, dass das erst jüngst erworbenen Verwaltungsgebäude der Paracelsus Kliniken frühestens ab dem 31.12. des kommenden Jahres zur Verfügung stehen würde.
Liegt unter dem Klostergarten ein archäologischer Schatz?
Von Seiten des Vertreters des Bundes Osnabrücker Bürger (BOB), Dr. Ralph Lübbe, kam gegen Ende der Diskussion noch ein neuer Aspekt hinzu. Nach seinen Recherchen seien 300.000 Euro, die von Archäologen vor Jahren für eine obligatorische Untersuchung der Fläche vor Baubeginn veranschlagt wurden, viel zu niedrig angesetzt. Tatsächlich, das habe er im Gespräch mit Fachleuten erfahren, werden im alten Klostergarten alte Burgruinen vermutet, so dass bei einer positiven Bestätigung durch Grabungen, ein Verwaltungsneubau an diesem Ort ohnehin verbieten würde.
Diskussion geht am Donnerstag weiter
Vor dem Hintergrund der fehlenden Zahlen zum aktuellen und zukünftigen Raumbedarf, wurde der von der Verwaltung gewünschte „Grundsatzbeschluss“ nicht getroffen. Die Vorlage geht von diesem Ausschuss ohne Empfehlung in die Ratssitzung am 5. November.
Am Donnerstag (24.10.) wird der Stadtentwicklungsausschuss (StUA) ebenfalls über die Baupläne auf dem Gelände des alten Klostergartens diskutieren. Bis dahin dürften alle Ausschussmitglieder auch über analoge Medien von dem Antrag auf ein Bürgergutachten erfahren haben – es bleibt spannend, ob dieses bürgerliche Engagement weiter totgeschwiegen wird.